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Rohstoff-Report Kommentar: Das Metall ZINN

14.02.2005  |  Ralph W. Stemper
Natürlich haben wir alle schon mit Zinnsoldaten gespielt. Wer weiß aber schon über den Rohstoff Zinn Bescheid, wenn er nicht gerade ein Profi ist. Dabei nimmt der Verbrauch von Zinn ständig zu. Es wird in immer wieder neuen Legierungen vor allem in der Verpackungsindustrie, aber auch überall dort verwendet, wo gelötet wird. Auch hier hat China die Nachfrage angeheizt. Und das wird auch so bleiben. Obwohl dort der zusätzliche Verbrauch der Investitionsgüterindustrie leicht zurückgehen wird, so nimmt der konsumnahe Verbrauch (Verpackung und Handwerk) rapide zu.

Für den Privatanleger führt Zinn jedoch ein Schattendasein. Bisher gibt es noch keine Derivate, schon gar nicht Quanto-Derivate, in die er investieren könnte. Im übrigen scheint die Spekulation in diesem Produkt abwesend zu sein, denn Zinn macht die volatilen Kursveränderungen der anderen LME-Metalle nicht mit. Während diese nach negativen Wachstumseinschätzungen Chinas regelmäßig, wenn auch nur vorübergehend, einbrachen, blieb der Zinnpreis auf hohem Niveau relativ stabil.


Die Nachfrage

Neue Legierungen, die vor allem im konsumnahen Verbrauch Verwendung finden, und der zunehmende Einsatz beim Löten hat die Nachfrage 2004 kräftig ansteigen lassen. Es wird für das Gesamtjahr 2004 mit einer Zunahme von 8% gerechnet, und dies läge deutlich über den Wachstumsraten anderer Metalle. Dieses Wachstum ist fast ausschließlich auf China zurückzuführen, obwohl auch die Nachfrage aus den Industrieländern wieder anzog. Das gilt vor allem für die USA, während in Europa die Deutsche Regierung durch Einführung des Dosenpfands dem Nachfragewachstum einen harten Schlag versetzt hat.

Wie weit sich diese staatliche Intervention auch künftig auf die Nachfrage auswirken wird, bleibt abzuwarten. In dem globalen, vor allem ostasiatischen Nachfragewachstum spielt sie jedoch eine untergeordnete Rolle. Hinsichtlich der chinesischen Nachfrage sind sich die Experten allerdings nicht einig. Während die Société Generale von einem langsam zurückgehenden Wachstum ausgeht, sehen die amerikanischen Investmentbanker gerade im konsumnahen Bereich einen Wachstumsbeschleuniger.


Das Angebot

Wo sich die Experten wieder einig sind, ist die Knappheit des Angebots. Sie ist noch immer auf das Krisenjahr 2002 zurückzuführen, in dem die Nachfrage so katastrophal gesunken war, dass viele Unternehmen ihre Kapazitäten nachhaltig zurückgefahren haben. In dieser Zeit hat z. B. JFE, einer der beiden japanischen Stahlriesen, seine Zinnschmelze ganz abgebaut und an China verkauft, wo sie heute mit großem Erfolg läuft. Andere Unternehmen haben ihre Schmelzen endgültig stillgelegt, was sich heute rächt. Hinzu kommt, dass die Zinnhütten inzwischen keine großen Einheiten mehr bilden.

Diese Fragmentierung gilt vor allem für einen der weltweit wichtigsten Lieferanten, Indonesien. Ein Zusammenschluss zu größeren und effizienten Einheiten ist hier nicht in Sicht. In China wurde eine ganze Reihe marginaler Hütten gezwungen zu schließen oder zumindest langsam aus dem Markt zu gehen, ohne dass für diese Kapazitäten Ersatz geschaffen wurde. Gewiss können einige Unternehmen ihre stillgelegten Kapazitäten wieder aktivieren. Das braucht aber Zeit und wird sich wohl in 2005 noch nicht entscheidend auswirken. Trotzdem sind Überraschungen möglich.


Die Lagerbestände

Die große Unbekannte sind die Lagerbestände. Weil Zinn vor allem von der Spekulation ein wenig beachtetes Metall ist, gibt es auch wenig Untersuchungen über ungemeldete Lagerbestände. So kann durchaus noch Material aus den Krisenjahren übrig sein, das bisher noch nicht in den Markt geflossen ist. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings nicht sehr hoch, da die Preise sich schon über ein Jahr auf sehr hohem Niveau gehalten haben und größere Lagerauflösungen nicht zu beobachten waren.


Ausblick

Zinn geht mit einem Nachfrageüberhang in das neue Jahr. Dieser wird auch 2005 bestehen bleiben. Mit einem stärkeren Angebotswachstum ist erst 2006 zu rechnen. Bis dahin wird aber auch der konsumnahe Verbrauch, vor allem in Ostasien, weiter kräftig zunehmen. Die Enge des Zinnmarktes eignet sich nicht für die Auflegung von Zertifikaten, denn das Eintreten der Spekulation könnte zu heftigen Kursschwankungen führen. Allerdings sollten Emittenten von Rohstoffbaskets Zinn durchaus in ihr Produkt aufnehmen.


© Ralph W. Stemper
www.rohstoff-report.de

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