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Beeinflussen Futures die Spotpreise an den Warenmärkten?

24.11.2008  |  Dimitri Speck
Ob die Kurse steigen oder fallen: Die Futures sind schuld - zumindest scheinen das nicht wenige Marktbeobachter zu glauben. Als noch vor wenigen Monaten Weizen, Öl und andere Waren Höchstpreise erklommen, wurden in vielen Medien die Finanzinvestoren, oft handelt es sich um Pensionskassen, verantwortlich gemacht. Umgekehrt wird, insbesondere wenn Gold oder Silber fallen, unter Marktteilnehmern gerne die Vermutung geäußert, Finanzinstitutionen würden die Edelmetallpreise drücken und dazu die Terminmärkte verwenden. Was ist dran an der These, die Futuresmärkte beeinflußten die Spotpreise an den Warenmärkten?

Akteure an den Finanzmärkten sind einen engen Zusammenhang zwischen Termin- und Kassamärkten gewohnt. Wenn sich einer stärker bewegt als der andere, werden die Unterschiede wegarbitragiert. Steigt etwa der Preis des Futures stärker als der am Kassemarkt, kauft ein Arbitrageur Aktien auf Kredit, lagert sie, und verkauft den Future, um am Ende der Laufzeit die Aktien in den Future zu liefern. Auf die Art bewegen sich Future- und Spotmarkt in engen Grenzen zueinander; jede Aktion in dem einen wirkt sich auf den anderen aus.

Anders verhält es sich jedoch an den Warenmärkten, da, abhängig von der Art der Ware, einige Voraussetzungen einer problemlosen Arbitrage nicht gegeben sind. Dazu gehören insbesondere hohe Lagerkosten, die Verderblichkeit der Ware, und nicht zuletzt eine eingeschränkte Verfügbarkeit (noch nicht gefördertes Öl, noch nicht geernteter Weizen). Aus diesen Gründen spielt die Terminkurve, wie die einzelnen Liefertermine zueinander und zum Spotpreis stehen ("Backwardation", "Contango"), an den Warenmärkten eine viel größere Rolle als an den Finanzmärkten. Keinesfalls kann einfach unterstellt werden, daß eine Bewegung an den Futuresmärkten zwingend auf die Kassapreise einwirkt.

Als bis in die erste Jahreshälfte 2008 die Preise für Commodities stark stiegen, ging dies mit einer Zunahme der Waren-Investitionen einher, die über die Futuresmärkte erfolgen. Die Annahme eines Zusammenhangs scheint somit auf der Hand zu liegen. Das muß allerdings nicht bedeuten, daß die Investoren preistreibend auf dem Kassamarkt gewirkt haben, denn genauso können die Anstiege der Warenpreise Investoren angelockt haben. - An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß ein relativer Anstieg der Futurespreise auch einen Vorteil beinhaltet, nämlich den, die künftige Produktion anzuregen. Die Finanzinvestoren wirken damit der Tendenz an den Warenterminmärkten zu einer für die Produzenten ungünstigen Terminstrukturkurve ("Normal Backwardation") entgegen. -

Damit Futures die Spotpreise über den elementaren Wirkmechanismus der Arbitrage beeinflussen können, muß sich eine Änderung der Lagermenge einstellen. Diese Art der Arbitrage verlangt nämlich entweder das Einlagern des Gutes (und damit eine Erhöhung der Lagermenge), oder das Leihen desselben (und damit eine Reduktion). Da im Zuge der Commodityhausse die Lager der meisten Waren nicht voller wurden, gab es diesen elementaren Wirkmechanismus nicht. Das bedeutet, im Gegensatz zum Anschein und der oft geäußerten Auffassung, daß die Finanzinvestoren nicht Hauptverursacher der massiven Anstiege in den Commodities bis in die erste Jahreshälfte hinein waren.

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**Chart 1


Dafür gibt es auch eine Bestätigung: Es gab nämlich auch eine Hausse in den Commodities, in die Finanzinvestoren praktisch nicht investieren, weil es keine für sie zugänglichen Terminmärkte gibt, oder weil der Terminmarkt bei ihnen nur eine untergeordnete Bedeutung hat. Rhodium ist ein Beispiel hierfür. Der erste Chart zeigt die Kursentwicklung von Rhodium seit dem Jahr 2003. Wir können deutlich die exzessive Kursentwicklung sehen - ganz ohne Finanzinvestoren, die via Futuresmärkte angeblich die Kurse treiben. Dieses einzelne Beispiel wird durch weitere Fälle und empirische Untersuchungen untermauert. Der scharfe Kursrückgang zuletzt verdeutlicht im übrigen, daß es auch markante Übertreibungen gibt, ohne daß Futures Einfluß genommen haben. Übertreibungen, für die es keine stichhaltigen fundamentalen Begründungen gibt, gehören eben zu den Märkten.




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