2.2. Wie funktioniert der Goldstandard im Detail?
Zur Herstellung eines Produktes sind Investitionen (Maschinen, Energie, Löhne, Kreditzinsen,...) notwendig. Das entstandene Produkt/Ware besitzt somit einen Wert (= Herstellungskosten).
Ähnlich ist es bei Gold, das zwar nicht hergestellt, aber aus dem Boden gewonnen wird, einschließlich der Weiterverarbeitung bis hin zum 99,9 %-reinen Goldbarren.
Für das Endprodukt Gold wird somit eine Leistung erbracht, die einen Wert hat. Aufgrund der optimalen Eigenschaften der Edelmetalle (siehe Einleitung) kann ihr innerer Wert als beständiges und unabhängiges Geld im Tausch gegen andere Produkte oder Leistungen eingesetzt werden.
Ein 100,00-DEM-Geldschein hat auch einen Wert. Dieser Wert ist der Herstellungswert in Höhe von 1-2 Pfennigen, der Rest ist der Glaube bzw. die Akzeptanz daran, den aufgedruckten Wert zu erhalten.
Beim historischen Goldstandard wurde das Papiergeld (inklusive Münzgeld) mit dem Gold gekoppelt, wobei der Goldpreis und das Verhältnis der Golddeckung vom Staat festgelegt wurden.
Die Höhe der prozentualen Golddeckung (z.B.: zu 20 % oder zu 90 % gedeckt) spielt dabei eine untergeordnete Rolle, genauso wie der festgelegte Goldpreis.
In den USA galt beispielsweise: 1 Feinunze Gold = ca. 20,00 USD (ab 1934: 35,00 USD, ab 1974: 42,22 USD).
Jeder, von der Privatperson bis hin zur Goldmine, konnte so das Gold zum festgelegten Preis an die Notenbank (mit unbeschränkter Annahmegarantie) gegen gedecktes Papiergeld im Verhältnis 1:1 eintauschen. Ein Rücktausch des Papiergeldes in Gold war ebenfalls ohne Einschränkung möglich.
Ohne Kredite funktioniert keine Wirtschaft. Die Notenbank (als Kreditgeber) darf beim Goldhinterlegungs-Standard nicht mehr Geld ausgeben, als sie in Form von Gold im Keller hat. Da sie jedoch bei einer "Deckungsgrenze" von 100 % alles Gold in Form von Geldscheinen ausgegeben hätte und somit kein Kredit möglich wäre, muss eine niedrigere Deckungsgrenze (z.B.: 30 oder 40 %) festgelegt werden. Die Höhe spielt im Endeffekt keine Rolle, wichtig ist nur, dass sie vollkommen unveränderlich ist.
Bei einer Deckungsgrenze von 40 % kann die Bank neben der Gold-(Geld)menge, max. weitere 60 % an Geld als Kredite bereit stellen. Dieses "Kreditgeld" konnten z.B. Wechsel oder Schuldscheine sein.
(Die Deckungsgrenze von "x" % bezeichnet man in der Literatur auch oft als "goldene Bremse".)
In der Regel war so immer ausreichend "Geld" vorhanden. Es gab aber auch Zeiten, in denen sich die Geldmenge zu langsam oder zu schnell ausweitete, zum Beispiel durch höhere/niedrige Kreditnachfrage oder durch die unterschiedlichen Handelsbilanzen (Importe/Exporte von Waren) der Goldstandard-Länder untereinander.
Dieser Prozess wurde von den Notenbanken überwacht und gesteuert.
Ein praktisches Beispiel des Goldautomatismus Die Hauptlieferanten des Goldes, die Goldminen, benötigen zur Förderung des Goldes Maschinen und Arbeiter. Die Maschinen kosten Geld in Form von Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, die Minenarbeiter erhalten Löhne. Da der Goldpreis festgesetzt ist, können neben den Kosten nur noch die Zinssätze der Kredite variieren. (In den Goldstandard-Ländern bis 1914 lagen die üblichen Zinsen bei 2-3 Prozent für Kapital und 0,25 bis 1,75 % für den Geldmarkt. Die Zinsen erhöhten oder verringerten die Produktionskosten der gesamten Wirtschaft, einschließlich der Goldminen.) Wird nun aufgrund von Produktivitätssteigerungen der Minen oder durch neue Goldfunde mehr Gold als benötigt bei der Notenbank abgegeben, steigt die Geldmenge an. Dieser Effekt kann seitens der Notenbank durch Zinssenkungen zusätzlich gesteuert/beeinflusst werden. Eine höhere Geldmenge bei gleichbleibendem Warenangebot bewirkt jedoch steigende Preise für Güter und Dienstleistungen. Die Arbeiter verlangen höhere Löhne, um die Differenz zu den alten Preisen bezahlen zu können. Da der Abgabepreis für Gold jedoch festgesetzt ist, lohnt sich bei einigen Minen die Goldförderung nicht mehr. Unrentable Minen werden geschlossen, die geförderte Goldmenge (= Geldmenge) nimmt ab. (=Inflation) |
Dieser Prozess verlief immer genau im gleichen Rhythmus und Tempo, wie auch alle anderen (!!) Güter und Dienste produziert bzw. geleistet wurden. Die Goldproduktion folgte der sonstigen Produktion also wie ein Schatten bzw. die sonstige Produktion folgte der Goldproduktion wie ein Schatten.
Resultat: ein absolut stabiles System!
Das System funktionierte nicht nur im Inland, sondern auch mit allen anderen Staaten, die dem Goldstandard beigetreten waren. Das Land A nahm Gold über den Außenhandel mit Land B ein und deponierte dieses bei der Notenbank. Da mehr Gold vorhanden war, kam es zur Geldausweitung via Zinssenkung im Land A und somit zu einem leicht inflatorischen Prozess (Preise steigen), der die Handelsbilanz wieder umkehrte. Bei Goldabflüssen aus dem Land A in das Land B gab es Zinserhöhungen und einen leicht deflatorischen Prozess (sinkende Preise.)
Resultat: sich tendenziell ausgleichende Handelsbilanzen!
In den Währungen der einzelnen Goldstandard-Ländern kann man diese Stabilität ablesen:
Währung | Zeitraum | Stabilität |
Französische Franc | 1814-1914 | 100 Jahre |
Holländischer Gulden | 1816-1914 | 98 Jahre |
Pfund Sterling | 1821-1914 | 93 Jahre |
Schweizer Franken | 1850-1936 | 86 Jahre |
Belgischer Franken | 1832-1914 | 82 Jahre |
Schwedische Krone | 1873-1931 | 58 Jahre |
Deutsche Mark | 1875-1914 | 39 Jahre |
Italienische Lira | 1883-1914 | 31 Jahre |
In der Zeit des Goldstandards gab es neben dem gedeckten Warengeld (Gold oder Gutschein) auch Kreditgeld (Wechsel, Schuldscheine, etc.) Dieses Kreditgeld war immer mit einem konkreten Schuldinhalt ausgestattet, d.h. es war immer klar, was man konkret schuldete, nämlich eine bestimmte Menge Gold.
Unterschreibt man heute einen Schuldschein (Kreditvertrag), schuldet man diesen in Euro, aber niemand kann sagen, was das ist. Die Banknote Euro (und alle anderen Währungen) haben keinen Schuldinhalt!
Unser Geld hat keinen konkreten Schuldinhalt mehr und deshalb ist es beliebig vermehrbar oder anders herum, um es beliebig vermehrbar zu machen, musste Gold als Schuldinhalt abgeschafft werden. |