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Nach starken Preisanstiegen kehrt die Ernüchterung ein

08.04.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Fallende Aktienmärkte, ein stärkerer US-Dollar und die Meldung über stark steigende Öllagerbestände in den USA setzten den Ölpreis gestern unter Druck. Der Mai-Kontrakt für WTI verlor 4% und handelt aktuell wieder deutlich unter der 50-USD-Marke bei 48 USD je Barrel. Der Markt rechnet bereits damit, dass die US-Rohöllagerbestände in der letzten Woche weiter gestiegen sind. Anhaltspunkte hierfür gaben gestern die Daten des American Petroleum Institute (API), welche einen kräftigen Anstieg der Rohöllagerbestände um 6,9 Mio. Barrel auswiesen und somit auch für die heute vom US-Energieministerium veröffentlichten Daten Aufwärtsrisiken signalisieren. Der Markt geht bislang von einem Anstieg der Lagerbestände bei Rohöl um 1,5 Mio. Barrel aus (siehe Tabelle rechts). Die Rohölvorräte liegen bereits auf dem höchsten Stand seit knapp 16 Jahren. Wir erachten den Anstieg der Lagerbestände in den USA allerdings nicht als repräsentativ für die Lagerbestände weltweit.

Dennoch hat der fortgesetzte Lageraufbau in den USA bereits zu einer Versteilung der Contango-Terminkurve beitragen. Aktuell beträgt die Preisdifferenz zwischen dem Mai- und Juni-Kontrakt von WTI bereits wieder 3 USD, die zwischen Mai 2009 und Mai 2010 hat sich sogar auf mittlerweile 14 USD ausgeweitet. Damit wird Rohöl für Finanzinvestoren immer weniger attraktiv, so dass hier in den kommenden Tagen mit weiteren Abflüssen zu rechnen ist, welche den Ölpreis weiter belasten und einen weiteren Rückgang in Richtung 45 USD zur Folge haben könnten. Die Anleger bauen ihre Positionen beim US Oil Fund weiter ab - gestern hat sich die Anzahl ausstehende Anteile wieder um 2,3 Mio. Anteile reduziert - was den Druck auf den nächstfälligen Future weiter verstärkt, den Contango ausweitet und somit die Öl-Investments immer "unattraktiver" macht. Mexiko hat zwar Anfang der Woche zwei wichtige Ölhäfen wegen schlechten Wetters schließen müssen. Dies dürfte aber erst in den Daten nächste Woche sichtbar sein. Mexiko ist der wichtigste Öllieferant der USA.


Edelmetalle

Der Goldpreis konnte seit gestern um 2% auf 890 USD je Feinunze steigen. Gold profitiert wieder von fallenden Aktienmärkten und einer steigenden Risikoaversion. Allerdings fällt der Anstieg etwas schwach aus, was auf eine Abflachung der Nachfrage seitens der Anleger hindeutet. Schließlich sind die Goldbestände des SPDR Gold Trust, der zuletzt der wichtige Treiber hinter dem Goldpreisanstieg war, zuletzt nicht mehr gestiegen. Die Metall-Beratungsfirma GFMS hält in ihrem Goldbericht 2009 einen Anstieg des Goldpreises auf deutlich über 1.000 USD in diesem Jahr für sehr wahrscheinlich. GFMS rechnet damit, dass der starke Anstieg der Investmentnachfrage den zu erwarteneden zweistelligen Rückgang der Schmucknachfrage mehr als ausgleicht. Treiber der Investmentnachfrage seien Inflationsgefahren, der schwächere US-Dollar und Sorgen über die Finanzmarktstabilität. Gleichwohl sieht auch GFMS kurzfristig die Möglichkeit eines Rückganges unter 850 USD. Die Einschätzung von GFMS deckt sich weitgehend mit unserer Einschätzung eines kurzzeitigen Preisrückgangs, der in der zweiten Jahreshälfte von einem deutlichen Anstieg gefolgt wird.


Industriemetalle

Ob sich die Verhandlungstaktik der Rohstoffkonzerne ändert, wenn die chinesischen Firmen weiter ihre Beteilugungen ausbauen? Noch ist davon jedoch nichts zu spüren. So bietet Rio Tinto, an dem der chinesische Konzern Chalco eine Beteiligung von 15% anstrebt, bei Eisenerz-Kontrakten für dieses Jahr einen Nachlass von lediglich 20% an. Die chinesischen Stahlproduzenten streben eine Preisreduktion von 40-50% im Vergleich zu den Vorjahreskontrakten. Wir fühlen uns wohl mit unserer bereits im Herbst 2008 aufgestellten Einschätzung von Minus 30%. Aus unserer Sicht ist der Optimismus am Eisenerzmarkt verfrüht. Zwar haben die chinesischen Eisenerzimporte im März laut Transportministerium einen neuen Rekordwert von 51 Mio. Tonnen erreicht. Dies jedoch führen wir auf die kurzfristige Aufstockung der zuletzt reduzierten Lagerbestände zurück. Ein zuletzt guter Indikator für die Eisenerzimporte Chinas, der Baltic Dry Index, ist in einem Monat bereits um 35% gefallen, was auf eine stark nachlassende Tendenz bei Eisenerzimporten hindeutet. Eine positive Stellung zum Stahlmarkt fällt angesichts der Tatsache schwer, dass die Stahlproduktion in Deutschland im März um die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr auf den tiefsten Stand seit 50 Jahren zurückfiel.

Der Aluminiumkonzern Alcoa hat gestern erneut wegen "lausiger" Preise massive Verluste für das Q1 2009 gemeldet. Dies bestätigt unsere Meinung, dass bei den gegenwärtigen Preisen ein Großteil der Produktion unprofitabel ist und weitere Produktionseinschnitte notwendig sind. Während Alcoa damit rechnet, dass die Weltaluminiumnachfrage in diesem Jahr um 7% fallen wird, erwarten wir auf der Produktionsseite zweistellige Produktionskürzungen. Zwar haben die LME-Lagerbestände gestern einen neuen Rekordwert von über 3,5 Mio. Tonnen erreicht,wir führen aben den Anstieg in erster Linie auf die Lieferungen "alter" Bestände an die LME zurück, nicht auf die gegenwärtigen Überschüsse. Wir erwarten mittelfristig steigende Aluminiumpreise.


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Agrarrohstoffe

Der Kakaopreis konnte gestern um 4,5% auf 2.664 USD je Tonne steigen, nachdem er am Tag zuvor um knapp 9% eingebrochen war. Die hohe Volatilität der letzten Tage deutet auf eine weiterhin große Rolle von Finanzinvestoren hin. Die Internationale Kakao Organisation (ICCO) erwartet für das nächste Jahr einen Überschuss von mehr als 100 Tsd. Tonnen. Das für dieses Jahr zu erwartende Marktdefizit soll zudem weniger als 100 Tsd. Tonnen betragen und damit nur halb so hoch ausfallen wie bislang erwartet. Die ICCO führt dies auf die Wirtschaftskrise zurück. In Ländern ohne große Schokoladentradition würde der Schokoladen-konsum stark eingeschränkt. Zudem soll das Angebot im nächsten Jahr um etwa 5% steigen. Die ICCO erwartet daher einen Rückgang des Kakaopreises auf bis zu 2.000 USD je Tonne. Wir rechnen für 2009/10 mit einem erneuten Defizit am Kakaomarkt, weil die Nachfrage weniger stark zurückgehen dürfte und rechnen mit einem Preisanstieg auf 2.800 USD in diesem Jahr.


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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst


Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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