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Wiederholt sich die Geschichte?

12.06.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Nichts kann anscheinend dem Ölpreis gegenwärtig zusetzen. In der Reaktion auf die unterschiedlichen Nachrichten sowie die Marktereignisse und die Entwicklungen bei anderen Anlageklassen oder in der Wirtschaft scheint sich der Ölmarkt ausschließlich auf die positive Seite zu fokussieren. Dies erinnert sehr an das Verlaufsmuster im Vorjahr, als der Ölpreis sogar ungeachtet fallender Aktienmärkte und teilweise eines stärkeren US-Dollar gestiegen ist. Es mag ja zwar nicht eine perfekte Harmonie zwischen den beiden Verlaufsmustern zu herrschen aber die Begründung, die Treibfedern, die Akteure und vor allem das Tempo sind denen damals sehr ähnlich (Grafik des Tages).

Die aktuelle Angebots-/Nachfragesituation scheint niemanden zu beschäftigen. Wie kann man sonst erklären, dass die Nachricht, dass in den USA in der Vorwoche statt der erwarteten 615 Tsd. Arbeitslosenanträge "nur" 601 Tsd. gestellt wurden, zum Ölpreisanstieg führt? Oder glaubt jemand ernsthaft, dass dies einen signifikanten Einfluss auf die Nachfrage haben wird? Die schnellen Preisbewegungen bestätigen uns in der Annahme, dass sich Anleger vermehrt aufs "Ölparkett" wagen und aktuell viel heiße Luft bzw. zu hohe Erwartungen gehandelt werden.

Man muss allerdings anerkennen, dass sich nicht nur das charttechnische Bild, sondern auch die Nachrichtenlage zuletzt entscheidend verbessert haben. So fielen laut US-Energie-ministerium die Rohöllagerbestände in der Vorwoche um 4,4 Mio Barrel; ein Anstieg um 100 Tsd. Barrel war erwartet. Diese Daten sollte man jedoch mit Vorsicht genießen und vielmehr die Qualität der Konsensschätzungen hinterfragen. Denn zum einen ging der Rückgang auf die geringeren Importe zurück. Zum anderen gehen die Rohölbestände seit eh und je im Sommer saisonal bedingt zurück.

Auch die erste Anhebung der Ölnachfrageprognosen durch die IEA seit Septmber 2008 überrascht nicht sonderlich. Schließlich war die IEA unter allen Agenturen mit Abstand am negativsten gestimmt. Man solle außerdem auch die Angebotsseite nicht außer Acht lassen. Laut Oil Movements wird die OPEC ihre Exporte im Juni wieder um 0,6% erhöhen. Kurzfristig dürfte der Preisanstieg aufgrund des „Momentums“ zwar anhalten. Mittlfristig baut sich jedoch ein massives Rückschlagspoztenzial auf.

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Edelmetalle

Bei Gold sind zuletzt auch die "Bullen" etwas müde und vorsichtig geworden. Sogar Paul Walker, der Chef des Research-Dienstleisters GFMS, der eigentlich positiv zu Gold eingestellt war und vor kurzem sogar einen Preisanstieg auf bis zu 1300 USD je Unze in diesem Jahr vorausgesagt hat, wurde allmählich pessimistischer und rechnet mit einem baldigen Ende der langfristigen Goldhausse. Man hat genügend Gründe derzeit vorsichtiger am Goldmarkt zu agieren. Ungeachtet der Marktreaktionen ist die Gefahr einer stärkeren Inflation auf mittlerere Sicht gebannt. Auch die Schmucknachfrage bleibt nach wie vor sehr schwach, weil Goldschmuck ein Luxusgut ist und in einer Wirtschaftskrise wenig nachgefragt wird. Aus unserer Sicht dürfte sich Gold mittelfristig im Bann des US-Dollar bleiben.


Industriemetalle

China hat im Mai erstmals über 400 Tsd. Tonnen Kupfer importiert. Mit 422,7 Tsd. Tonnen lag der neue Rekord 5,7% höher als der Rekordwert vom April. Insgesamt lagen die Kupferpimporte in den ersten fünf Monaten laut der chinesischen Zollbehörde mit 1,76 Mio Tonnen rund 53% höher als im Vorjahr. Viele Faktoren haben dazu beigetragen. Zum einen ist die Produktion im Mai weiter um 2% gefallen. Zum anderen sind die Importe von Kupferschrott massiv um 40% auf 1,46 Mio Tonnen eingebrochen – im Vorjahr waren sie im gleichen Zeitraum mehr als doppelt so hoch wie die Importe an Rohkupfer und Kupferprodukten.

Aber vor allem dürften dazu die massiven Lagerumschichtungen nach China wegen der hohen Reservekäufe Chinas beigetragen haben. Wir glauben, dass sich die Reservekäufe Chinas dem Ende zuneigen. Außerdem bleibt die Nachfrage außerhalb Chinas sehr schwach. So gingen im April die Kupferimporte in die USA, den zweitgrößten Kupferverbraucher weltweit, sogar im Vergleich zum Vormonat um 33% auf 54 Tsd. Tonnen zurück. Wir bleiben bei Kupfer skeptisch.

Nach der jüngsten Preisanhebung der US-Stahhersteller haben auch die US-Bleihersteller, angeführt von Doe Run, eine Bleipreiserhöhung von zuvor 75 US¢/Pfund bzw. 1650 USD/Tonne auf 90 US¢/Pfund bzw. 2000 USD/Tonne angekündigt. Der LME-Bleipreis liegt bei rund 1800 USD/Tonne. Die Situation bei Blei ist etwas besser als bei anderen Metallen, weil Blei wegen der hohen Nachfrage nach Ersatzbatterien weniger konjunkturabhängig ist. Auch haben die LME-Lagerbestände nicht einmal das Vorjahreshoch erreicht. Dennoch scheint das Potenzial trotz unserer langfristigen positiven Haltung, ausgereizt. Blei hat sich seit Dezember verdoppelt.


Agrarrohstoffe:

Die USDA-Schätzungen am Mittwoch haben wie von uns erwartet kurzfristig zum Anstieg der Sojabohnenpreise beigetragen. Vor allem die Revision der Lagerbestände vor der Ernte im Herbst auf nur noch 110 Mio Scheffel von zuvor 130 Mio wurde vom Markt positiv aufgenommen. Damit werden die Lagerbestände Ende dieses Sommers voraussichtlich auf dem niedrigsten Stand seit 32 Jahren liegen. Allerdings dürfte die erwartete Rekordernte in den USA die Situation mittelfristig entspannen, wobei wir mit einem baldigen Ende den Preisanstiegs rechnen. Katalysator für die Trendwende könnten z.B. ein stärkerer US-Dollar, ein Rückgang der Ölpreise oder fallende Palmölpreise werden. Auch die Anstrengungen der Regierung Chinas, die Sojabohnenanpflanzungen attraktiver zu gestalten, dürften das Potenzial dämpfen. Im Mai sind die Sojabohnenimporte Chinas bereits um 5,1% im Vergleich zum Vormonat gefallen.

Für Mais bleiben wir dagegen positiv gestimmt. Die geringeren Ernteerträge wegen der späten Aussaat und die zurückgehende Anbaufläche wegen des Wegfalls zugunsten von Soja dürften zu weitaus geringerer Produktion führen. Das USDA erwartet, dass die US-Maisbestände im nächsten Jahr um 40% auf 1,09 Milliarden Scheffel im Vergleich zu diesem Jahr fallen werden.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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