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Rohstoffe und Edelmetalle

12.04.2005  |  Claus Vogt
Mitte März fand in München ein gut besuchter Rohstoff- und Goldkongress statt. Insbesondere die Teilnahme der Wall Street-Legende Jim Rogers, der bei dieser Gelegenheit sein sehr empfehlenswertes Buch "Rohstoffe. Der attraktivste Markt der Welt" vorstellte, sorgte für eine dem Thema zur Zeit noch eher selten entgegengebrachte Aufmerksamkeit, auch von Seiten der Presse. Uns selbst wurde bei dieser Veranstaltung die Ehre zuteil, als einer von insgesamt 7 Rednern zum Thema aufzutreten. Unsere Aufgabe war es dabei, die Rolle der Notenbanken in einer Welt steigender Rohstoffpreise zu beleuchten.

Wir nehmen unseren Auftritt bei diesem Rohstoff- und Goldkongress zum willkommenen Anlass, unsere diesbezüglichen Überlegungen, Analysen und Einsichten auch den Lesern unserer "Performance" noch einmal in komprimierter Form zu präsentieren. Schließlich widmen wir uns in unserer Arbeit regelmäßig nicht so sehr den taktischen, kurzfristigen "heißen Tips", sondern stellen immer wieder strategische, langfristige Überlegungen an, um unseren Lesern einen echten Mehrwert zu bieten.

Obwohl die Zeiten nicht zuletzt durch die kurzatmige TV-Börsenberichterstattung scheinbar kurzlebiger geworden sind, hat die strategische Portfolioausrichtung für den langfristigen Anlageerfolg nichts an ihrer Wichtigkeit eingebüßt. Wer immer den Daueroptimisten der Aktienmärkte Ende der 1990er Jahre auf den Leim gegangen ist, hat die Richtigkeit dieser alten Lektion auf schmerzhafte Weise erfahren müssen. Daran ändern auch die stattlichen Kursgewinne an den Aktienmärkten der vergangenen beiden Jahre nichts. Diese Aussage würde um so deutlicher gelten, falls diese Kursgewinne sich, wie von uns erwartet, tatsächlich nur als Bearmarketrallye, also als vorübergehend herausstellen sollten.

Unsere regelmäßigen Leser wissen natürlich, dass wir bereits Anfang des Jahres 2001 das Ende der 20-jährigen Baisse im Edelmetallbereich verkündeten. Etwas später begannen wir damit, auch die Rohstoffmärkte überaus positiv zu interpretieren und auch dort den Beginn einer langfristigen Hausse auszurufen. Gleichzeitig haben wir immer wieder unsere These begründet, warum wir die amerikanischen und europäischen Aktienmärkte nicht mehr als attraktive Investments betrachten, sondern als hoch riskante Gefahrenzonen, die am Beginn langfristiger Baissen stehen. Immer wieder sprachen wir in diesem Zusammenhang von einer Zeitenwende und empfahlen eine klare strategische Neuausrichtung: Weg von den amerikanischen und europäischen Aktienmärkten, hin zu den globalen Rohstoff- und Edelmetallmärkten.

Mitte 2003 schließlich sprachen wir unsere Vermutung aus, auch an den Rentenmärkten der Welt eine Zeitenwende, nämlich den Übergang von einer langfristigen Hausse zu einer langfristigen Baisse erlebt zu haben. Bei Anleihen raten wir seither zu sehr kurzen Laufzeiten und zu größter Vorsicht bei der Auswahl der Schuldner. Bei Aktien empfehlen wir einerseits natürlich die von uns überaus bullish eingeschätzten Sektoren Rohstoffe und Edelmetalle, andererseits den geo-grafischen Schwerpunkt Asien, den eigentlichen Wachstumsmotor der Weltwirtschaft. Wir sehen derzeit keinerlei Hinweise, die uns auch nur an Teilen dieser strategischen Ausrichtung zweifeln lassen würden. Folglich bleiben wir dabei und gehen von einer Fortsetzung dieser vermutlich langfristigen Trends aus. Aufgrund der Finanzmarktgeschichte rechnen wir in den kommenden 10 bis 15 Jahren nicht mit erneuten Trendwenden, sondern lediglich mit zyklischen Gegenbewegungen innerhalb langfristiger Trends. Zeitenwenden sind eben relativ seltene Ereignisse.


