TARP
29.09.2008 | Klaus Singer
Innerhalb von nur sechs Monaten kam für die Ära der Investment-Banken an Wallstreet das Aus. Mit der Pleite von Bear Stearns im März begann der Anfang vom Ende, die Pleite von Lehman Brothers beschleunigte den Verfall dramatisch. Die Institution hinterlässt Schulden in Höhe von 613 Mrd. Dollar, die Assets summieren sich angeblich auf 639 Mrd. Dollar. Sogleich schlüpfte Merrill Lynch unter das Dach der Banc of America. Und die verbliebenen Geschäftsmodelle, Goldman Sachs und Morgan Stanley, mutieren zu "richtigen" Banken. Sie unterliegen damit der Regulierung durch die Fed, haben im Gegenzug aber auch Zugang zu den "unbegrenzten" Mitteln der Zentralbank.
Das Ende dieser Ära, die vor vierzig Jahren mit dem Ende des Goldstandards in ihre heiße Phase eintrat und ganz wesentlich die Globalisierung mit prägte, ist aber nur ein Baustein in der Abwicklung des auf 10 Bill. Dollar geschätzten Schatten-Bank-Systems. SIVs und Conduits stolperten zuerst, jetzt sind die Investment-Banken abgeschafft. Geldmarkt-Fonds sind nach dem Abfluss von netto rund 200 Mrd. Dollar allein in der vergangenen Woche in Not - so sehr, dass die Bush-Regierung weitreichende Garantien geben musste.
Der Stress in den Geldmärkten wird deutlich, wenn man sich z.B. den TED-Spread ansieht - er lag zuletzt wieder bei über 300 Basispunkten. Die eff. Target-Rate der Fed fiel am Donnerstag auf 1,19 Prozent (bei einer Target Rate von 2,00 Prozent!). Der Spread zwischen der Rendite für 13-wöchige TBills war schon in der Vorwoche bis auf 300 Basispunkte angewachsen. Alles Anzeichen dafür, dass die Geldmärkte kurz vor einem Herzinfarkt stehen, wie es ein Beobachter formulierte.
Hoch gehebelte Hedge-Fonds könnten die nächsten Dominosteine sein, die fallen - in London, so wird berichtet, wird diesen einstigen Stars der Investment-Branche in großem Umfang Liquidität entzogen.
Der 700 Mrd. Dollar schwere Plan der US-Regierung zur Rettung aus der Finanzkrise hat jetzt auch einen Namen: Troubled Asset Relief Program (TARP). Sein Herzstück ist der Rückkauf von notleidenden, in Zusammenhang mit der Immobilienkrise stehenden Assets, vielleicht zu ‘hold to maturity’-Preisen, wie Bernanke es formuliert, vielleicht auch höher. Dabei soll das Finanzministerium weitestgehend nach Belieben schalten und walten können. Ich hatte mich am 22. September 2008 in einem Artikel ausführlich mit dem Plan beschäftigt.
Die ökonomischen Beobachter rund um den Globus schlagen in seltener Einmütigkeit die Hände über dem Kopf zusammen und fordern im Gegenzug zu den subventionierten Aufkäufen von "Assets" zumindest einen Aktienanteil, damit der Staat an einer eventuellen Erholung teilhaben kann. Weitergehende Vorschläge zielen auch auf die Senkung der Hypothekenschulden. Das sei am Ende immer noch billiger als ein Bankrott der Schuldner und/oder die Enteignung. Neben Wall Street müsse auch Main Street herausgehauen werden, heißt es griffig.
Gestern sah es so aus, als könne das Paket die Gesetzgebungs-Hürden nehmen. So hoffnungsvoll der Tag begann, die Aktienmärkte liefen schon einmal vor, so schlecht endete er. Einige Republikaner stellten sich quer - die Gespräche in unterschiedlichen Zusammensetzungen endeten im Chaos. In dessen Verlauf soll Finanzminister Paulson vor Nancy Pelosi auf die Knie gefallen sein und um Zustimmung gebeten haben. Die Demokratin erwiderte, das läge nicht so sehr an ihrer Partei.
TARP ist nicht das Ende der Wall Street. Aber die Finanzkrise stellt eine mindestens so schwere Zäsur dar wie das Ende des Goldstandards (nur in der Gegenrichtung). TARP federt diese Zäsur für die Finanzindustrie ab, um das einmal vornehm auszudrücken. Natürlich muss etwas getan werden. Aber vor allem etwas, dass über eine reine Feuerwehraktion hinaus eine langfristige Perspektive hat. Das ist bei TARP genauso wenig zu erkennen, wie bei früheren Krisen, als man auch nur eines kannte - Liquidität zu schütten. Und hat damit den Grundstein gelegt für die nächst größere Blase und die nächst schwerere Krise.
Notwendig wäre eine Abkehr vom neoliberalen Laissez-faire hin zu sinnvollen RAHMEN-Bedingungen. Aber da hört man nicht viel, bzw. nicht viel Gutes. So knicken zum Beispiel die Brüsseler Bürokraten ein in ihrem Vorhaben, künftig zu verlangen, dass Banken beim Weiterverkauf von Krediten einen bestimmten Anteil behalten müssen. Zunächst war 10 Prozent im Gespräch, aber nach einem Aufschrei der Finanzindustrie denkt man jetzt nur noch über 5 Prozent nach. Zwei Lehren: Erstens scheint die Bürokratie weiterhin willfährig der Finanzindustrie gegenüber. Zweitens hat die Finanzindustrie offenbar nichts dazu gelernt. Gestern trat dann auch noch der deutsche Finanzminister hervor und will Leerverkäufe grundsätzlich verbieten. Ein wirklich guter Vorschlag, aber nur dann, wenn insbesondere in Blasenzeiten auch Long-Positionen verboten werden! Zudem stellte er die USA in einer Art an den Pranger, da kann man nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.
