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Preismanagement am Silbermarkt: Die Alchemie der Banken

11.05.2017  |  Craig Hemke

Wenn jedes Jahr weltweit nur 880.000.000 Unzen Silber produziert werden und 75% dieses Silbers für die Herstellung von Handys, Solarmodulen usw. verwendet werden, wie ist es dann möglich, dass die Banken den Silberpreis allein mit Hilfe der verbleibenden 220.000.000 Unzen kontrollieren? Die Antwort: Alchemie!

Wahrscheinlich wissen Sie bereits, wie die Bullionbanken künstliches Gold erschaffen, um den Preis zu manipulieren. Nachdem sowohl die Versuche der US-Regierung zur Kontrolle des Goldpreises in den 1950er Jahren als auch der Londoner Goldpool in den 1960er Jahren scheiterten, wurde die Alchemie des digitalen Goldes bzw. des "Papiergoldes" 1975 mit der Gründung der Goldterminbörse Comex formalisiert. (Mehr Informationen dazu finden Sie in diesem Artikel.)

Heute wollen wir uns darauf konzentrieren, wie die Banken und die Comex mit Hilfe von Alchemie Silber erschaffen. Wie am Goldmarkt wird auch das digitale Silber bzw. das Papiersilber künstlich erzeugt, um den Preis zu kontrollieren. Doch während der Goldpreis manipuliert wird, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Fiatwährungssystem zu stärken und zu erhalten, dient die Alchemie am Silbermarkt nur einem einzigen Zweck: der Gewinnmaximierung. Welche Marktteilnehmer profitieren also davon?


Wenn jemand von diesem Prozess profitiert, muss es auch jemanden geben, der dabei Verluste macht. Wer sind die Verlierer?


Sehen wir uns mit diesem Hintergrundwissen nun an, wie die Banken mit ihrer Alchemie "Silber" zu Investitionszwecken herstellen. Der Großteil dieses Prozesses kann mit Hilfe der Grundlagen der Wirtschaftslehre erklärt werden, wie wir bereits in diesem Artikel gezeigt haben. Wo Angebot auf Nachfrage trifft, wird der Preis gebildet. Wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, führt das zwangsläufig zu einem Anstieg des Preises. Wenn dagegen das Angebot größer ist als die Nachfrage, sinkt der Preis.

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Übertragen wir diese einfachen Grundsätze auf den Silbermarkt: Wenn die Industrieproduktion jährlich 3/4 des weltweiten Minenausstoßes verbraucht und nur 220.000.000 Unzen übrig bleiben, um die Nachfrage nach Silberinvestments zu decken, dann muss der Preis hauptsächlich durch Schwankungen in der Nachfrage nach diesen 220.000.000 Unzen bestimmt werden. In den Jahren, in denen die Nachfrage nach Silberanlagen zunimmt, kommt es zu einem Angebotsdefizit und die Preise müssten steigen. In den Jahren, in denen das Interesse der Anleger an Silberinvestitionen abnimmt, entsteht ein Angebotsüberschuss und die Preise müssten sinken.

Hier liegt der Hund begraben. Wie können die Banken den Preis zu ihrem eigenen und zum Nutzen der Hersteller manipulieren, wenn das Angebot an echtem, physischen Silber so unglaublich knapp ist? Die Antwort ist erneut Alchemie.

Die Banken erschaffen alle Arten von virtuellem Silber und Papiersilber und überzeugen die Investoren dann davon, dass diese Finanzprodukte stellvertretend für echtes Silber stehen. Sei es durch die Schöpfung von Anteilen am SLV oder an anderen ETFs oder durch die Herausgabe von Silberfutures an der Comex - diese Varianten des digitalen Silbers nehmen den Platz von echtem, physischen Metall ein und werden verwendet, um die Investmentnachfrage zu decken, die über die Verfügbarkeit von physischem Silber hinausgeht.

Befassen wir uns heute zunächst damit, wie die Comex in diesem Prozess funktioniert. Weltweit werden wie gesagt rund 880.000.000 Unzen Silber im Jahr gefördert. Nach Abzug der etwa 660.000.000 in der Industrie benötigten Unzen, bleiben nur 220.000.000 Unzen, um die Nachfrage nach Silberanlagen zu decken. Die Banken und die Comex managen diese Investmentnachfrage daher durch die zügellose Schaffung von papiernen Derivaten und Kontrakten, die sie den Spekulanten und Investoren andrehen, die ein wenig "Exposure" am Silbermarkt wünschen.

Sehen Sie sich den folgenden Chart an und achten Sie dabei besonders auf das zusätzlich angegebene Open Interest am Silbermarkt der Comex, d. h. auf die Gesamtzahl der ausstehenden Silberfutures zu verschiedenen Daten im letzten Jahr.

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Dieser Beitrag soll nicht zeigen, wie die tägliche Schöpfung von Open Interest den Preis beeinflusst. Achten Sie stattdessen darauf, wie viele Kontrakte seit Jahresbeginn zusätzlich herausgegeben wurden.



