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Es kann nur besser werden - bevor es noch schlechter wird

31.10.2008  |  Klaus Singer
Die erste Schätzung des amerikanischen realen BIP des dritten Quartals zeigt die US-Wirtschaft mit minus 0,3 Prozent annualisiertem Wachstum auf Rezessions-Kurs. Im Vorquartal waren noch plus 2,8 Prozent gemessen worden. Mit den "Haken und Ösen" dieses Ausreißer hatte ich mich in meinem Artikel vom 30. August 2006 befasst.

Die Verbraucherausgaben, für rund 70 Prozent des BIP verantwortlich, fielen um 3,1 Prozent, das ist der erste Abfall seit dem Schlussquartal 1991. Die Ausgaben für Verbrauchsartikel gingen sogar so stark zurück wie zuletzt im Spätjahr 1950, die für dauerhafte Artikel (Autos usw.) sanken um 14,1 Prozent, so stark wie seit Anfang 1987 nicht mehr.

Der gesamte private Sektor zeigte sich sehr schwach, kompensiert teilweise durch bessere Zahlen aus dem Unternehmensbereich. Aber auch hier ist mit minus einem Prozent der erste Rückgang bei den Investitionen seit 2006 festzustellen. Der Aufbau der Lager trug plus 0,56 Prozent zur BIP-Entwicklung bei. Die Staatsausgaben stiegen um 13,8 Prozent, so stark wie seit dem zweiten Quartal 2003 nicht mehr.

Das verfügbare persönliche Einkommen ging um 8,7 Prozent zurück, das ist der stärkste Fall seit 1947. Das staatliche Anreizpaket hatte im zweiten Quartal noch für eine deutliche Ausweitung gesorgt.

Die Preise stiegen in Q3 mit 5,4 Prozent Jahresrate, der stärkste Anstieg seit Frühjahr 1990. In diese Periode fällt jedoch auch die Spitze der Ölpreisentwicklung, so dass der Inflationsausblick nicht einfach linear fortgeschrieben werden kann. Im Gegenteil, die Spitze der Preisentwicklung sollte hinter uns liegen.

In den zurückliegenden neun Monaten wurden rund 750.000 Arbeitsstellen "vernichtet". Das zeigt bei den Konsumenten genauso Wirkung wie die Finanzkrise und der weiter ungebremste Fall der Hauspreise.

Die Stimmen, die umfangreiche staatliche Anreize fordern, werden lauter. Fed-Chef Bernanke hatte sich bereits vor dem Abgeordnetenhaus für entsprechende Maßnahmen stark gemacht, wobei jedoch neue strukturelle Defizite vermieden werden sollten. Angesicht der Kreditklemme sollte der Staat den Zugang von Konsumenten, Hauskäufern und Unternehmen zu Ausleihungen erleichtern.

Nouriel Roubini erwartet für 2009 im Vergleich zu 2008 einen Rückgang der privaten Nachfrage um 450 Mrd. Dollar, also um drei bis vier Prozent des US-BIPs. Daher hält er ein Anreiz-Paket im Umfang von 300 bis 400 Mrd. Dollar erforderlich. Es sollte schnellstmöglich starten, da jede Verzögerung die Rezession noch schwerer macht. Diese Rezession werde 24 Monate dauern, sie könne von einem "U"-förmigen Verlauf auch in ein "L" übergehen, wenn die Politik die Kontrolle über das Finanzsystem nicht rasch zurückgewinnt.

Der weitere Verlauf werde geprägt sein von einer Flut an Unternehmenspleiten und einem von Deflation bestimmten Teufelskreis mit den entsprechenden Effekten in vielen Segmenten der Volkswirtschaft. Die amerikanischen Aktienmärkte würden um weitere 20 bis 30 Prozent nachgeben und frühestens 2009 einen Boden bilden. Danach werde es eine jahrelange Seitwärtsbewegung geben, wenn das Wachstum weiter stagniert. Die Arbeitslosenquote könne auf 8 bis 9 Prozent steigen.

Nach Roubini sind Dollar-Assets, Rohstoffe, auch Aktien als Anlageform momentan ziemlich riskant. Stattdessen solle man Cash oder "near-Cash" (z.B. T-Bills) halten, auch Anleihen von großen, gut aufgestellten Unternehmen. Der Dollar werde seine Reserve-Eigenschaft noch auf Dekaden behalten, auch wenn diese Eigenschaft nach und nach ausgehöhlt wird.

Der Schwerpunkt der Weltwirtschaft verschiebt sich mit den Hilfspaketen für die Finanzindustrie und andere Bereich der Wirtschaft von New York nach Washington. Das amerikanische Finanzministerium stellt jetzt die Weichen für jede größere wirtschaftliche Aktivität, ist größter, auch letzter Kunde und Investor in einer Person. So heißt es griffig bei Investorsinsights. Wenn das zutrifft, und ich denke, das ist so, dann üben geopolitische Themen und Trends künftig einen größeren Einfluss bei der Kursbildung aus.

Die USA haben zu viel auf der "ToDo"-Liste stehen, als dass sie sich mit mehr als dem nächstliegenden beschäftigen können. Und da steht die Finanz- und Wirtschaftskrise oben an, darunter folgt gleich der Irak. Die Europäer werden an der Finanzkrise weit schwerer zu tragen haben als die USA, das wird alleine schon dadurch deutlich, wenn man die Rettungspakete der einzelnen Länder ins Verhältnis zu ihrem BIP setzt. Hinzu kommt die bürokratische Struktur dieses Molochs, das Gebilde ist zu schwerfällig und hat sich erst kürzlich mit der Erweiterung seines Gebiets einen weiteren Mühlrad an den Hals gehängt. Auch der wirtschaftliche Abschwung dort trägt jetzt zur Vertiefung der Bankenkrise bei.




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