Das Ende dieser Ära, die vor vierzig Jahren mit dem Ende des Goldstandards in ihre heiße Phase eintrat und ganz wesentlich die Globalisierung mit prägte, ist aber nur ein Baustein in der Abwicklung des auf 10 Bill. Dollar geschätzten Schatten-Bank-Systems. SIVs und Conduits stolperten zuerst, jetzt sind die Investment-Banken abgeschafft. Geldmarkt-Fonds sind nach dem Abfluss von netto rund 200 Mrd. Dollar allein in der vergangenen Woche in Not - so sehr, dass die Bush-Regierung weitreichende Garantien geben musste.
Der Stress in den Geldmärkten wird deutlich, wenn man sich z.B. den TED-Spread ansieht - er lag zuletzt wieder bei über 300 Basispunkten. Die eff. Target-Rate der Fed fiel am Donnerstag auf 1,19 Prozent (bei einer Target Rate von 2,00 Prozent!). Der Spread zwischen der Rendite für 13-wöchige TBills war schon in der Vorwoche bis auf 300 Basispunkte angewachsen. Alles Anzeichen dafür, dass die Geldmärkte kurz vor einem Herzinfarkt stehen, wie es ein Beobachter formulierte.
Hoch gehebelte Hedge-Fonds könnten die nächsten Dominosteine sein, die fallen - in London, so wird berichtet, wird diesen einstigen Stars der Investment-Branche in großem Umfang Liquidität entzogen.
Der 700 Mrd. Dollar schwere Plan der US-Regierung zur Rettung aus der Finanzkrise hat jetzt auch einen Namen: Troubled Asset Relief Program (TARP). Sein Herzstück ist der Rückkauf von notleidenden, in Zusammenhang mit der Immobilienkrise stehenden Assets, vielleicht zu ‘hold to maturity’-Preisen, wie Bernanke es formuliert, vielleicht auch höher. Dabei soll das Finanzministerium weitestgehend nach Belieben schalten und walten können. Ich hatte mich am 22. September 2008 in einem Artikel ausführlich mit dem Plan beschäftigt.
Die ökonomischen Beobachter rund um den Globus schlagen in seltener Einmütigkeit die Hände über dem Kopf zusammen und fordern im Gegenzug zu den subventionierten Aufkäufen von "Assets" zumindest einen Aktienanteil, damit der Staat an einer eventuellen Erholung teilhaben kann. Weitergehende Vorschläge zielen auch auf die Senkung der Hypothekenschulden. Das sei am Ende immer noch billiger als ein Bankrott der Schuldner und/oder die Enteignung. Neben Wall Street müsse auch Main Street herausgehauen werden, heißt es griffig.
Gestern sah es so aus, als könne das Paket die Gesetzgebungs-Hürden nehmen. So hoffnungsvoll der Tag begann, die Aktienmärkte liefen schon einmal vor, so schlecht endete er. Einige Republikaner stellten sich quer - die Gespräche in unterschiedlichen Zusammensetzungen endeten im Chaos. In dessen Verlauf soll Finanzminister Paulson vor Nancy Pelosi auf die Knie gefallen sein und um Zustimmung gebeten haben. Die Demokratin erwiderte, das läge nicht so sehr an ihrer Partei.
TARP ist nicht das Ende der Wall Street. Aber die Finanzkrise stellt eine mindestens so schwere Zäsur dar wie das Ende des Goldstandards (nur in der Gegenrichtung). TARP federt diese Zäsur für die Finanzindustrie ab, um das einmal vornehm auszudrücken. Natürlich muss etwas getan werden. Aber vor allem etwas, dass über eine reine Feuerwehraktion hinaus eine langfristige Perspektive hat. Das ist bei TARP genauso wenig zu erkennen, wie bei früheren Krisen, als man auch nur eines kannte - Liquidität zu schütten. Und hat damit den Grundstein gelegt für die nächst größere Blase und die nächst schwerere Krise.
Notwendig wäre eine Abkehr vom neoliberalen Laissez-faire hin zu sinnvollen RAHMEN-Bedingungen. Aber da hört man nicht viel, bzw. nicht viel Gutes. So knicken zum Beispiel die Brüsseler Bürokraten ein in ihrem Vorhaben, künftig zu verlangen, dass Banken beim Weiterverkauf von Krediten einen bestimmten Anteil behalten müssen. Zunächst war 10 Prozent im Gespräch, aber nach einem Aufschrei der Finanzindustrie denkt man jetzt nur noch über 5 Prozent nach. Zwei Lehren: Erstens scheint die Bürokratie weiterhin willfährig der Finanzindustrie gegenüber. Zweitens hat die Finanzindustrie offenbar nichts dazu gelernt. Gestern trat dann auch noch der deutsche Finanzminister hervor und will Leerverkäufe grundsätzlich verbieten. Ein wirklich guter Vorschlag, aber nur dann, wenn insbesondere in Blasenzeiten auch Long-Positionen verboten werden! Zudem stellte er die USA in einer Art an den Pranger, da kann man nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.