Ein Vortrag in München

Doch nun zu unserem Vortrag, dem wir den schönen Titel "Spekulationsblasen und Notenbanken - sind Gold und Rohstoffe die nächsten Kandidaten?" gegeben haben:

Zumindest aus Sicht eines kritischen Beobachters und "contrarian" Anlegers leben wir in wahrhaft außergewöhnlichen Zeiten. Kriege werden Friedensmissionen genannt, Schulden gelten als Wohlstand und ökonomisch nicht zu rechtfertigende Preissteigerungen bei Aktien oder Immobilien werden uns ebenfalls als die Schaffung von Wohlstand verkauft. Und die größten Inflationisten, die die Welt je gesehen hat, die modernen Notenbanken, haben es geschafft, sich der Öffentlichkeit als Währungshüter und Wächter der Stabilität zu verkaufen. Das alles grenzt fast an ein Wunder - ein Wunder moderner Kommunikationstechnik, die früher gerade heraus Regierungspropaganda hieß.

Wir leben in einer Zeit, in der die Gesetze der Ökonomie dank umfangreicher Interventionen und Manipulationen seitens aufgeblähter Staatsapparate scheinbar außer Kraft gesetzt werden können. Wir befinden uns in der wahrhaft erstaunlichen Situation, dass trotz des Zusammenbruchs der Planwirtschaften Osteuropas der Glaube an den Staat und seine Bürokraten ein geradezu lachhaftes Ausmaß angenommen hat. Selbst Naturkatastrophen am anderen Ende der Welt sollen in Zukunft, wenn nicht verhindert, so doch dank staatlicher Weitsicht vorhersehbar gemacht werden - am besten natürlich unter Einsatz deutscher Technik und Krediten der Staatsbank KfW.

In ungewöhnlichen Zeiten kann es helfen, sich auf einige grundlegende Zusammenhänge in Wirtschaft und Gesellschaft zu besinnen, um den Lügenschleier ein wenig zu lüften und am Ende beherzt ausrufen zu können: "Der Kaiser ist ja nackt!"

In diesem Sinne werde ich zunächst einen Abriss der wirtschaftlichen Entwicklungstheorie Schumpeters geben, in der ich ein hervorragendes Modell ökonomischen Fortschritts sehe. Dann schließt sich eine Betrachtung der Theorie des Wirtschaftszyklus an, wie sie zuerst von Ludwig von Mises ausgearbeitet und von Hayek verfeinert wurde. Am Ende dieses relativ theoretischen, aber dennoch - wie ich hoffe - sehr lebendigen Teils beleuchte ich die Rolle der Notenbanken beim Entstehen des Wirtschaftszyklus, mache mir zwischendurch einige Gedanken über die Entstehung von Wohlstand und komme schließlich auf Inflation zu sprechen. Da Spekulationsblasen lediglich eine Ausprägung von Inflation sind, und wir in Zeiten scheinbar permanenter Spekulationsblasen leben, werde ich eine einfache Checkliste vorstellen. Diese kann uns helfen, diejenigen Märkte oder Marktsegmente zu erkennen, die eine ungesunde Überhitzung zeigen und folglich unter Chance-Risiko-Aspekten für Anleger nicht attraktiv sind. Sie kann uns aber gleichermaßen bei der Identifikation von chancenreichen Sektoren als Wegweiser dienen, allerdings lediglich als strategischer Wegweiser, um Trends von 10 bis 20 Jahren aufzuspüren.


Schumpeters Entwicklungstheorie

Alle Jahre wieder kommen die sogenannten Wirtschaftsweisen zu ihren Herren nach Berlin. Sie dürfen für einen ach so kurzen Moment das Blitzlichtgewitter genießen, mit dem die Presse ihrem Auftritt öffentliches Gewicht verleiht. Hände drücken, Schultern klopfen, Schnittchen essen und natürlich politische Kontakte knüpfen, das ganze schaurige Gehabe moderner Politik-Beratung steht auf dem Programm. Der offizielle Höhepunkt ist natürlich die Überreichung des "Jahresgutachtens".

