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Silber - Die wahren Spekulanten

12.06.2008  |  Theodore Butler
- Seite 2 -
Erst kürzlich wurden die Index-Fonds in vielen Kommentaren als unfaire Marktakteure hingestellt, da sie nicht verkaufen, sondern langfristig investieren. Aber es gibt keine Regelung, die es jemanden verbieten würde, langfristig in Futures zu investieren. Die Index-Fonds spielten mit offenen Karten, als sie in den vergangenen Jahren in die Futures-Märkte traten. Jeder hat von Anfang an gewusst, wie sie sich verhalten werden und die Fonds wären die Letzten gewesen, die sich in den Markt hätten schleichen können; sie sind so groß, dass man sie meilenweit sehen konnte. An Anfang hatten sich die Shorts noch die Lippen geleckt, da die wussten, dass die Index-Fonds keine Lieferung verlangen würden und daher auch keine Gefahr für einen Short-Squeeze drohte. Die Shorts wussten ebenfalls, dass die Index-Fonds gezwungen sein würden, ihre Positionen immer wieder überzurollen, womit sich den Shorts auch die Gelegenheit bot, das obligatorische Überrollen der Index-Fonds auszunutzen, um die eigenen Spread-Vorteile durchzudrücken.

Aber schließlich gibt es so etwas, wie das Gesetz der unbeabsichtigten Konsequenzen und dieses Gesetz wurde auch nicht beim Handelstanz zwischen den Index-Fonds und den Shorts außer Kraft gesetzt. Damals, als die Index-Fonds ihre ersten Futures-Positionen beim Öl oder Getreide aufbauten, gab es diese extrem angespannte Angebots- und Nachfragesituation noch nicht. Aus diesem Grund ging auch eine Vielzahl von Shorts auf die Käufe der Index-Fonds ein. Aber dann spitzten sich die Bedingungen zu und die Shorts scheinen sich jetzt auf der falschen Seite wiederzufinden und sie suchen nach einem Ausweg. Die einfachste Lösung für die Shorts wäre, die Aufsichtsbehörden dazu zu bringen, Index-Fonds-Verkäufe per Erlass zu erzwingen.

Man sollte ganz ehrlich sagen, wie es wirklich läuft. Ich empfinde es als unfair, wenn die Index-Fonds als die wahren Spekulanten dargestellt werden (ihre Kontrakte sind schließlich vollständig, zu 100% gedeckt, bezahlt und sie werden langfristig gehalten). Den als Commercials verkleideten Short-Spekulanten, die auf's schnelle Geld aus sind, wird jedoch die Rolle der unschuldigen Opfer zugewiesen. Wenn die Aufsichtsbehörden die Regeln zum Nachteil der Index-Fonds abändern wollen, dann sollen sie das tun. Aber diesen Fonds darf nicht nachgesagt werden, sie seien die Bösen, während die Shorts ohne Anschuldigungen aus dem Schneider sind. Wenn wir Engpässe beim Öl oder Getreide oder sonstwas bekommen, werden die Preise steigen - mit oder ohne Beteiligung der Index-Fonds.

Ich habe allerdings ein Interesse an den Zuständen im Silbersektor (und Goldsektor), deswegen möchte ich kurz darlegen, was ich über die Geschäfte der Index-Fonds bei den eben genannten Metallen denke. Bei den COMEX-Futures für Gold und Silber gibt es keine Beteiligung der Index-Fonds (sie kaufen Gold und Silber über die ETFs und direkt). Die Bestätigung dafür findet man im COT-Report, betrachtet man die gleichbleibend geringen Zahlen für die Brutto- und Netto-Long-Positionen (Spreads abgerechnet) im der Kategorie der Commercials (bei jedem Rohstoff findet man die Index-Fonds in dieser Kategorie). Daher kann man zuallererst einmal feststellen, dass jeder, beliebig gemachte Erlass zur Begrenzung von Rohstoff-Long-Postionen der Index-Fonds nicht zu einer Liquidierung bei den Gold- und Silber-Futures führen wird, weil es da nichts zu liquidieren gibt.

