Zufall oder Bestätigung?
30.07.2008 | Theodore Butler
Große Nachrichten von einem Weltrekordverlust im Rohölhandel kommen von der SemGroup, Tusla, Oklahoma - eine große aber kaum bekannte Firma für Ölpipelines, Lagereinrichtungen, die auch im Handelsgeschäft tätig ist und seit 2000 besteht.
Bemerkenswert dabei ist, dass so wenig über die Verluste der SemGroup geschrieben wurde. Ich merke, dass wir aufgrund des Hypotheken- und Kreditdesasters taub gegenüber Berichten geworden sind, in denen es um Milliarden-Verluste geht. Es wundert mich jedoch stark, dass diesen Verlusten im Ölhandel nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde, weil es eben so viel über die aktuelle Volatilität beim Ölpreis aussagt. Wenn man sich über eine Sache noch mehr Gedanken machen sollte, als über die Hypotheken- und Kreditkrise, dann definitiv über den Ölpreis.
In Anbetracht des Eifers der gewählten Repräsentanten - wenn es darum ging, die beispiellosen Preisbewegungen den Spekulanten beim Rohöl anzuhängen - überrascht es mich, dass die Beobachter keinen Zusammenhang zwischen dem Tun der SemGroup und den großen Preisbewegungen beim Rohöl herstellen. Ich dachte, die CFTC würde sich auf das diesen bedeutenden Vorfall stürzen, aber stattdessen kündigten sie mit großem Trara die Verhängung von Strafen für wirklich unbedeutende Regelverletzungen im Ölmarkt an. Diese Vorfälle fanden vor über einem Jahr statt und es ging dabei um Geld in Höhe von Millionen von Dollars. Der Verlust der SemGroup lag um das 3200-fache höher, aber weder CFTC noch NYMEX, dort kam es nämlich zu bestätigten Verlusten in Höhe von 2,4 Milliarden $ (der Rest war OTC), haben auch nur ein Wort über den Rohstoffverlust der Geschichte verloren.
Wie verliert man also 3,2 Milliarden $ beim Rohölhandel und wie beeinflusste das die Preise? Die Antwort lautet, mit einer obszön großen Anzahl von Kontrakten auf der falschen Seite eines steigenden Marktes, auf der Short-Seite. Und genau da hatte sich die SemGroup positioniert, mit mehr (oder vielleicht viel mehr) als 100.000 Short-Futures und Optionskontrakten.
Die genaue Anzahl von Kontrakten, die die SemGroup nun wirklich leerverkauft hatte, wurde bisher nicht bekanntgegeben. Wenn man jedoch den Gesamtverlust, wie er aus den Unterlagen der Bankrotterklärung und den veröffentlichten Berichten hervorgeht durch einen vernünftigen Verlust pro Barrel teilt, so ist gar nicht schwer, die Gesamtmenge an etablierten Leerverkäufen festzustellen. Damit sie ein Gefühl dafür bekommen, was eine Position von 100.000 Kontrakten bedeutet: Es ist das Äquivalent zu 100.000 Barrel Öl oder aber mehr als alle Barrels zusammengenommen, die pro Tag in der Welt gefördert und verbraucht werden.
In Dollar gerechnet, scheint es so, als habe die SemGroup eine Short-Position beim Rohöl gehalten, deren Wert sich auf mehr als 15 Milliarden Dollar und vielleicht sogar mehr beläuft. Praktisch gesehen, muss man nämlich eine Position dieser Größe gegen sich haben, um einen Verlust in Höhe von 3 Milliarden $ einzufahren. Sie sollten sich die Frage stellen, wie die NYMEX und die CFTC es nur erlauben konnten, dass die SemGroup, oder sonstwer, eine solche Riesenposition anhäufen durfte, für die sie ganz offensichtlich nicht garantieren konnte? Was machen denn diese Aufsichtsbehörden den ganzen lieben langen Tag?
Wenn erst einmal die Details an den Tag kommen, dann werden wir mit Sicherheit zu lesen bekommen, dass solche Sachen auch schon in vorhergehenden Marktdebakeln geschahen - anfängliche Fehlkalkulation, gefolgt von wiederholten Versuchen nach dem Motto "Mehr hilft mehr!". Wenn diese Wetten nicht dementsprechend laufen und die Nachschussforderungen nicht geleistet werden können, ist das Spiel aus und ein Verlust steht unterm Strich.
In diesem Fall kann man problemlos nachvollziehen, wie das Handelsdebakel der SemGroup die Ölpreise beeinflusste - zuerst nach oben, dann nach unten. Als das Ende der großen und weiter zunehmenden Short-Position der SemGroup bevorstand, wurde diese Position zwangsglattgestellt (möglicherweise durch den Hauptbroker, der angeblich Barclay sein soll). Das führte nach meinen Berechnungen zu den letzten 15-20 $ Preissteigerungen beim Öl, das dann auf das Preishoch von 147 $ kletterte. Als die erzwungenen Glattstellungen der Short-Position abgeschlossen waren, kam es plötzlich zu einem Kaufloch und die Preise fielen bis heute um 20 $ +. Auf diese Art und Weise schaffte es die SemGroup nicht nur, einen Verlust von 3 Milliarden $ einzufahren, sie beeinflussten auch drastisch die Öl- und Benzinpreise für den Rest der Welt.
