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US-BIP - wunderbare Nachrichten?

31.08.2008  |  Klaus Singer
Seit vier Wochen setzen die Aktienbullen auf Zeichen einer wirtschaftlichen Stabilisierung in den USA - und hatten bisher nur mit Widrigkeiten zu kämpfen. Was ihren Glauben aufrecht erhielt, waren die fallenden Ölpreise. Jetzt -ENDLICH- kamen erlösende Nachrichten: Das amerikanische BIP ist im zweiten Quartal mit annualisiert plus 3,3% stärker gestiegen als erwartet und wurde gegenüber der ersten Vorab-Schätzung von plus 1,9% kräftig nach oben revidiert.

Träger der besser als erwarteten Entwicklung waren die Verbraucherausgaben, die Exporte und die Entwicklung der Investitionen. Die Verbraucherausgaben stiegen um 1,7 Prozent (vorab geschätzt 1,5 Prozent). Die Exporte legten um 13,2 Prozent auf das Jahr gerechnet zu (vorab geschätzt 9,2 Prozent). Die Brutto-Investitionen sanken im Jahresvergleich um 12% (vorab geschätzt minus 14,8%).


Also nichts mit Rezession und Finanzkrise? Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen.

Die Verbraucherausgaben schafften es trotz Steuerschecks im Gesamtumfang von jenseits der 100 Mrd. Dollar im zweiten Quartal nicht, über 2% im Vergleich zum Vorjahr zu wachsen. Im Jahresverlauf 2007 mittelte sich das Wachstum noch auf 2,3%, Das jüngste Hoch war im Verlauf des Jahres 1999 mit gut 5% erreicht worden. Das aktuelle Wachstum ist das schwächste 1991.

Das Handelsbilanzdefizit weist jetzt mit 376,6 Mrd. Dollar den niedrigsten Wert der vergangenen acht Jahre auf. Es trug 3,1 Prozent zum BIP-Wachstum bei, die gestiegenen Export waren dabei für 1,65%, also für mehr als die Hälfte des BIP-Wachstums zuständig. Die rückläufigen Importe beruhen sowohl auf der schwachen Inlands-Nachfrage, wie auf der flachen Produktionsseite, ihr Wachstumsbeitrag ist mit 1,45% sogar größer als der der Verbraucherausgaben mit 1,24%.

Die Brutto-Inlands-Investitionen bleiben ein Belastungsfaktor, sie stellen mit minus 1,82% den größten Negativbeitrag zur BIP-Entwicklung dar. Die Verbesserung gegenüber der Vorab-Schätzung geht im wesentlichen auf die Entwicklung der Lagerbestände zurück, die um annualisiert 49,4 Mrd. Dollar sanken (vorab geschätzt minus 62,2 Mrd. Dollar). Weiterhin belastend zeigt sich der Haussektor, er fiel um annualisiert 15,7 Prozent. Das ist immerhin bezogen auf den Durch schnitt der zurückliegenden drei Quartale von minus 24% eine Verbesserung.

Unter dem Strich: Die Entwicklung der Inlandsnachfrage zeigt rezessive Tendenzen, die Brutto-Inlands-Investitionen fallen mit einer Rate, die der der beiden zurückliegenden Rezessionen von 2001 und 1991 entspricht. Die Außenhandels-Zahlen haben es für dieses Mal herausgerissen.


Die Zahlen sind Vergangenheit - wie geht es weiter?

Steuerschecks wird es zunächst einmal nicht mehr geben. Obama hat zwar bereits ein weiteres staatliches Anreizprogramm im Umfang jenseits der 100 Mrd. Dollar angekündigt, sollte er zum nächsten Präsident der USA gekürt werden. Der republikanische Gegner wird ähnliches veranlassen. Aber bis dahin ist es noch ein Stück. Und, wie gesehen: Die Steuerschecks haben das Ruder im zweiten Quartal nicht herumgerissen. Immerhin kommt die Sparquote auf 2,4%. Die Konsumseite wird wohl vorerst schwach bleiben.

Ob die Exporte das US-BIP weiterhin stützen können, ist mehr als zweifelhaft. Der Währungsparität Euro/Dollar sah im zweiten Quartal eine (vorläufige?) Topp-Bildung bei 1,60, im Mittel lag sie bei gut 1,56. Diese Entwicklung liegt auf einer Linie mit dem breiter gefassten Dollar-Index und verschaffte US-Produkten auf den Märkten in der Welt einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil. Seitdem allerdings hat sich Euro/Dollar beständig abwärts entwickelt auf zuletzt knapp 1,47. Der Wechselkurs hat verdächtig oft den Pegel von 1,46 im Visier, eine wichtige Marke aus den Jahren 1992 und 1980 (übrigens auch zwei Daten in engem Zusammenhang mit US-Rezessionen). Gleichzeitig mehren sich im Juli die Anzeichen, dass die Wirtschaftsschwäche der USA auf andere Regionen in der Welt übergegriffen hat. So schwächelt jetzt z.B. der EU-Wachstumstreiber Deutschland im Verein mit Frankreich. Beides, die Dollar-Stärke und die Ausbreitung rezessiver Tendenzen in der Welt sind keine guten Vorzeichen für weiteres Export-getriebenes US-Wachstum.

Aus der Dollar-Schwäche im zweiten Quartal resultierte auch eine vergleichsweise günstige Entwicklung der Gewinne der US-Unternehmen. Sie sind im zweiten Quartal auf 1,361 Bill. Dollar angestiegen, das sind annualisiert 3,9 Prozent mehr als im ersten. Im Jahresvergleich aber sind sie um 5,9 Prozent gesunken, nach minus 3,1% im ersten Quartal. Damit sind jetzt Werte erreicht wie kurz vor und kurz nach der Rezession 2001.

Das reale Brutto-Inlands-Einkommen, die von der Fed beachtete Größe GDI, zeigt für das zweite Quartal einen Anstieg um 1,9% nach zuvor zwei Quartalen in Folge mit negativem Wachstum. Auch das lässt vermuten, dass die US-Wirtschaft deutlich schwächer wächst, als die jüngsten BIP-Daten nahe legen. So beträgt denn auch im Jahresvergleich das Wachstum des annualisierten BIP im zweiten Quartal nur noch 2,2% nach plus 2,5% im ersten.





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