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Trichet redet den Euro schwach - ermutigende Indikatoren aus China!

17.04.2009  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.3090 (07.20 Uhr), nachdem Trichets Einlassungen zu Tagestiefstkursen bei 1.3068 geführt hatten. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 99.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 130.10 und EUR-CHF oszilliert bei 1.5110.

Herrn Trichet verdanken wir heute morgen, dass das Unterstützungsniveau bei 1.3100 unterschritten wurde. Chapeau, Herr Trichet. Herr Trichet betonte in Tokio, der Euro sei schwach und würde die gegenwärtige Situation nicht reflektieren.

Keine Frage, mit einem historischen Minus von mehr als -18% in der Industrieproduktion wäre es fatal, von einem starken Euro zu sprechen. Das geben die Daten nicht her. Es kommt jedoch nicht nur auf die Daten der Eurozone an, sondern auf den relativen Vergleich.

Der Blick auf Japan mit -38% Industrieproduktion verdeutlicht, dass die Eurozone recht formidabel reüssiert.

Der Blick in die USA, bleibt ein Blick in tiefste Abgründe. Neben konjunkturellen Sorgen stehen strukturelle Probleme im Vordergrund, die keiner kurzfristigen Lösung zugeführt werden können. Eines dieser strukturellen Defizite betrifft die Gesamtkonstellation der Wirtschaft, explizit der zu hohe Konsum- und der zu geringe Produktionsanteil (darüber hinaus das Problem "asset driven versus income driven economy").

Herr Trichet sollte sich freuen, nicht mit den Problemen Japans, der USA oder des Vereinigten Königreichs konfrontiert zu sein.

In dieser Lage als EZB-Präsident, den Euro schwach zu reden, bedeutet implizit nicht anderes, als dass die EZB in Persona Trichet offensichtlich ein nicht unerhebliches Aufwertungspotential des Euros in den kommenden Monaten befürchtet, dem vorzeitig mit Verbalakrobatik entgegen gewirkt werden soll. "At least - food for thought!"

Chinas (drittgrößte Wirtschaftsnation nach USA und Japan) Datenkranz lieferte Daten, die Zuversicht auf eine Ende des freien Falls der globalen Wirtschaft rechtfertigten: Das BIP Chinas legte per 1. Quartal 2009 um 6,1% nach zuvor 6,8% im Jahresvergleich zu. Damit wurden Analystenannahmen leicht übertroffen. Damit wurde zwar das niedrigste Niveau seit 1999 markiert. Gleichwohl bleibt es im internationalen Vergleich bei einem hohen Wachstumspfad während dieser ausgeprägtesten Krise seit 1929.

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Die Industrieproduktion legte per März unerwartet stark von zuvor 3,8% auf 8,3% im Jahresvergleich zu. Per 1. Quartal kam es im Jahresvergleich damit zu einem Anstieg der Produktion um 5%. Die Unterschiede zu den westlichen Ländern könnten nicht augenfälliger sein! Ist schon klasse, wenn man nicht am westlichen Finanzierungstropf hängt. Das liefert steile Lernkurven für Osteuropa und das Baltikum …

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Einzelhandelsumsätze nahmen per März im Jahresvergleich um 15,0% nach zuvor 15,2% per Februar zu. Mithin bleibt es bei soliden Zuwächsen in diesem Sektor. Auch hier hebt sich China wohltuend von den industrialisierten Ländern der ersten Welt ab.

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"Fixed Asset Investment" verbuchte im Jahresvergleich per März 2009 in China einen Zuwachs um 28,6% nach zuvor 26,5% per Februar. Mithin ist hier eine zunehmende Aktivität erkennbar.

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Insgesamt dominierten positive Überraschungen in der Breite bei diesen Veröffentlichungen aus China. Die Protagonisten, die sich gestern noch im tiefsten Prognosemoll bewegten, dürfen die sich verbessernde Datenlage als Herausforderung interpretieren. Der IWF legt hier vor. IWF Strauss-Kahn sagte, der freie Fall der globalen Wirtschaft könne sich derzeit abschwächen. 2009 bleibe aber ein schwieriges Jahr.

Wenden wir uns damit den US-Veröffentlichungen der letzten beiden Tage zu. An dieser Stelle bitte ich um Verständnis dafür, dass der gestrige Report nicht erstellt werden konnte.
  • 1. Verbraucherpreise März. Im Monatsvergleich ergab sich ein Rückgang um 0,1%. Im Jahresvergleich stellte sich ein Minus in Höhe von 0,4% ein.

  • 2. Der "NY-Empire State Manufacturing Survey" per April lieferte einen unerwarteten Anstieg von -38,2 auf -14,6 Punkte. Die Prognose war bei -35,0 Punkten angesiedelt.

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  • 3. Die Industrieproduktion wartete per März mit einem unerwarteten Rückgang um 1,5% auf (Prognose bei -1,0%). In der Folge sank die Kapazitätsauslastung auf sklerotische 69,3%.

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  • 4. Der "NAHB-Index" per April legte unerwartet von revidiert 9 auf 14 Punkte zu (Prognose 10 Punkte). Mithin zeichnet sich bei diesem Frühindikator des US-Wohnungsbaumarkts eine Bodenbildung auf sehr mäßigem Niveau ab. Auffällig war bei diesem Index, dass alle Subkomponenten positive Ergebnisbeiträge lieferten. Hinsichtlich der Tatsache, dass das Niveau von 50 Punkten die neutrale Schwelle definiert, ist von Euphorie bei diesem Indexstand abzusehen. Hoffnungswerte auf eine Besserung sind jedoch berechtigt!

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  • 5. Das "Beige Book" per April beschrieb eine sich weiter verschlechternde Wirtschaftslage in den USA. Es ergaben sich keine "Überraschungen" in der Bestandsaufnahme.

  • 6. Die Arbeitslosenerstanträge per 11. April 2009 sanken unerwartet von zuvor 663.000 auf 610.000. Mithin bietet sich hier ein "zartes" Signal einer sich verstetigenden Situation am USArbeitsmarkt, das jedoch in den kommenden Wochen eine Bestätigung erfordert.

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  • 7. Die Neubaubeginne in den USA enttäuschten per März mit einem Rückgang von zuvor 572.000 auf 510.000 Objekte auf annualisierter Basis. Die Baugenehmigungen sanken von zuvor 564.000 auf 513.000 und markierten damit den niedrigsten Stand in der Historie.

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  • 8. Der Philadelphia Fed Survey per April legte unerwartet stark von -35,0 auf -24,4 Zähler zu. die Subindices boten ein divergentes Bild, das etwas weniger überzeugen konnte.

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Insgesamt ergab sich in den USA ein überwiegend positiveres Bild, als von Analysten im Vorwege prognostiziert, oder anders ausgedrückt: Der Schwalbenflug nimmt in der Tendenz leicht zu.

Gestern wurden auch die Verbraucherpreise der Eurozone per März veröffentlicht. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 0,6% nach zuvor 1,2% per Februar. Das Thema Disinflation ist derzeit populär.

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Die Industrieproduktion der Eurozone sank per Februar im Monatsvergleich um 2,3% nach zuvor - 2,4%. In der Folge stellte sich im Jahresvergleich ein Rückgang um 18,4% ein. Der Begriff schwere Rezession ist für diesen Sektor der Wirtschaft der Eurozone zulässig.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD nach dem deutlichen Bruch der unterstützung bei 1.3100 leicht favorisiert. Ein nachhaltiges Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.3170 - 1.3200 neutralisiert den leicht negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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