Wenn die Geschichte der SemGroup rauskommt, so wird sich meine Version mit Sicherheit als relativ korrekt herausstellen. Ich habe darüber ja auch schon geschrieben, in meinem Artikel von 10. Juni mit dem Titel "Die wahren Spekulanten".
In diesem Artikel vertrete ich die Auffassung, dass Spekulanten den Rohölpreis beeinflussen - Soweit ok, aber es waren nicht jene Spekulanten, von denen jeder dachte, sie wären die Schuldigen wie zum Bespiel Hedgefonds und Index-Fonds, die long gehen. Die wahren Spekulanten waren stattdessen Leerverkäufer, hauptsächlich aus der Commercial-Sparte, welche nicht mehr aus ihren verlustbringenden Positionen herauskamen; die Glattstellungen dieser verlustbringenden Short-Positionen trieben schließlich die Preise hoch. Ich habe auch schon betont, dass sich diese Short-Spekulanten als Commercials verkleiden oder aber nur scheinbar legitime Absicherungsgeschäfte betreiben.
Ich überlasse es ihnen, zu entscheiden, ob sie meinen früheren Artikel nur als außerordentlichen Zufall betrachten oder als Bestätigung meines Standpunkts. Um beim Thema zu bleiben: Sie können auch die von der CFTC letzte Woche angekündigte Neueinstufung einer der sehr großen Rohölhändler mit hinzuziehen. Er wurde aus der Sparte Commercials in die Sparte Non-Commercial eingestuft, weil die CFTC entschied, dass dieser Händler keine legitimen Absicherungsgeschäfte betrieben hatte. Es könnte gut möglich sein, dass dieser Händler gar die SemGroup gewesen ist. Wie dem auch sei, die Neueinstufung erfolgte, als der Schaden schon entstanden war und sie scheint auch nichts anderes zu sein, als öffentliche Schadensbegrenzung einer inneffektiven Aufsichtsbehörde. Wie gewöhnlich.
Um es ganz deutlich zu sagen: Ich will hiermit nicht andeuten, dass sich der Rohölpreis in weniger als einem Jahr verdoppelt hat, einzig und allein wegen der SemGroup und anderen Spekulanten, welche legitime Absicherungsgeschäfte vorschützten, verlustbringende Short-Positionen glattstellten und die Preise in die Höhe trieben. Es handelt sich ganz klar um den weitaus größten Rohstoffmarkt und um den Preis in diesen Größenordnungen zu bewegen, braucht es auch wirkliche Fundamentaldaten.
Bemerkenswert dabei ist, dass so wenig über die Verluste der SemGroup geschrieben wurde. Ich merke, dass wir aufgrund des Hypotheken- und Kreditdesasters taub gegenüber Berichten geworden sind, in denen es um Milliarden-Verluste geht. Es wundert mich jedoch stark, dass diesen Verlusten im Ölhandel nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde, weil es eben so viel über die aktuelle Volatilität beim Ölpreis aussagt. Wenn man sich über eine Sache noch mehr Gedanken machen sollte, als über die Hypotheken- und Kreditkrise, dann definitiv über den Ölpreis.
In Anbetracht des Eifers der gewählten Repräsentanten - wenn es darum ging, die beispiellosen Preisbewegungen den Spekulanten beim Rohöl anzuhängen - überrascht es mich, dass die Beobachter keinen Zusammenhang zwischen dem Tun der SemGroup und den großen Preisbewegungen beim Rohöl herstellen. Ich dachte, die CFTC würde sich auf das diesen bedeutenden Vorfall stürzen, aber stattdessen kündigten sie mit großem Trara die Verhängung von Strafen für wirklich unbedeutende Regelverletzungen im Ölmarkt an. Diese Vorfälle fanden vor über einem Jahr statt und es ging dabei um Geld in Höhe von Millionen von Dollars. Der Verlust der SemGroup lag um das 3200-fache höher, aber weder CFTC noch NYMEX, dort kam es nämlich zu bestätigten Verlusten in Höhe von 2,4 Milliarden $ (der Rest war OTC), haben auch nur ein Wort über den Rohstoffverlust der Geschichte verloren.
Wie verliert man also 3,2 Milliarden $ beim Rohölhandel und wie beeinflusste das die Preise? Die Antwort lautet, mit einer obszön großen Anzahl von Kontrakten auf der falschen Seite eines steigenden Marktes, auf der Short-Seite. Und genau da hatte sich die SemGroup positioniert, mit mehr (oder vielleicht viel mehr) als 100.000 Short-Futures und Optionskontrakten.
