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Ölpreis erstmals seit einem halben Jahr über 60 USD

20.05.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis kann am Morgen bis auf 60,65 USD steigen, den höchsten Stand seit sechs Monaten. Ein Feuer legte gestern die Benzinproduktion in einer US-Raffinerie lahm. Dies ist der zweite derartige Zwischenfall innerhalb weniger Tage. Dadurch steigen die Sorgen vor Angebotsengpässen kurz vor dem offiziellen Beginn der Sommer-Fahrsaison in der kommenden Woche. Als preisunterstützend erwies sich auch der vom American Petroleum Institute (API) am Abend gemeldete kräftige Rückgang der US-Rohöllagerbestände um 4,5 Mio. Barrel in der vergangenen Woche.

Heute veröffentlicht das US-Energieministerium (DOE) die einflussreichen Lagerbestandsdaten. Laut Bloomberg-Umfrage sollen sowohl die Rohöl- als auch die Benzinvorräte zum zweiten Mal in Folge um 1,2 Mio. Barrel bzw. 1,4 Mio. Barrel gesunken sein (siehe Tabelle). Der Anstieg der Rohölpreise von 45 auf 60 USD je Barrel während des vergangenen Monats geschah eher aufgrund der Aktienmärkte und eines schwächeren US Dollar. Auf Dauer wird es nicht ausreichen, sich allein darauf zu verlassen. Wir glauben, dass die Lagerbestände zum Jahresende auf ein ausreichend niedriges Niveau gefallen sein werden, um einen Ölpreis von 70 USD je Barrel zu rechtfertigen.

US-Präsident Obama fährt mit den Initiativen zur Nachhaltigkeit fort. Ab 2016 dürfen nach dem neuesten Plan die neu zugelassenen Pkws in den USA statt aktuell 9,2 Liter nur 6,6 Liter pro 100 km verbrauchen. Die steigende Verbrauchseffizienz sollte langfristig den Effekt der steigenden Nachfrage aus den Schwellenländern und einer möglichen Angebotsverknappung wegen mangelnder Investitionen verringern. Nach Informationen des WSJ schätzt die IEA, dass derzeit Projekte im Wert von 170 Mrd. USD gekündigt oder verzögert werden. Auch ist es denkbar, dass China, das bereits strenge Vorgaben und Ziele zur Beimischung von Biokraftstoffen beschlossen hat, ähnliche umweltfreundliche Initiativen verabschiedet.

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Edelmetalle

Der Goldpreis konnte dank eines schwächeren US-Dollar um 1% auf 930 USD je Feinunze steigen. Damit nähert sich Gold wieder dem 6-Wochenhoch von Anfang der Woche. Die Stärke des Goldpreises ist beachtlich. Der Risikoappetit liegt gemessen am VIX-Index wieder auf dem Niveau, welches vor dem Zusammenbruch von Lehman Brothers vor acht Monaten Bestand hatte. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass sich die Investmentnachfrage in den vergangenen Tagen und Wochen spürbar beruhigt hat. Die Goldbestände von SPDR Gold Trust verharren seit einer Woche bei 1.105,6 Tonnen. Im ersten Quartal war das noch ganz anders.

Laut World Gold Council und GFMS stieg die Goldnachfrage in den ersten drei Monaten des Jahres um 38% gegenüber dem Vorjahr auf 1.015,5 Tonnen. Maßgeblich hierfür war vor allem die Investmentnachfrage, welche sich mit 596 Tonnen mehr als verdreifachte. Dadurch konnte der Rückgang der Schmucknachfrage um 24% auf 339,4 Tonnen mehr als ausgeglichen werden. Wir sehen nach wie vor Rückschlagsrisiken bei Gold, sobald die Unterstützung durch den US-Dollar nachlässt.


Industriemetalle

Gestern sind die LME-Lagerbestände für Aluminium massiv um 123,55 Tsd. Tonnen zum ersten Mal über 4 Mio. Tonnen gestiegen. Heute steigen sie um weitere 80 Tsd. Tonnen. Dabei helfen nicht einmal die Reservekäufe Chinas, die seit Dezember rund 600 Tsd. betragen haben dürften. Nun fördert auch die chinesische Provinz Henan den Lageraufbau von 500 Tsd. Tonnen Aluminium, indem die lokale Regierung die Kreditlast der Aluminiumhersteller in Höhe von bis zu 150 Mio. RMB bzw. 22 Mio. USD für die nächsten sechs Monate übernimmt. Wir glauben, dass die derzeitigen Unterstützungsversuche bei Aluminium scheitern.

Auf der anderen Seite verzeichneten die LME-Kupferlagerbestände erneut einen Rückgang um 7,35 Tsd. Tonnen. Aber auch die Anzahl der gekündigten Lagerscheine bei Kupfer ist um 7,38 Tsd. Stück zurückgegangen. Dies deutet u.E. darauf hin, dass die chinesischen Reservekäufe bereits am Auslaufen sind und sich auch die Arbitragemöglichkeiten wegen der Annäherung der Preise in Shanghai und an der LME stark verringert haben. Die gegenwärtige fundamentale Lage unterstützt den Aufwärtstrend bei Kupfer nach unserer Ansicht nicht. Gestern sind die Baubeginne in den USA auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnung vor 50 Jahren gefallen.

Der Bausektor ist der größte Anwendungsbereich für Kupfer und die USA sind nach wie vor der zweitgrößte Kupferverbraucher weltweit. Bei Kupfer rechnen wir weiter mit einer starken Preiskorrektur in den kommenden Wochen.


Agrarrohstoffe:

Der USDA-Bericht zum Stand der Anpflanzungen sorgte nur kurzzeitig für Druck auf die Getreidepreise. Der Maispreis nähert sich wieder dem Hoch von Anfang Januar von 4,29 USD je Scheffel. Der Preis für Sojabohnen handelt bereits auf einem 8-Monatshoch von 11,70 USD je Scheffel. Aufgrund der späten Aussaat Ernteausfälle kaum noch zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für Mais, wo die Entwicklungsphase der Pflanze sehr lang ist. Weizen konnte erstmals seit Ende Januar die Marke von 6 USD je Scheffel überwinden.

Das schlechte Wetter der vergangenen Wochen hatte bereits spürbare Auswirkungen auf die Qualität von US-Winterweizen, dessen Ernte gerade anläuft. Texas, welches zu den drei größten US-Anbaustaaten für Winterweizen zählt, ist dabei besonders betroffen. Laut USDA wird die Winterweizenernte in Texas zu 50% als sehr schlecht und zu 23 % als schlecht eingeschätzt. In Oklahoma, einem weiteren bedeutenden Staat für den Anbau von Winterweizen, liegen diese Zahlen bei 31% bzw. 32% nicht wesentlich besser. Entsprechend rechnet das USDA mit Ernteeinbußen von 35% in Texas und sogar 52% in Oklahoma. Die bisherige USDA-Prognose eines Produktionsrückgangs bei Winterweizen um 20% in diesem Jahr könnte sich daher als zu optimistisch erweisen. Die Aussichten auf eine schlechte US-Ernte könnten die Weizenpreise an der CBOT über 6 USD steigen lassen. Im vergangenen Jahr wurden in den USA 1,9 Mrd. Scheffel Winterweizen geerntet, das entsprach drei Viertel der gesamten US-Weizenproduktion.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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