Kondratieff und die aktuelle Krise
09.12.2008 | Klaus Singer
Die Nachrichten können eigentlich kaum noch schriller sein, denkt man jeden Tag - und wird jeden Tag aufs Neue enttäuscht. Eine Kleine Nachrichtenauswahl gefällig? Bitte sehr:
Analysten der Citigroup rechnen mit einem Anstieg des Goldpreises bis auf zweidausend Dollar per Ende 2009. Sie begründen dies damit, dass durch die finanziellen Exzesse der vergangenen 25 Jahre Schritte auf finanzpolitischem Neuland notwendig seien. Der Ausgang sei ungewiss - entweder käme es zu galoppierender Inflation oder zu einer deflationären Abwärtsspirale. Insbesondere im zweiten Fall seien Bürgerunruhen und sogar Krieg möglich. Schon heute zeigten nachlassendes Vertrauen der (europäischen) Bevölkerung in Politiker und politische Systeme, wohin die Reise gehen kann. Die Menschen sehen sich zunehmend entrechtet und ihre Ersparnisse in Gefahr. Gold werde in dieser Situation, gleich, ob Inflation oder Deflation, als Sicherheit gesucht. Es habe sich in den vergangenen Monaten bereits deutlich besser gehalten als alle anderen Rohstoffen.
Die Folgen der Finanzkrise sind massiv, die Proteste werden militanter: Mehr als hundert Demonstranten haben in Reykjavik die isländische Zentralbank gestürmt. Nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung traut der Regierung noch zu, die Krise zu meistern.
In den USA werden Mittel aus Rettungsmaßnahmen von Banken dazu eingesetzt, Unternehmenskäufe zu tätigen. Man braucht nicht über den "Teich" zu schauen - siehe den Kauf der Dresdner Bank durch die Commerzbank.
Die Bundesbank sagt eine der schlimmsten Rezessionen seit dem Zweiten Weltkrieg voraus. Das Ifo-Institut warnt vor einer Kreditklemme. Die EZB geht von einem Negativ-Wachstum von 0,5 bis 1,0 Prozent in 2009 aus, sieht die Risiken aber auf der Unterseite. Die Deutsche Bank taxiert für 2009 einen BIP-Einbruch von bis zu vier Prozent.
Keine Entspannung an den Kreditmärkten: Der iTraxx Crossover bleibt nahe 1.000 Basispunkte, was 10 Prozent Versicherungssumme pro Jahr für ein Bond-Portfolio mittlerer Bonität entspricht. Der iTraxx Europe für AAA-Bonds steigt zum ersten Mal über 200 Basispunkte.
General Motors berichtet, dass der eigene Autoabsatz im November um 41 Prozent eingebrochen ist. Die Vorstände der drei großen US-Autohersteller sind bei ihrem Gang nach Canossa/Washington bescheiden mit dem Auto angereist. Unterwegs sah man sie beim Imbiss an einer Frittenbude. Vor einigen Wochen waren sie noch mit dem Privatjet eingeschwebt. Sie bitten den Kongress um Darlehen in Höhe von bis zu 34 Mrd. Dollar, um überleben zu können.
Höchster Rückgang der Anzahl der Beschäftigten seit 34 Jahren in den USA: Im November verloren 533.000 Arbeitnehmer ihren Job. Experten hatten nur einen Rückgang von 300.000 erwartet.
Die zuletzt erwähnte Meldung allerdings brachte am vergangenen Freitag die Wende an den Aktienmärkten. Nachdem die Kurse im frühen Handel abtauchten, schlossen US-Aktien schließlich deutlich im Plus. Technisch war es eine Short-Squeeze, mental setzte sich die Meinung durch, schlimmer könne es nun auch nicht mehr werden. Der schwache Ölpreis war plötzlich kein Indiz für die rezessive Wirtschaft mehr, er wurde als Chance für den amerikanischen Konsumenten angesehen, wieder mehr einzukaufen.
