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Die Bärenmarkt-Wasserfolter

29.04.2008  |  Dr. Marc Faber
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Alles in allem ist alles möglich, in diesem Land des Überflusses (zumindest bei Dollars, Defiziten und nicht-finanzierten Verpflichtungen), in diesem Land, in dem einer von hundert Erwachsenen hinter Gittern sitzt (insgesamt 2,32 Millionen) und in dem die Angst vor dem Rechtssystem so groß ist, dass - laut einer Untersuchung von 180 hauseigenen Beratern, die in fünf europäischen Ländern arbeiten - Rechtsanwälte, die für europäische Unternehmen tätig sind, eher einen großen Fall mit Russland oder China zu führen wollten, als mit Amerika.

Es ist auch das Land, in dem der Film "10.000 BC", der von den Kritikern als "bombastisch langweilig" und "unvorstellbar dämlich" bewertet wurde, Anfang März als Nummer eins in die Kinos kam. Mit Einkünften an den Kinokassen im Wert von 35,7 Millionen Dollar, noch vor dem Film "College Road Trip" mit 14 Millionen (um fair zu sein, dieser Film schaffte es auch in Mexiko auf Platz eins). Und es ist das Land, in dem fast drei Jahre nach der Erholung der Wirtschaft (im Juni 2004), der Leitzinssatz immer noch bei 1% lag.

Und doch habe ich meine Zweifel hinsichtlich der Prognosen, die den S&P 500 bis zum Jahresende bei mehr als 1.600 Punkten sehen, und den Dow Jones bei 18.000 bis 20.000 Punkten innerhalb eines Jahres (siehe oben), weil meiner Meinung nach der Kreditzyklus endgültig einen Abwärtstrend erreicht hat - und wenn das passiert, dann haben alle Anlagewerte und die Wirtschaft die Neigung, schlechte Ergebnisse zu bringen.

Es wäre sehr überraschend, wenn die Finanzprobleme, denen wir uns heute gegenüber sehen und die in den vergangenen 15 Jahre gegärt haben, über Nacht von Mr. Bernanke und Co. gelöst worden wären. Genauso wäre es meiner Erfahrung nach das erste Mal, dass der Aktienmarkt einen nennenswerten Tiefspunkt erreicht hätte, bei dem die Kommentatoren uns versichern, dass es sich auch um den Tiefstpunkt handelt.

Ganz zu schweigen von den überdurchschnittlichen Bewertungen. Und zu guter Letzt: Wenn das Geld den Aktienmarkt verlässt und in den risikoreicheren Anlagenmarkt z.B. des Stammkapitals einfließt, dann ist es wahrscheinlich, dass die Zinssätze steigen werden und einen schnelles Fortschreiten des Aktienmarkts verhindern. Ich behalte daher meine sehr negative Einstellung gegenüber den langfristigen Schatzanleihen bei.

Während ich zustimme, dass die Daten zur Stimmungslage auf kurze Sicht sehr negativ wirken und deswegen von einem gegensätzlichen Standpunkt aus betrachtet so stützend für ein mittelfristiges Tief, scheinen die Investoren sehr zufrieden und deutlich zu optimistisch hinsichtlich der Zukunft der Unternehmensprofite. Ein aktueller Merrill Lynch Fund Manager Survey stellte fest, dass 53% der amerikanischen Fondsmanager davon ausgehen, dass eine Rezession in den nächsten 12 Monaten unwahrscheinlich ist - im Februar waren es noch lediglich 35%.

Bislang denke ich immer noch, dass die Folge ein "Wasserfolter-Bärenmarkt" wie in den Jahren 1973-1974 sein wird. Bei dem damaligen Bärenmarkt wurde der Abwärtstrend ständig von scharfen Gegenbewegungen unterbrochen. Eine Markterholung in Richtung 1450 beim S&P 500 ist möglich.

Mitte März wurden die Rohstoffe deutlich ausverkauft. Das war ein unheilvolles Zeichen, weil es zeigte, dass sich die Kreditkrise entweder in andere Anlageklassen als das Stammkapital ausbreitet, oder dass das weltweite Wirtschaftswachstum enttäuschend ausfallen wird - es könnte aber auch zu einer Kombination aus diesen beiden Möglichkeiten kommen.

Im vergangenen Monat legte ich nahe, dass das "vorsorgliche Ausverkaufen von Unternehmen im Bereich der industriellen Rohstoffe, Stahl und Eisenerz ratsam sein könnte." Ich würde an dieser Stelle gerne wiederholen, dass in einem Umfeld der relativen Straffung der wirtschaftlichen Bedingungen, Verbrauchsartikel (darunter auch die Preise für Öl und für Kunst) eine deutliche Korrektur erfahren.

Das ändert nichts an meiner langfristig wohlwollenden Sicht in Hinblick auf die Leistungen bei den Verbrauchsartikeln im Verhältnis zu den amerikanischen Finanzanlagen. Sollte der Ölpreis einbrechen, werden die Hauptnutznießer die Fluggesellschaften sein. AMR, Thai International, Singapore Airlines und Lufthansa könnten für einen kurzfristigen Trade gekauft werden.

Der Trend der vergangenen Jahre war eine relative Leistungsschwäche der amerikanischen Anlagewerte gegenüber dem ausländischen Aktienmarkt - ganz besonders gegenüber den Aktienmärkten der Schwellenländer, der schwache Dollar und die stark steigenden Preise für die Edelmetalle und anderen Rohstoffe. Dieser allgemeine Trend könnte sich mittelfristig (in den nächsten drei bis sechs Monaten) verändern.

Wie in anderen Berichten erwähnt, hat das amerikanische Aktienkapital angefangen, bessere Leistungen zu zeigen als der MSCI World Index und ich gehe davon aus, dass diese besseren Leistungen noch einige Monate andauern werden.

Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass das amerikanische Aktienkapital steigen wird, aber sollte es weiter zurückfallen, dann wird der Wert vermutlich geringer sein, als wir es von den ausländischen Märkten erwarten können. Gold bleibt auch weiterhin meine bevorzugte Anlageklasse, aber ich würde einen Rückgang der Preise auf unter 800 Dollar nicht ausschließen wollen, ehe der nächste Aufwärtstrend auf den Weg kommt.

Wie Ron Griess feststellte, hat der Goldpreis die Angewohnheit, vom gleitenden Durchschnitt über 300 Tage - er liegt gegenwärtig bei 741 Dollar - stark abzuweichen. Der amerikanische Dollar hat seinen Verkaufsgipfel vermutlich Mitte März erreicht, und ich rechne mit einer Markterholung, die sich über einige Etappen erstrecken könnte, wenn die Dollar Baissegeschäfte schnell dahinter her sein werden, ihre Positionen zu besetzen.


© Dr. Marc Faber

Quelle: Auszug aus dem Newsletters "Trader´s Daily"



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