Ein solcher Rundumschlag, der die Index-Fonds zur Liquidierung ihrer Futures-Kontrakte zwingen soll, könnte in Wirklichkeit die Wahl der Investitionsmöglichkeiten der großen Marktteilnehmer einschränken, das wiederum könnte zu mehr Käufen bei den Edelmetallen führen - und nicht zu sinkenden. Immer stärker drängt sich mir der Gedanke auf, unabhängig von der Diskussion um die Index-Fonds, wie wenige, richtig gute Investitionsmöglichkeiten eigentlich noch bleiben, sieht man vom Silber einmal ab.

Auch wenn es im Futures-Handel für Gold und Silber keine Beteiligung der Index-Fonds gibt, haben wir es hier mit einer ähnlichen Short-Situation zu tun, sie zieht sich durch alle Märkte. In den meisten Märkten gibt es eine echte Spekulanten-Connection, die verborgen agiert und in der aktuellen Debatte außen vor gelassen wird. Diese Connection besteht in Form von einer großen Anzahl von Shorts, die in der Falle sitzen. Weder können sie die Lieferbedingungen für ihre Kontrakte ohne weiteres erfüllen, noch können sie sich retten, indem sie ihre Short-Verbindlichkeiten durch Glattstellungen begleichen. Das ist die wirkliche, aber unausgesprochene Motivation in der derzeitigen Debatte über die Index-Fonds. Wie kann man die Shorts noch heimlich vor ihrem selbstverschuldeten Unsinn retten, der die Gefahr explosiv steigender Preise in sich birgt?

Nirgendwo ist das Problem der gefangenen Shorts extremer als beim COMEX-Silber (und in zweiter Line auch beim Gold). Das Problem der Shorts ist hier noch viel schlimmer, eben weil es bei den COMEX-Silber-Futures keine langfristige Präsenz der Index-Fonds gibt. Die hier bestehende Long-Position ist relativ gestreut und ihr ist nicht mit einer beliebigen Verordnung, durch die Liquidierungen erzwungen werden sollen, beizukommen. Die großen Silber- und Gold-Shorts an der COMEX wünschten sich wahrscheinlich, dass es hier einen Index-Fond gäbe oder eben andere große, konzentrierte Long-Positionen, die man angreifen und gegen die man Stimmung machen können, um die eigenen Short-Postionen endlich abzuschütteln. Aber zum Leid der Shorts ist eben das komplette Gegenteil der Fall.

Ich bin zwar überzeugt, dass noch ein sehr umfangreiches Kontingent an Short-Position bei einer ganzen Reihe von Rohstoffen gefangen liegt, doch haben wir es beim COMEX-Silber mit der superkonzentrierten Form einer gefangenen Position zu tun. Das erhebt und intensiviert das Problem auf's Extremste. Während viel über zu viel Spekulation in unseren Märkten (wie zum Beispiel beim Öl) debattiert wird, spricht keiner über das Thema Konzentration oder der Absicht zu manipulieren - zwei essentielle Komponenten der Manipulation. Das liegt daran, dass es in den meisten Märkten keine Konzentration oder Manipulationsabsichten gibt. Natürlich mit Ausnahme von Silber (und Gold).

Anders ausgedrückt: Ich denke, dass man den Shorts ohne Weiteres Vorwürfe wegen der plötzlichen Preisspitze zum Beispiel beim Ölpreis machen sollte, dennoch denke ich nicht, dass sie die Preise absichtlich nach oben manipuliert haben oder dass sie hier eine konzentrierte Position gehalten haben. Der gesunde Verstand und die öffentlich zugänglichen Daten bestätigen das. Aber derselbe Verstand und dieselbe Datenquelle bestätigen auch das Gegenteil - in Bezug auf Gold und Silber - nämlich eine vorsätzliche und anhand von Zahlen belegbare Manipulation auf der Short-Seite.





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