Unterlegt wurde dieser Stimmungsumschwung dadurch, dass die TBonds zum ersten Mal seit mehreren Tagen schwächer schlossen. Die Financial Times hatte bereits vor einigen Tagen bemerkt, man müsse verrückt sein, auf einem Renditeniveau von unter 3% für 10-jährige Staatsanleihen und dem Ausblick auf einen extremen Anstieg der Staatsverschuldung weiter zu kaufen. Aber Gerüchte darüber, die Fed trete als Bond-Käufer auf, stützten die Kurse.
Weiterhin kraucht die Rendite der 13-wöchigen TBills an der Nulllinie entlang. Aber das kurzfristige Bollingerband hat sich derart zugezogen, dass ein Volatilitäts-Ausbruch nun wahrscheinlich wird. Wenn die Rendite hier zulegt, wäre das ein Indiz darauf, dass Mittel abgezogen werden. Angesichts der niedrigen Aktienkurse nicht unwahrscheinlich, dass sie zumindest zeitweise in andere Segmente der Finanzmärkte, so auch in Aktien transferiert werden.
Der nicht abreißende Strom schlechter Nachrichten führt dazu, dass sich Fehler und Schieflagen bei der Spekulations- und Investitionspolitik auch großer Akteure häufen. Das wiederum treibt die Akteure immer weiter in vermeintlich sichere Häfen, in denen sie sich dann mit magersten Renditen zufrieden geben. Das "Faire KGV" nach Fed-Modell liegt immer noch bei über 37, das ergäbe beim SPX rechnerisch/theoretisch Verdopplungspotenzial.
Ich hatte vor einigen Tagen an dieser Stelle erwartet, dass ein kurzfristiger Bull-Run bei Aktien wahrscheinlich ist. Tatsächlich hat der SPX im Wochenvergleich jedoch 2,3% verloren. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben - die Chance auf kurzfristig steigende Kurse besteht weiter. Allerdings - ein langfristiger, entsprechend tragfähiger Boden ist weiterhin nicht erreicht.
Nach allgemeiner Überzeugung erreichen Aktien etwa sechs Monate vor dem Tief der aktuellen Krise ihren Boden und nehmen deren Ende mit nachhaltig steigenden Kursen vorweg. Wann also kann ein Tief dieser Krise erwartet werden?
Analysten der Citigroup rechnen mit einem Anstieg des Goldpreises bis auf zweidausend Dollar per Ende 2009. Sie begründen dies damit, dass durch die finanziellen Exzesse der vergangenen 25 Jahre Schritte auf finanzpolitischem Neuland notwendig seien. Der Ausgang sei ungewiss - entweder käme es zu galoppierender Inflation oder zu einer deflationären Abwärtsspirale. Insbesondere im zweiten Fall seien Bürgerunruhen und sogar Krieg möglich. Schon heute zeigten nachlassendes Vertrauen der (europäischen) Bevölkerung in Politiker und politische Systeme, wohin die Reise gehen kann. Die Menschen sehen sich zunehmend entrechtet und ihre Ersparnisse in Gefahr. Gold werde in dieser Situation, gleich, ob Inflation oder Deflation, als Sicherheit gesucht. Es habe sich in den vergangenen Monaten bereits deutlich besser gehalten als alle anderen Rohstoffen.
Die Folgen der Finanzkrise sind massiv, die Proteste werden militanter: Mehr als hundert Demonstranten haben in Reykjavik die isländische Zentralbank gestürmt. Nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung traut der Regierung noch zu, die Krise zu meistern.
In den USA werden Mittel aus Rettungsmaßnahmen von Banken dazu eingesetzt, Unternehmenskäufe zu tätigen. Man braucht nicht über den "Teich" zu schauen - siehe den Kauf der Dresdner Bank durch die Commerzbank.
Die Bundesbank sagt eine der schlimmsten Rezessionen seit dem Zweiten Weltkrieg voraus. Das Ifo-Institut warnt vor einer Kreditklemme. Die EZB geht von einem Negativ-Wachstum von 0,5 bis 1,0 Prozent in 2009 aus, sieht die Risiken aber auf der Unterseite. Die Deutsche Bank taxiert für 2009 einen BIP-Einbruch von bis zu vier Prozent.
