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Fallen die Tiefs?

24.01.2009  |  Klaus Singer
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In diesen Tagen wird das Thema "Bad Bank" viel diskutiert. Der diesjährige Wirtschafts-Nobel-Preisträger Krugman geißelt in einem Beitrag für die New York Times eine solche Idee als Aberglauben über die Allmacht von Finanzgeschenken an faktisch tote Banken und als Anmaßung des Staates, da wo es keine auskömmlichen Marktpreise gibt, könne er mit trickreichen mathematischen Modelle den „fair Value“ fauler Assets bestimmen. Wenn man die faulen Assets herauskaufe, sei das vor allem eine Rettung der Anteilseigner und ermutige das Management nur zu weiterem Risiko.

Statt dessen sei es sinnvoll, schreibt Krugman weiter, dass der Staat die Aktionäre eliminiere und sich die tote Bank aneigne, dann die faulen Assets an eine Art neuen RTC der 1980er Jahre übertrage, bevor die Bank schließlich an neue Eigner verkauft wird. Was jetzt versucht werde (auch Obama denkt in diese Richtung), bedeute nur, die Anteilseigner herauszuhauen auf Kosten des Steuerzahlers. Das sei modernes Finanz-Voodoo. Eine tote Bank sei sowieso vom Steuerzahler abhängig, insofern de facto bereits nationalisiert, aber de jure blieben bei einer Bad Bank die Anteilseigner weiter am Drücker.

Die deutsche Bundes-Regierung schließt eine staatliche Bad Bank aus. Mal abgesehen davon, dass Merkel und Steinbrück in dieser Krise schon viel gesagt haben, scheinen sie statt dessen die Idee von privaten Bad Banks zu favorisieren - die WestLB soll entsprechende Pläne haben, heißt es heute morgen, und bis zu 100 Mrd. Euro an faulen Assets auslagern. In diesem Zusammenhang wird ein Bad-Bank-Modell diskutiert, wie es in Schweden erfolgreich zur Lösung der dortigen Immobilienkrise in den 1990er Jahren eingesetzt wurde. Damals ging es jedoch um physisch vorhandene Immobilien mit Wert, heute geht es großteils um faule Assets ohne Wert.

Wie Brad Setser
http://blogs.cfr.org schreibt, ist die globale Nachfrage nach langfristigen US-Assets drastisch zurückgegangen (siehe Chart). Private gebe es so gut wie keine mehr, die der öffentlichen Institutionen verschiebt sich von lang- zu kurzfristigen Assets. Die Frage stellt sich, wie so das immer noch große Handelsbilanzdefizit weiter finanziert werden soll (siehe Chart).

Tim Geithner, Präsident der New Yorker Fed, wurde gestern als Finanzminister unter Obama bestätigt. Er sagte, er glaubt an den starken Dollar. Ob er das ernst meint? Das Problem ist folgendes: Wenn der Kapitalimport in die USA nachhaltig sinkt, kann das Handelsbilanzdefizit (siehe Chart!) nicht mehr „finanziert“ werden, es sei denn, die Exporte nehmen zu. Das aber dürfte zusammen mit einem festen Dollar kaum möglich sein. Bei dauerhaft niedrigem Kapitalimport bleibt dann als Ausweg nur nachlassender Import. Ceteri paribus wäre das gleichbedeutend mit anhaltender Kapitulation des US-Konsumenten und zeigt die weitere Verschärfung der güterwirtschaftlichen Krise an. Möglicherweise will Geithner mit seinem starken Dollar wieder für mehr Kapitalimport werben - es würde seinen künftigen Job etwas erleichtern.

Einstweilen festigt sich der Dollar gegen Euro, das Währungspaar Euro/Dollar hat mittlerweile den wichtigen Pegel bei 1,29 unterschritten. Das liegt wohl vor allem an schlechten Nachrichten aus dem Euro-Raum. Die fünf-jährigen CDS-Spreads einiger südlicher EU-Mitglieder liegen 120 bis 250 Basispunkte über denen von Deutschland und Frankreich. Letztere liegen aktuell bei 50 bis 70 - auch schon mehr als eine Verdopplung gegenüber dem Spätsommer 2008.

Einerseits ist es also sicher die Schwäche einzelner Mitgliedsstaaten der EU, andererseits belastet auch die erkennbare Uneinigkeit untereinander. Z.B. lehnt Steinbrück den Vorschlag eines gemeinsamen EU-Bonds ab, der notleidenden Ländern wie Italien und Griechenland helfen soll, sich billiger zu finanzieren. Solche Bonds würden 100 Basispunkte über den gegenwärtigen deutschen Renditen liegen, das sei für die Finanzierung deutscher Staatsschulden nicht akzeptabel, weil zusätzliche Finanzierungskosten in Höhe von rund 3 Mrd. Euro entstünden.

Belasten dürfte schließlich auch, dass der IWF minus 2,5 Prozent BIP-Wachstum für Deutschland in 2009 voraussagt - und Null-Wachstum in 2010. Der Stimulus der deutschen Regierung liege gegenwärtig bei ungenügenden 1,2 Prozent vom BIP, wird ausgerechnet. Minimal seien 2 Prozent erforderlich. Angemerkt wird auch die starke Exportabhängigkeit, die dazu führen werde, dass Deutschland die Krise besonders zu spüren bekommen werde, heißt es.

Aktuell entkoppeln sich Gold und Euro/Dollar. Das war auch im Oktober und November 2008 so und dürfte darauf hindeuten, dass sich die Krise erneut verschärft. Gleichzeitig laufen in der Intermarket-Korrelation SPX und Euro/Dollar synchron, ein stärkerer Dollar gegen Euro würde somit steigenden Aktienkursen eher entgegenstehen (siehe Chart) - und siehe oben zum Thema "Kapitulation des US-Konsumenten".

In der aktuellen Situation ist an den Aktienmärkten ein Härtetest der zuletzt erreichten Tiefpunkte unausweichlich. Momentan erscheint es mir allerdings weniger wahrscheinlich, dass etwa die Zone bei 800 im S&P 500 nachhaltig unterschritten wird, von Panik-Attacken einmal abgesehen. Auf längere Sicht allerdings dürfte ein tragfähiger Boden erst unterhalb von 600 zustande kommen.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de






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