Unten links sehen Sie, dass sich das Open Interest an der Comex am 3. Januar 2017 auf 163.812 Silberfutures belief. Da ein Kontrakt für 5.000 Unzen steht, repräsentiert dieses Open Interest die Verpflichtung zur Lieferung von insgesamt 819.060.000 Unzen Silber. Vergleichen wir das nun mit den Silberbeständen in den Lagerhäusern der Terminbörse an diesem Tag (siehe Tabelle unten). Insgesamt verfügte die Comex am 3. Januar über 181.903.038 Unzen physisches Silber, von denen 28.050.481 Unzen in der Kategorie "Registered" geführt wurden, die die sofort lieferbaren Bestände umfasst.

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Werfen Sie noch einmal einen Blick auf den obenstehenden Chart. Wie Sie sehen, ist das Open Interest am Silberterminmarkt per letzten Freitag auf das neue Allzeithoch von 234.558 Kontrakten gestiegen. Da jeder Comex-Kontrakt eine Lieferverpflichtung im Umfang von 5.000 Unzen repräsentiert, belief sich das Gesamtangebot an digitalem Silber an diesem Tag auf 1.172.790.000 Unzen. Es lässt sich also leicht berechnen, wie viel virtuelles Silber in diesem Jahr bisher an der New Yorker Terminbörse aus dem Nichts erschaffen wurde, um die Investmentnachfrage zu decken:


Wie kann es sein, dass der Silberpreis in diesem Jahr nur 12% im Plus liegt? Ausschlaggebend sind Angebot und Nachfrage - aber nicht Angebot und Nachfrage nach dem physischen Metall. Es geht viel mehr und Angebot und Nachfrage nach digitalem Silber, um "Exposure" und darum, wie die von den Banken erdachten Finanzprodukte den Marktteilnehmern als Ersatz für echtes Silber angedreht werden.

Wie können die Banken und die Unternehmen, die Silber für ihre Produktion benötigen, das Problem von Angebot und Nachfrage lösen? Nun, wenn der Welt jährlich nur 225.000.000 Unzen echtes Silber zu Anlagezwecken zur Verfügung stehen, dann muss man eben virtuelles Silber und Papiersilber in ausreichender Menge erschaffen, um die überschüssige Nachfrage abzufedern. Zu diesem Zweck haben die Banken in diesem Jahr bislang mehr als 350.000.000 Unzen fiktives Silber geschöpft.

Ach, und falls Sie sich fragen, ob die Silbermenge in den Tresoren der Comex in diesem Zeitraum zugenommen hat, sehen Sie sich die folgende Tabelle an. Eigentlich sollte man ja meinen, dass sich die Silberbestände erhöht haben, oder? Doch am letzten Freitag, als als die Zahl der ausstehenden Futures den neuen Rekord erreichte, befanden sich noch immer nur 195.505.395 Unzen physisches Silber in den Lagerhäusern der Terminbörse. Von diesen waren gerade einmal 30.532.200 als "sofort lieferbar" gekennzeichnet.

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Wir haben die Preisfindung an der Comex schon oft als Betrug bezeichnet und anhand der obenstehenden Daten können Sie auf einen Blick erkennen, warum. Während sich die potentiellen Lieferverpflichtungen um insgesamt 353.730.000 Unzen erhöht haben, sind die Lagerstände nur um 13.602.357 Unzen physisches Silber angewachsen. Das entspricht einem Verhältnis von 26:1. Doch selbstverständlich steht nicht alles Silber der Comex zum Verkauf. Wenn wir uns nur das Silberangebot das Kategorie "Registered" ansehen, stellen wir fest, dass dieses im gleichen Zeitraum lediglich um 2.481.719 Unzen gestiegen ist. Das Verhältnis des Open Interest zum sofort verfügbaren Silber liegt also bei 142:1!

Dieses Thema werden wir in einem anderen Artikel noch einmal eingehender beleuchten. Was ist also das Ziel dieses Beitrags? Ganz einfach - Sie müssen sich bewusst machen und verstehen, wie dieser Mechanismus funktioniert.

Der Preis für physisches Silber wird nicht durch den Handel mit echtem Silber bestimmt, sondern vielmehr durch den Handel mit Derivaten und Kontrakten, die stellvertretend für physisches Silber stehen. Diese an sich wertlosen digitalen oder papiernen Ersatzprodukte machen den Großteil aller Transaktionen am Silbermarkt aus und so lange die Investoren sie und das System der Preisfindung akzeptieren, wird sich der Betrug fortsetzen. Alle Marktteilnehmer, die ein Interesse an einer fairen Preisbildung haben, müssen die Banker und ihre Intrigen ablehnen:


Nur wenn die Anleger weltweit die physische Auslieferung ihrer Silberinvestitionen verlangen, werden die Intrigen der Banken schließlich ein Ende haben. Nur dann wird es endlich zur einer wahren und gerechten Preisbildung an den Edelmetallmärkten kommen.


© Craig Hemke
TF Metals Report


Der Artikel wurde am 25. April 2017 auf www.tfmetalsreport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.