Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Finanz- und Rohstoffmärkte in Wartestellung

09.06.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis hat sich seit Mitte Februar verdoppelt und unser Kursziel für dieses Jahr bei 70 USD je Barrel erreicht. Eigentlich ist der Markt nach einem solch rasanten Anstieg für kurzfristige Korrekturen anfällig, zumal die Aktienmärkte seit ein paar Tagen konsolidieren und der US-Dollar wieder Stärke zeigt. Dennoch hält sich der Ölpreis im Vorfeld der wichtigen Berichte zur Entwicklung der Angebots-/ Nachfragesituation diese Woche bei 69 USD recht stabil.

Die jüngsten Parallelen zwischen dem US-Dollar und dem Ölpreis erklären sich damit, dass der Markt zunehmend mit einer Konjunkturerholung rechnet und damit auch höheren Zinsen bzw. einem steigenden Ölbedarf. Ganz so einfach ist dies bei einem Konsumgut wie Rohöl allerdings nicht. Denn die Nachfrage ist insbesondere im Lichte der gestiegenen Preise für Ölprodukte anfällig. So will z.B. Cosmo Oil aus Japan im Juni nur noch 1,64 Mio. Kiloliter Rohöl bzw. 344 Tsd. Barrel täglich und im Juli 2,15 Mio. Kiloliter bzw. 436 Tsd. Barrel täglich verarbeiten. Dies entspricht einem Rückgang um 20,7% bzw. 6,2% zum Vorjahr, was sowohl auf die Wartungsarbeiten als auch eine schwache Nachfrage zurückzuführen ist.

Heute veröffentlicht die EIA als erste ihren Bericht zur Angebots-/Nachfragesituation bei den Energieträgern. Morgen und übermorgen folgen die IEA und die OPEC. Außerdem wird heute nach dem Börsenschluss das API seine Zahlen zu den Lagerbeständen in den USA vorlegen. Der Markt sucht derzeit offensichtlich nach Gründen, um die Marke von 70 USD erneut zu testen. Sollte die DOE/EIA die Nachfrageprognosen anheben oder die API-Lagerbestände für Rohöl ggü. Vorwoche einen Rückgang verzeichnen, könnte dies als Begründung reichen.

Offensichtlich haben der massive Ölpreisrückgang im Vorjahr und die fehlenden Investitionen viele Regierungen noch nicht das Fürchten gelehrt: Jetzt beabsichtigt auch Ecuador strengere Regeln für die ausländischen Ölgesellschaften einzuführen. Solche Einschränkungen dürften langfristig negative Auswirkungen auf die Produktionsentwicklung haben.


Edelmetalle

Im Einklang mit der Stabilisierung des US Dollar bei 1,40 EURUSD kann sich Gold bei der Marke von 950 USD je Feinunze etablieren. Wir denken, das Gold in den kommenden Wochen weiteres Rückschlagspotenzial hat, sofern der Dollar weiter an Stärke gewinnen kann. Nicht nur eine stagnierende Investmentnachfrage belastet, auch die Schmucknachfrage ist angesichts der hohen Preise schwach: Händler berichten von einer stagnierenden Nachfrage in Abu Dhabi im Mai, während die Umsätze in Dubai sogar um 40% gegenüber Vorjahr gefallen sind. Insgesamt lag die Nachfrage im Mittleren Osten gemäß GFMS im ersten Quartal 26% niedriger als im Vorjahr. Andererseits: Fallende Goldpreise dürften vor dem Hintergrund der schwachen physischen Nachfrage in den letzten Monaten zu einer Belebung dieser Nachfragekomponente führen, was der von uns erwarteten Korrektur am Goldmarkt bei 850 USD je Feinunze Grenzen sollte.


Industriemetalle

Aluminium, das zuletzt deutlich hinter den anderen Industriemetallen blieb, hat ein neues 6-Monatshoch bei über 1600 USD aufgestellt. Zwar bleiben die Lagerbestände auf einem Rekordniveau, allerdings hat sich der Schrottmakrt merklich eingeengt. Auch sind jetzt die Zuschläge am japanischen Markt erstmals in diesem Jahr gestiegen, was man in erster Linie auf die Ankündigung Rusals, des weltgrößten Aluminiumproduzenten, zurückführt, im 3. Quartal die Lieferungen zu reduzieren. Rund 30% der Aluminiumimporte Japans stammen aus Russland.

Open in new window


Nach dem Motto "Das Schlimmste liegt hinter uns" hat sich der Nickelpreis seit Ende März um fast 50% verteuert und kann sich derzeit über 14000 USD gut behaupten, ein Niveau, das wir trotz einer sehr positiven Haltung zu Nickel erst fürs 4. Quartal 2009 vorausgesehen haben. Nachdem im 1. Quartal die Produktion von Edelstahl laut dem International Stainless Steel Forum mit 4,8 Mio. Tonnen so niedrig war wie zuletzt im Jahr 2000, erwartet der Markt offensichtlich eine baldige Nachfragebelebung. Außerdem ist der Anteil an austenitischen Edelstählen (200er und 300er Serien, die Nickel einsetzen), zuletzt sogar gestiegen.


Agrarrohstoffe:

Kurzfristig dürfte die Entscheidung Chinas, ob man 3 Mio. Tonnen Mais aus der Reserve zum Verkauf freigibt, um die Situation bei den Verarbeitern zu entspannen, den Maispreis belasten. Allerdings ist die Menge angesichts der Jahresnachfrage Chinas von rund 90 Mio. Tonnen und der gegenwärtigen Lagerbestände in China, die laut Schätzungen von Shanghai JC Intelligence rund 54 Mio. Tonnen betragen, sehr gering.

Eine stärkere Belastung sind tendenziell die beschlossenen Steuerrückerstattungen von 5% für die Maisprodukt-Exporte aus China, wie z.B. Maisstärke und Ethanol. China ist trotz einer rasant steigenden Binnennachfrage ein großer Maisexporteur. Dennoch bleiben wir bei Mais zuversichtich, weil der größte Maisproduzent und -exporteur, die USA, aufgrund der späten Aussaat und geringerer Anbauflächen zum Ende dieses Erntejahres einen Rückgang der Lagerbestände um knapp 35% verzeichnen sollte. Eine neue Schätzung dazu kommt morgen vom USDA.

Die Sojabohnenpreise erneuern täglich ihre 9-Monatshochs. Dabei ist der Blick des Marktes offensichtlich vor allem auf die aktuelle Knappheitssituation gerichtet. Die morgige Mitteilung seitens des USDA dürfte zusätzlich Öl ins Feuer geben. Denn der Konsens rechnet mit einer erneuten Revision der Lagerbestände von 205 Mio. Scheffel im Vorjahr auf nun 113 Mio. Wir gehen jedoch davon aus, dass viele negative Überraschungen, wie z.B. die niedrige Produktion in Südamerika ausreichend eskomptiert sind. Auch blieben zuletzt die US-Sojabohnenexporte stark hinter den Erwartungen zurück, wobei statt der erwarteten Netto-Exporten von 200-500 Tsd. Tonnen die USA letzte Woche sogar Netto-Importe von 23,9 5 Tsd. Tonnen bekanntgaben, nachdem mehrere Bestellungen einschließlich deren von China und Japan storniert wurden.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

Open in new window


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"