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Ein Interview mit Philipp Vorndran

Die bedeutendste Ursache der jüngsten Finanzkrise sieht Philipp Vorndran in der massiven Verschuldung der großen Volkswirtschaften. Der Finanzmarkt-Stratege von Flossbach & von Storch erklärt in diesem Video, dass die sinkenden Potenzialwachstumsraten es zunehmend erschwerten, die hohen Verschuldungen zu finanzieren und dass durch den Anreiz zur Steigerung der Kreditmenge unter anderem der Immobilienboom in den USA und Teilen Europas hervorgerufen wurde, dessen Scheitern viele Finanzinstitute in Schwierigkeiten brachte.

Vorndran sieht den Euro als eine fehlerbehaftete Konstruktion des Euro, da vor Einführung der Gemeinschaftswährung keine Angleichung der institutionellen Strukturen durchgeführt wurde und die Unterschiede der einzelnen Euro-Länder sogar noch zunahmen. Deshalb müsste der Euro auseinander fallen. Für einige Länder sieht er Vorteile in einem Austritt aus dem Euro, wodurch diese eine Transferunion erpressen könnten. Weiterhin beleuchtet Vorndran die unterschiedlichen Situationen einzelner Länder der Euro-Peripherie bezüglich ihrer Demographie und Verschuldungslage.

Die Situation in Deutschland würde von vielen Bundesbürgern sehr naiv eingeschätzt. Neben den Belastungen aus dem Euro sieht er vor allem die noch nicht finanzierten Sozialsysteme, wie das Gesundheits- und Rentensystem, als großes Problem. Dies könnte uns in 15 bis 20 Jahren in eine ähnliche Lage bringen, wie sie derzeitig in Griechenland vorherrscht, es sei denn man würde schon heute drastische Einsparungen vornehmen.

Laut Philipp Vorndran ist es am wichtigsten, sich zuerst zu informieren und zu wissen, dass es Arbeit ist sein Vermögen in die nächsten Jahrzehnte zu retten. Nach einer solchen Analyse hält er in Anbetracht der derzeitigen Lage Investitionen in nominal fixierte Anlagen nicht für sinnvoll. Er würde auch von Lebensversicherungen abraten, die durch Staats- oder Bankanleihen gedeckt sind. Als die Kaufkraft erhaltende Sachanlagen empfiehlt der Finanzmarkt-Stratege die selbstgenutzte Immobilie, Unternehmensanteile mit Sachwertcharakter, sowie Edelmetalle wie Gold und Silber.

Ein Anheben der Zinsen, wie 1970 unter dem ehemaligen Fed-Chef Paul Volcker geschehen, hält Vorndran nicht für möglich. Zum heutigen Zeitpunkt würden schon geringe Zinssteigerungen den Anteil des Schuldendienstes am Haushaltsbudget der Staaten explodieren lassen und hätten Staatspleiten zur Folge. Dies würden Politiker in Anbetracht der Chancen auf eine Wiederwahl nicht riskieren wollen. Im Goldmarkt sieht er eine stärkere ökonomische Ausrichtung der Käufer, die sich gegen Verluste in Papierwährungen schützen wollen. Im Gegensatz dazu seien in den 1970er Jahren viele Goldkäufe auch von politischen Motiven getrieben gewesen.

Beim Vergleich der Edelmetalle stehen Gold und Silber für Philipp Vorndran aufgrund ihrer leichten Identifizierbarkeit an oberster Stelle, da sie so leicht eine monetäre Rolle einnehmen können. Platin und Palladium, sowie auch Diamanten haben für ihn auf der selben Grundlage eine untergeordnete Position inne. Vorndran sieht in Gold die finale Währung, die nicht angetastet wird. Silber auf der anderen Seite besitzt durch seine Industrienachfrage noch einen stärkeren Investmentcharakter und könne durchaus getradet werden.

Eine Weltleitwährung mit Sonderziehungsrechten kann sich Vorndran genauso wenig vorstellen, wie eine Leitwährung unter chinesischer Vorherrschaft. Für ihn steht der, den Handel vereinfachende, Abrechnungscharakter einer Leitwährung im Vordergrund, weshalb er den Erhalt des Dollars als solche Recheneinheit als durchaus möglich erachtet.Zwar bietet Gold aufgrund seiner Eigenschaften einen guten Standard für den internationalen Handel, doch aufgrund des starken Gefälles der globalen Goldreserven zwischen Länder der alten und neuen Welt hält Vorndran einen formalen Goldstandard für wenig praktikabel. Ein Aufbau von durch Realwerte gedeckter Währungen, wie damals der Rentenmark, hält er für wahrscheinlicher. Ein solcher Prozess würde jedoch nicht freiwillig und ohne größere Unannehmlichkeiten in Gang gesetzt werden.

Laut dem Finanzmarkt-Strategen besteht in der Geschichte ein empirischer Zusammenhang zwischen der Einwohnerzahl eines Landes und dessen Beitrag zur weltweiten Wirtschaftsleistung. Er rechnet deshalb schon länger mit einer Verschiebung der ökonomischen Kräfteverhältnisse von den westlichen Industrienationen weg, hin zu Ländern wie China. Man solle deshalb darüber nachdenken, welche ökonomische Bedeutung diese Entwicklung mit sich bringt und wie man davon profitieren kann.


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am 04.07.2011,
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