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Zufall oder Bestätigung?

30.07.2008  |  Theodore Butler
- Seite 3 -
Man kann sich nach der unnötigen, durch gescheiterte Leerverkäufe der SemGroup ausgelösten Volatilität am Ölmarkt nur schwer vorstellen, dass die CFTC in Hinblick auf die Umstände im Silbermarkt auch weiterhin keinerlei Probleme feststellen wird und weiterhin so tut, als sei nichts geschehen. Wie dem auch sei, die CFTC und NYMEX haben in ihrer Rolle als erste Aufsichtsinstanz versagt, indem sie die SemGroup eine solch große, unwirtschaftliche und gefährliche Short-Position anhäufen ließen. Nach ihren eigenen Angaben ist die Short-Position beim Silber um ein Vielfaches größer und höher konzentriert und daher auch gefährlicher, als die Öl-Short-Position der SemGroup jemals gewesen ist.

Ungeachtet dessen, ob die CFTC oder die NYMEX/COMEX am Ende gezwungen sein werden, Recht walten zu lassen und sich ihren Verantwortlichkeiten zu stellen, müsste die Botschaft an die Silberinvestoren klar sein. Wenn die gescheiterte Short-Position der SemGroup einen Einfluss auf den weltgrößten Rohstoff, Öl, haben konnte, wie stark könnte sich dann das Scheitern einer sehr viel größeren Short-Position in einem der kleinsten Rohstoffmärkte, Silber, auswirken?

Weil der Silbermarkt so klein ist und weil die Short-Position so groß und konzentriert ist, werden die Folgen für den Preis mit Sicherheit viel drastischer sein, als wir es gerade jetzt erst beim Rohöl erlebt haben. Ein Händler, der eine Short-Position in Höhe von umgerechnet einer Welttagesproduktion im größten Rohstoffmarkt der Welt glattstellte, verursachte einen Rohölpreisanstieg oder -rückgang von 20 $ oder mehr.

Wie würde es sich auf einen kleineren Markt, wie Silber, auswirken, stellten mehrere Händler ihre Positionen oder aber viele Tage Weltproduktion (vielleicht hundert Tage oder mehr) glatt, und das innerhalb eines sehr kurzen und komprimierten Zeitraums, so wie wir es im Fall der SemGroup beim Öl erlebt haben. Nach meiner Pi-mal-Daumen-Rechnung würde Silber um das Doppelte bis Dreifache der Menge steigen, die wir gerade erst beim Öl gesehen haben - auf einer Basis von Barrel pro Dollar/ Dollar pro Unze. Wenn Öl durch die Käufe der SemGroup um 10-20 $ pro Barrel angehoben wurde, dann würde Silber unter vergleichbaren Umständen pro Unze um 25 $ bis 50 $ ansteigen.

Und selbst diese Rechnung ist in Bezug auf die möglichen Preisbewegungen beim Silber niedrig angesetzt, da sie den wichtigsten Unterschied zwischen Öl und Silber - nämlich deren jeweilige Charakteristika - außen vor lässt. Ersten ist Öl einer der wichtigsten Verbrauchsrohstoffe. Womit ich meine, dass es die wichtigste Kostenkomponente hinsichtlich der meisten Anwendungsgebiete ist, die da zum Beispiel Transport und Heizmittel wären. Das heißt also, auch wenn Öl ein wahrhaft essentieller Rohstoff ist, bekommt jeder einen Preisanstieg sofort zu spüren, was sparsameren Umgang und einen Nachfrageeinbruch fördert - so wie wir es gerade in den USA erlebt haben.

Silber ist wiederum keine wesentliche Kostenkomponente hinsichtlich des Großteils seiner industriellen Anwendungsgebiete, weil davon im Durchschnitt nur so wenig pro Anwendung verbraucht wird. Daher bleibt Silber in viel stärkerem Maße unempfindlich gegenüber steigenden Preisen. Für dieses Phänomen wird der Begriff Preiselastizität benutzt. Selbst im Schmucksektor liegen die Arbeits- und Herstellungskosten anteilig an den Gesamtkosten deutlich über den, derzeit noch niedrigen, Metallpreisen. Daher dürften stark steigende Preise, anders als beim Öl, nicht zu einem unmittelbaren Einbruch der Silbernachfrage führen.

Aber der wichtigste Unterschied bezüglich der Eigenschaften von Öl und Silber liegt darin, dass höhere Preise für beide Rohstoffe zu völlig unterschiedlichen Reaktionen seitens der Investoren und Spekulanten führen. Höhere Ölpreise haben zu einem Rückgang der Investitionsnachfrage nach Long-Positionen auf den Rohstoff selbst geführt. Das schlägt sich in den öffentlich zugänglichen Zahlen nieder, die einen Rückgang der Long-Positionen bei steigenden Preisen zeigen (Denken Sie daran, dass es die Käufe der Shorts waren, die die Preise steigen ließen.).

Im Fall von Silber wird die Investitionsnachfrage durch höhere Preise angeregt und angekurbelt, was man an den starken Zuwächsen der Silberbestände in den ETFs sowie anhand anderer öffentlicher Datenquellen sehen kann, wie zum Beispiel an den Rekordverkäufen von Silver Eagles aus der US-Prägeanstalt. Das liegt daran, dass Silber eine der wesentlichen Investitionsanlagen ist und zusätzlich ein essentieller Industrierohstoff. Öl ist mit Abstand der essentiellste Industrierohstoff von allen, aber als purer Rohstoff, hat er nicht die zusätzliche Funktion einer wichtigen Investitionsanlage.

Und eben dieser charakteristische Unterschied zwischen beiden Rohstoffen, macht die Aussichten auf deutlich höhere Silberpreise so verlockend. Wenn Öl steigt, dann versucht jeder, weniger davon zu verbrauchen. Wenn Silber steigt, dann sind nicht nur die Bemühungen zu Einsparungen kaum größer als zuvor, aber auch die Investoren wollen dann mehr kaufen. Das Erkennen und das Nutzen des Vorteils, der durch diesen Unterschied entsteht, werden so manchen in Zukunft reich machen.


© Theodore Butler

(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 28.7.2008 auf der Website www.investmentrarities.com veröffentlicht.

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