Eine Durchsuchung des dankenswerterweise als pdf-Dokument vorliegenden "Gutachtens" des Jahres 2004 nach dem Wort "Schock" zeigt nicht weniger als 218 Fundstellen. Damit trifft uns im Durchschnitt auf jeder fünften Seite des "Gutachtens" ein Schock. Wir lesen von Ölpreisschocks, Wechselkursschocks, Nachfrageschocks und Angebotsschocks, von Technologieschocks, Preisschocks und Geldmarktschocks, von Schockperioden gar, was immer das auch sein mag. Die Bedrohung scheint also immer irgendwie von außen zu kommen. Wie kann das sein, wo Wirtschaft und Gesellschaft doch bis auf ganz wenige Ausnahmen wie beispielsweise Naturkatastrophen das Ergebnis menschlichen Handelns sind? Da diese von Schocks geprägte Sichtweise der Welt sich mit meinen Erfahrungen in dieser Welt nicht deckt, habe ich Mitte der 1990er Jahre begonnen, nach besseren Erklärungen zu suchen. Fündig wurde ich zunächst bei Joseph Schumpeter. Dieser große Ökonom entwarf vor fast 100 Jahren eine kapitalistische Entwicklungstheorie, die ohne externe Schocks bestehen kann.

Im Zentrum dieses Modells stehen Unternehmer, rührige Menschen mit Ideen, Zielen und Plänen, und die von solchen Leuten ersonnenen Innovationen. Letztere ermöglichen den Unternehmern das Abschöpfen sogenannter Pioniergewinne, die gewissermaßen den pekuniären Anreiz für das kreative Tätigwerden unternehmerischer Persönlichkeiten darstellen. Bekanntlich schläft die Konkurrenz in einer kapitalistischen Gesellschaft nicht, sondern sie beobachtet den ihr vertrauten Sektor sehr genau, um den Anschluss nicht zu verlieren. Auf diese Weise lockt der Erfolg der Innovation frühe Nachahmer an, die für eine schnelle Durchsetzung der Neuerung am Markt und damit für die Entstehung eines Booms sorgen. Dieser wiederum erregt nun auch die Aufmerksamkeit jener potenziellen Unternehmer, die mit der boomenden Branche bisher wenig oder gar nichts zu tun hatten.

Wir können sie die Spätkommer und Seiteneinsteiger nennen. Sie begehen einen typischen und systematischen Fehler, indem sie den Boom und die Pioniergewinne extrapolieren. Auf dieser falschen Voraussetzung aufbauend verstärken sie den bestehenden Investitionsboom und bauen Fehl- bzw. Überkapazitäten auf. Sobald diese den Markt erreichen, nimmt der Konkurrenzdruck deutlich zu und die Preise beginnen zu fallen. Der Boom kommt zu einem harten Ende, ein Abschwung schließt sich an. Falls die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Innovation sehr groß ist, wird auch der Abschwung entsprechend umfangreich ausfallen, man spricht dann von einer Rezession oder einer Depression.

Diese Theorie der durch Innovationen und typisches menschliches Handeln ausgelösten Auf- und Abschwünge der Wirtschaft konnten wir - Stichwort Neuer Markt in Deutschland - um die Jahrtausendwende geradezu in Reinkultur beobachten. Allerdings beschreibt sie nur, anstatt zu erklären. Insbesondere drängt sich natürlich sofort die Frage auf, wieso es immer wieder zu massenhaften Fehlplanungen der Unternehmer kommen soll.

"Aber Unternehmer sind doch im Unterschied zu vielen Politikern gewöhnlich weder blöd noch auf die gezielte Irreführung ihrer Kunden aus", werden Sie vielleicht einwenden. "Der von Schumpeter beschriebene Prozess ist einsichtig und klar, und zumindest manche Menschen sind lernfähig. Wieso sollen ausgerechnet die unternehmerisch denkenden, klugen und anpackenden Gestalter unserer Welt immer wieder massenweise und in geradezu Lemming-artiger Weise Fehlentscheidungen treffen?"




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