Die genaue Anzahl von Kontrakten, die die SemGroup nun wirklich leerverkauft hatte, wurde bisher nicht bekanntgegeben. Wenn man jedoch den Gesamtverlust, wie er aus den Unterlagen der Bankrotterklärung und den veröffentlichten Berichten hervorgeht durch einen vernünftigen Verlust pro Barrel teilt, so ist gar nicht schwer, die Gesamtmenge an etablierten Leerverkäufen festzustellen. Damit sie ein Gefühl dafür bekommen, was eine Position von 100.000 Kontrakten bedeutet: Es ist das Äquivalent zu 100.000 Barrel Öl oder aber mehr als alle Barrels zusammengenommen, die pro Tag in der Welt gefördert und verbraucht werden.
In Dollar gerechnet, scheint es so, als habe die SemGroup eine Short-Position beim Rohöl gehalten, deren Wert sich auf mehr als 15 Milliarden Dollar und vielleicht sogar mehr beläuft. Praktisch gesehen, muss man nämlich eine Position dieser Größe gegen sich haben, um einen Verlust in Höhe von 3 Milliarden $ einzufahren. Sie sollten sich die Frage stellen, wie die NYMEX und die CFTC es nur erlauben konnten, dass die SemGroup, oder sonstwer, eine solche Riesenposition anhäufen durfte, für die sie ganz offensichtlich nicht garantieren konnte? Was machen denn diese Aufsichtsbehörden den ganzen lieben langen Tag?
Wenn erst einmal die Details an den Tag kommen, dann werden wir mit Sicherheit zu lesen bekommen, dass solche Sachen auch schon in vorhergehenden Marktdebakeln geschahen - anfängliche Fehlkalkulation, gefolgt von wiederholten Versuchen nach dem Motto "Mehr hilft mehr!". Wenn diese Wetten nicht dementsprechend laufen und die Nachschussforderungen nicht geleistet werden können, ist das Spiel aus und ein Verlust steht unterm Strich.
In diesem Fall kann man problemlos nachvollziehen, wie das Handelsdebakel der SemGroup die Ölpreise beeinflusste - zuerst nach oben, dann nach unten. Als das Ende der großen und weiter zunehmenden Short-Position der SemGroup bevorstand, wurde diese Position zwangsglattgestellt (möglicherweise durch den Hauptbroker, der angeblich Barclay sein soll). Das führte nach meinen Berechnungen zu den letzten 15-20 $ Preissteigerungen beim Öl, das dann auf das Preishoch von 147 $ kletterte. Als die erzwungenen Glattstellungen der Short-Position abgeschlossen waren, kam es plötzlich zu einem Kaufloch und die Preise fielen bis heute um 20 $ +. Auf diese Art und Weise schaffte es die SemGroup nicht nur, einen Verlust von 3 Milliarden $ einzufahren, sie beeinflussten auch drastisch die Öl- und Benzinpreise für den Rest der Welt.
Wenn die Geschichte der SemGroup rauskommt, so wird sich meine Version mit Sicherheit als relativ korrekt herausstellen. Ich habe darüber ja auch schon geschrieben, in meinem Artikel von 10. Juni mit dem Titel "Die wahren Spekulanten".
In diesem Artikel vertrete ich die Auffassung, dass Spekulanten den Rohölpreis beeinflussen - Soweit ok, aber es waren nicht jene Spekulanten, von denen jeder dachte, sie wären die Schuldigen wie zum Bespiel Hedgefonds und Index-Fonds, die long gehen. Die wahren Spekulanten waren stattdessen Leerverkäufer, hauptsächlich aus der Commercial-Sparte, welche nicht mehr aus ihren verlustbringenden Positionen herauskamen; die Glattstellungen dieser verlustbringenden Short-Positionen trieben schließlich die Preise hoch. Ich habe auch schon betont, dass sich diese Short-Spekulanten als Commercials verkleiden oder aber nur scheinbar legitime Absicherungsgeschäfte betreiben.
Ich überlasse es ihnen, zu entscheiden, ob sie meinen früheren Artikel nur als außerordentlichen Zufall betrachten oder als Bestätigung meines Standpunkts. Um beim Thema zu bleiben: Sie können auch die von der CFTC letzte Woche angekündigte Neueinstufung einer der sehr großen Rohölhändler mit hinzuziehen. Er wurde aus der Sparte Commercials in die Sparte Non-Commercial eingestuft, weil die CFTC entschied, dass dieser Händler keine legitimen Absicherungsgeschäfte betrieben hatte. Es könnte gut möglich sein, dass dieser Händler gar die SemGroup gewesen ist. Wie dem auch sei, die Neueinstufung erfolgte, als der Schaden schon entstanden war und sie scheint auch nichts anderes zu sein, als öffentliche Schadensbegrenzung einer inneffektiven Aufsichtsbehörde. Wie gewöhnlich.
Um es ganz deutlich zu sagen: Ich will hiermit nicht andeuten, dass sich der Rohölpreis in weniger als einem Jahr verdoppelt hat, einzig und allein wegen der SemGroup und anderen Spekulanten, welche legitime Absicherungsgeschäfte vorschützten, verlustbringende Short-Positionen glattstellten und die Preise in die Höhe trieben. Es handelt sich ganz klar um den weitaus größten Rohstoffmarkt und um den Preis in diesen Größenordnungen zu bewegen, braucht es auch wirkliche Fundamentaldaten.