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EU-Prognosen liefern tiefstes Moll, Weber (EZB) zeigt sich bezüglich ...

05.05.2009  |  Folker Hellmeyer
EU-Prognosen liefern tiefstes Moll, Weber (EZB) zeigt sich bezüglich Aufhellung skeptisch!

Der Euro eröffnet bei 1,3374 nachdem wir im späten New Yorker Handel und heute Morgen in Asien die 1,34 kurz übersprungen haben. EURJPY eröffnet bei 132,20 und hat damit nach wie vor Chancen, den Bereich um 134 schnell zu erreichen.

Der Wochenanfang war dominiert von der EU-Prognose. Laut der EU-Kommission wird die Wirtschaft der EU als auch der Eurozone per 2009 um 4,0% schrumpfen. Bisher lag die Prognose bei "nur" -1,8%.

Für Deutschland ist die Prognose bei -5,4% angesiedelt. 2010 soll es zu einer Zunahme um 0,3% kommen.

Per 2010 wird für die Eurozone eine Kontraktion in der Größenordnung von 0,1% erwartet. Hintergrund dieser Prognose ist die Erwartungshaltung, dass die Banken die "faulen" Wertpapiere erfolgreich entsorgen und sich rekapitalisieren oder rekapitalisiert werden.

Das Thema staatliche Neuverschuldung treibt ein gutes Stück weit Tränen in die Augen. Per 2009 wird ein Gesamtdefizit der Eurozone bei 5,3% unterstellt. Im Jahr 2010 soll sich das Defizit dann auf 6,5% des BIP stellen. Für Deutschland liegen die Prognosewerte bei 3,9% per 2009 und bei 5,9% per 2010.

Bevor wir jedoch zu sehr auf uns selbst mit dem Finger zeigen, schauen wir freundlich in Richtung USA und stellen fest, dass nach nur sieben Monaten des laufenden Fiskaljahres die Neuverschuldung bei 1.215 Mrd. USD oder 8,6% des BIP liegt. Auf das Jahr hochgerechnet zielen die USA in Richtung 15% des BIP. Nun denn, da fühlen wir uns in Europa wie die Stabilitätsmeister, die Tränen sind vertrocknet …!

Als nachlaufender Indikator liefert die Arbeitsmarktstatistik belastenden Einfluss. In der Eurozone soll die Quote per 2009 9,9% erreichen. 2010 ist ein weiterer Anstieg auf 11,5% unterstellt. Deutschland schneidet bei diesen Prognosen vergleichsweise gut ab. 2009 soll die Quote bei 8,6% auslaufen und 2010 10,4% erreichen.

Wir nehmen die Prognosen zur Kenntnis und fragen uns, ob die EU-Kommission die Stabilisierung in China erwartete und ob die aktuellen stabileren Daten aus den industrialisierten Ländern voll berücksichtigt sind.

Axel Weber, seines Zeichens Chef der Deutschen Bundesbank und EZB-Direktoriumsmitglied, nimmt die derzeitige Erholung an den Interbankenmärkten und internationalen Aktienmärkten wahr. Für ihn ist eine Hand voll von Hoffnungsschimmer jedoch kein verläßliches Zeichen dafür, dass die Weltwirtschaft aus dem Gröbsten heraus ist. Dem rasanten Abschwung werde keine annähernd so starke Erholung folgen. Er konstatiert, dass sich die Rezession in Deutschland mit einem verminderten Tempo fortsetzt. Er erwartet keine positiven Wachstumsraten vor der zweiten Hälfte kommenden Jahres. Der BIP-Rückgang im 1. Quartal 2009 werde deutlicher ausfallen als der Rückgang im 4. Quartal 2008.

Nach diesem Prognosepotpourri in tiefem Moll fragen wir uns, wie gut die Prognosen der EU,. des EZB-Stabs und diverser anderer wissenschaftlicher Institutionen in der jüngeren Vergangenheit waren. Das Urteil ist wenig ermunternd und fällt äußerst ernüchternd aus.

Lassen Sie mich ein wenig ökonomisches Lokalkolorit aus dem Kölner Umfeld als Stimmungsaufheller berichten. Meine Frau und ich verbrachten das erste Maiwochenende in dieser Region. Ein Bekannter arbeitet in der Metall verarbeitenden Industrie.

Nachdem zum Jahreswechsel massivste Einbrüche zu verzeichnen waren, hat sich die Auftragsund Produktionstätigkeit in diesem international tätigen Unternehmen des Mittelstands nachhaltig erhöht. Die verordnete Kurzarbeit führt mittlerweile zu Engpässen und ist sachlich längst deutlich überholt. Na gut, welches Unternehmen nimmt eine öffentliche Subvention des Produktionsfaktors Arbeit nicht gerne in Anspruch …

Das gilt übrigens nicht nur für sein Unternehmen, sondern auch für ein Unternehmen der Elektronikbranche in unmittelbarer Nähe.

Nun ist dies fraglos "anecdotal evidence" und kann nicht einfach auf die Gesamtwirtschaft extrapoliert werden. Es zeigt sich aber dennoch, dass der konjunkturelle "Blues" derzeit ein wenig zu laut tönt!
  • Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone für das produzierende Gewerbe verbesserte sich per April von zuvor 33,9 auf 36,8 Punkte. Die Prognose war bei 36,7 Zählern angesiedelt. Die Unternehmen bauen die Lager in Rekordtempo ab. Die Neuaufträge bewegen sich weiter im Minus. Der Index stieg jedoch binnen Monatsfrist wie nie seit Umfragebeginn. Anzeichen einer Bodenbildung verstärken sich.

  • Die US-Bauinvestitionen per März konnten im Monatsvergleich mit einem leichten Anstieg um 0,3% die Erwartungen von -1,7% deutlich schlagen. Getragen wurde der Anstieg durch die Gesamtheit der öffentlichen Ausgaben, die um +1,1% zum Vormonat gestiegen sind; damit zeigt das ARRA-Programm (The American Recovery and Reinvestment Act) erste Wirkung. Der Euro sprang zugleich von seinen Tagestief bei knapp unter 1,3220 einen Cent hoch.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3100 -30 neutralisiert den positiven Bias.

Support bietet für den heutigen Tag der Bereich um 1,3320. Ein Test der 1,34 bzw. 1,3430 ist wahrscheinlich.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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