Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Am Rohstoffmarkt investieren

09.05.2008  |  Redaktion
Kürzlich habe ich bei einer Party in New York erwähnt, dass ich mit unterschiedlichen Gruppen in den USA und in Europa über Anlagemöglichkeiten am Rohstoffmarkt gesprochen habe. Ehe ich noch ein weiteres Wort hervorbringen konnte, wurde ich von einer Frau unterbrochen. "Rohstoffe" rief sie aus, mit einer Art Ungläubigkeit in der Stimme, die die Bewohner Manhattans für Leute bereithalten, die nach Los Angeles umziehen. "Mein Bruder hat in Schweinehälften investiert und damit sein letztes Hemd verloren. Und er ist ein Wirtschaftler."

Jeder scheint einen Verwandten zu haben, der am Rohstoffmarkt Schläge einstecken musste, und diese Tatsache (oder Fiktion) hält man für einen hinreichenden Grund, dass kein vernünftiger Mensch jemals wieder riskieren würde, in etwas so gefährliches zu investieren. Dass dieses besondere Opfer außerdem noch ein Mann vom Fach war, macht die Warnung noch unheilvoller.

Ich konnte jedoch nicht anders und musste darüber lachen. Milliarden von Dollar werden jeden Tag in den Rohstoffmarkt investiert. Ohne den Rohstoff-Futuresmarkt würde es viele Dinge, auf die wir uns im Leben verlassen, nur eingeschränkt oder gar nicht geben, sie wären aber auf jeden Fall sehr viel teurer. Dazu zählt die erste Tasse Kaffee am Morgen und das Aluminium in den Sturm-Türen und auch die Wolle für unseren neuen Anzug. Zugegeben, jede Investition birgt ihre Risiken.

Viele Doktoren der Wirtschaftswissenschaftler haben auch im Dot.com Debakel Geld verloren.

(Am Neujahrstag 2002 hat das Wall Street Journal die jährliche Umfrage veröffentlicht, bei der die Wirtschaftswissenschaftler zum kommenden Jahr befragt werden. Auch wenn die Wirtschaft schon seit einem Jahr schwächer geworden war, hat nicht einer der 55 befragten Wirtschaftler gedacht, dass ein ernsthafter Niedergang bevorstehen würde. 100% der befragten Wirtschaftswissenschaftler haben falsch gelegen - und bewiesen, dass jemand mit einem Doktortitel in diesem Fach genauso anfällig gegenüber der Massenpsychologie ist, wie alle anderen auch.)

Es gibt verschiedene andere Binsenweisheiten dafür, warum "einfache Leute" nicht in Rohstoffe investieren sollten, und ich möchte diese Mythen endlich begraben, so dass wir dann mit den interessanteren Thema fortfahren können, wie man etwas Geld in eine neuartige Klasse von Anlagewerten investieren kann. Und was diesen Verwandten, den Sie bestimmt haben, der all sein Geld verloren hat, angeht - er hatte zu wenig Erfahrung.

Sie können es lernen. Wahrscheinlich hat er mit einer geringen Marge investiert - mit der minimalen Einlage, die ein Broker verlangt, damit man eine Position bei einem bestimmten Rohstoff besetzen kann - und wenn der Markt sich dann gegen diesen Investor stellt, verliert er Geld im großen Stile. Und so läuft es: Wie Aktien, können auch Rohstoffe mit einer geringen Hinterlegungssumme gekauft werden. Anders als Aktien, wo man gesetzlich verpflichtet ist, mindestens 50% des Aktienpreises zu hinterlegen, liegen die Spannen bei Rohstoffen noch unter 5%. Wenn Sojabohnen auf 105 Dollar steigen, dann hat man sein Geld verdoppelt.

Sehr schön. Aber wenn Sojabohnen um 5 Dollar fallen, dann hat man alles verloren. Und das ist dann nicht so schön.

Erfahrene, kluge Spekulanten können Tonnen von Geld erwirtschaften, indem sie so investieren. Sie wissen auch, dass sie ebenso Tonnen von Geld verlieren können. Aber normalerweise können sie sich das auch leisten. Ihr Verwandter hat sich übernommen. Wenn er Sojabohnen im Wert von 100 Dollar so gekauft hätte, wie man IBM kaufen kann - für 100 Dollar (oder vielleicht auch nur für 50) - dann wäre er froh gewesen, wenn der Wert um fünf Dollar gestiegen wäre und deutlich weniger unglücklich, wenn der Wert um fünf Dollar gefallen wäre.

Immer dann, wenn ich Rohstoffe in der Öffentlichkeit erwähne, gibt es jemanden, der darauf hinweist, dass wir heute in einer hoch technisierten Zeit leben, in der die natürlichen Rohstoffe niemals wieder so wertvoll sein werden, wie sie es in Zeiten der alten Schwerindustrie waren.

Aber wenn man in der Geschichte liest, dann wird man feststellen, dass technologischer Fortschritt so alt ist wie die Geschichte selbst: Die Einführung der schlanken und schönen Klipper der Yankees hat die Welt Mitte des 19. Jahrhunderts in Erstaunen versetzt, wenn sie, mit Fracht beladen mit 20 Knoten die Handelstraßen hinabsegelten und in 24 Stunden durchschnittlich mehr als 400 Meilen zurücklegten.

Mit diesen Schiffen war es möglich, die Reise von Cape Horn nach Hongkong in 80 Tagen zurückzulegen. Innerhalb eines Jahrzehnts wurden die Klipper durch Dampfschiffe ersetzt. Die waren nicht schneller, aber auch nicht so sehr vom Wind abhängig. Und dann dauerte es nicht mehr lange, und die nächste Große Errungenschaft im Transportwesen konnte übernehmen. Die Eisenbahnen waren so etwas wie das ursprüngliche Internet - und trotzdem sind die Preise an den Rohstoffmärkten gestiegen.

Im 20. Jahrhundert kamen die Elektrizität, das Telefon und das Radio (noch drei Internets) und dann das Fernsehen (das vierte Internet). Dann gab es auch noch das Auto, das Flugzeug, die Halbleiter - und zeitgleich mit all diesen wirklich revolutionären technologischen Durchbrüchen gab es phasenweise, Bullenmärkte bei den Rohstoffen, die über mehrere Jahre andauerten. Selbst ein revolutionärer technologischer Durchbruch in einem bestimmten, mit diesem Rohstoff in Beziehung stehenden Industriezweig bedeutet nicht notwendig geringere Preise.

Über Jahrzehnte war es praktisch unmöglich, vor der Küste in Tiefen von über 1500 Metern zu bohren. Und dann wurde in den 1960er Jahren der Hughes Diamond Bohrkopf erfunden, und eine Explosion der technologischen Fortschritte im Bereich der Ölbohrungen und der Forschung folgte. Eine Effizienz des Bohrens - und der Öllagerung - stand zur Verfügung, die zuvor undenkbar gewesen sind. Schon bald gab es Brunnen, die 8.000 Meter tief waren und Ölplattformen vor der Küste vervielfachten sich überall auf der Welt. Doch die Ölpreise sind in der Zeit zwischen 1965 und 1980 um 1.000% gestiegen.





Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"