Keine Entspannung an den Kreditmärkten: Der iTraxx Crossover bleibt nahe 1.000 Basispunkte, was 10 Prozent Versicherungssumme pro Jahr für ein Bond-Portfolio mittlerer Bonität entspricht. Der iTraxx Europe für AAA-Bonds steigt zum ersten Mal über 200 Basispunkte.
General Motors berichtet, dass der eigene Autoabsatz im November um 41 Prozent eingebrochen ist. Die Vorstände der drei großen US-Autohersteller sind bei ihrem Gang nach Canossa/Washington bescheiden mit dem Auto angereist. Unterwegs sah man sie beim Imbiss an einer Frittenbude. Vor einigen Wochen waren sie noch mit dem Privatjet eingeschwebt. Sie bitten den Kongress um Darlehen in Höhe von bis zu 34 Mrd. Dollar, um überleben zu können.
Höchster Rückgang der Anzahl der Beschäftigten seit 34 Jahren in den USA: Im November verloren 533.000 Arbeitnehmer ihren Job. Experten hatten nur einen Rückgang von 300.000 erwartet.
Die zuletzt erwähnte Meldung allerdings brachte am vergangenen Freitag die Wende an den Aktienmärkten. Nachdem die Kurse im frühen Handel abtauchten, schlossen US-Aktien schließlich deutlich im Plus. Technisch war es eine Short-Squeeze, mental setzte sich die Meinung durch, schlimmer könne es nun auch nicht mehr werden. Der schwache Ölpreis war plötzlich kein Indiz für die rezessive Wirtschaft mehr, er wurde als Chance für den amerikanischen Konsumenten angesehen, wieder mehr einzukaufen.
Unterlegt wurde dieser Stimmungsumschwung dadurch, dass die TBonds zum ersten Mal seit mehreren Tagen schwächer schlossen. Die Financial Times hatte bereits vor einigen Tagen bemerkt, man müsse verrückt sein, auf einem Renditeniveau von unter 3% für 10-jährige Staatsanleihen und dem Ausblick auf einen extremen Anstieg der Staatsverschuldung weiter zu kaufen. Aber Gerüchte darüber, die Fed trete als Bond-Käufer auf, stützten die Kurse.
Weiterhin kraucht die Rendite der 13-wöchigen TBills an der Nulllinie entlang. Aber das kurzfristige Bollingerband hat sich derart zugezogen, dass ein Volatilitäts-Ausbruch nun wahrscheinlich wird. Wenn die Rendite hier zulegt, wäre das ein Indiz darauf, dass Mittel abgezogen werden. Angesichts der niedrigen Aktienkurse nicht unwahrscheinlich, dass sie zumindest zeitweise in andere Segmente der Finanzmärkte, so auch in Aktien transferiert werden.
Der nicht abreißende Strom schlechter Nachrichten führt dazu, dass sich Fehler und Schieflagen bei der Spekulations- und Investitionspolitik auch großer Akteure häufen. Das wiederum treibt die Akteure immer weiter in vermeintlich sichere Häfen, in denen sie sich dann mit magersten Renditen zufrieden geben. Das "Faire KGV" nach Fed-Modell liegt immer noch bei über 37, das ergäbe beim SPX rechnerisch/theoretisch Verdopplungspotenzial.
Ich hatte vor einigen Tagen an dieser Stelle erwartet, dass ein kurzfristiger Bull-Run bei Aktien wahrscheinlich ist. Tatsächlich hat der SPX im Wochenvergleich jedoch 2,3% verloren. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben - die Chance auf kurzfristig steigende Kurse besteht weiter. Allerdings - ein langfristiger, entsprechend tragfähiger Boden ist weiterhin nicht erreicht.
Nach allgemeiner Überzeugung erreichen Aktien etwa sechs Monate vor dem Tief der aktuellen Krise ihren Boden und nehmen deren Ende mit nachhaltig steigenden Kursen vorweg. Wann also kann ein Tief dieser Krise erwartet werden?