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Auch bei Rohstoffen gilt "Der Trend ist dein Freund"

16.06.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

"Der Trend ist dein Freund" sagen Börsianer und meinen, dass man möglichst lange auf einer "Preiswelle" reiten soll. Auch am Ölmarkt konnte man in den letzten Jahren mit diesem Motto gute Gewinne einfahren (siehe Grafik des Tages). Dies hat zwar einen rein psychologischen Hintergrund. Jedoch werden die kurz- bis mittelfristigen Entwicklungen bei Rohstoffen hauptsächlich durch Anleger und weniger durch das Angebot und die Nachfrage bestimmt, was solche Handelsregeln für die mittelfristige Preisentwicklung durchaus wichtig macht. Seit rund zwei Monaten rollt der "Ölzug" mit vollem Tempo und die Ölpreise sind mittlerweile um 60% gestiegen.

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Wir glauben, dass sobald der Ölpreis diesen kurzfristigen Aufwärtstrend nach unten verlassen wird, die Gefahr einer massiven Preiskorrektur besteht. Denn die Preissteigerung war hauptsächlich psychologisch bedingt, während die Nachrichten von der Wirtschaftsfront zuletzt nicht mehr positiv überrascht haben. Da sich u.E. der Markt aktuell preistechnisch auf eine rasche Konjunkturerholung eingestellt hat, ist die Wahrscheinlichkeit einer starken Korrektur bereits in den nächsten Wochen sehr groß.

Dem allgemeinen Abwärtstrend bei Rohstoffen konnte gestern der US-Gaspreis trotzen und stieg um 8,4%. Es gibt u.E. zahlreiche Faktoren, die in mittelfristiger Perspektive für einen Preisanstieg und eine Outperformance von Erdgas im Vergleich zu Rohöl sprechen. Zum einen war der Preisabstand zwischen den beiden Energieträgern im historischen Vergleich so hoch wie zuletzt im Jahr 1993. Zum anderen ist das Nachfragewachstum nach Erdgas langfristig weitaus größer als das nach Rohöl: Laut dem Statistical Review 2009 von BP ist die Ölnachfrage weltweit im Vorjahr um 0,6% gefallen, während die Gasnachfrage um 2,5% gestiegen ist.

Kurzfristig dürfte die anlaufenden Hurrikansaison im Golf von Mexiko unterstützen, weil sich dort ein Großteil der US-Gasproduktionseinrichtungen befindet. Den wichtigsten Preistreiber sehen wir jedoch in einem möglichen Stimmungswechsel der Anleger, die aktuell mit Netto-Short Positionen in Höhe von rund 140 Tsd. Kontrakten äußerst negativ positioniert sind. Die Rückführung dieser Leerverkäufe könnte sogar kurzfristig eine massive Preisrally auslösen.


Edelmetalle

Der (inverse) Zusammenhang zwischen Gold und Dollar ist weiter intakt und richtungsweisend: Gold gab im gestrigen Tagesverlauf zunächst weiter nach, kann sich aber heute im Einklang mit dem etwas schwächeren Greenback leicht erholen. Zusätzlich stützt die Nachricht von Ausständen in Peru. Seit einer Woche ist die Orcopampa Goldmine wegen der Proteste geschlossen. Auch in Südafrika sind zwei Minen nach tödlichen Unfällen teilweise geschlossen. Jedoch gehen wir davon aus, dass im laufenden Jahr erstmals seit Jahren sich das Minenangebot erhöhen wird. So bleibt der weltgrößte Goldproduzentent Barrick Gold zuversichtlich, dass trotz der gegenwärtig etwas geringeren Produktion, im weiteren Jahresverlauf sowie in den kommenden Jahren seine Produktion stark zunehmen wird.


Industriemetalle

Der chinesische Staatsrat hat die Details des neuen "Plans zur Unterstützung des Austauschs alter Fahrzeuge und Haushaltsgeräte" vorgelegt. Das Programm, das Subventionen in Höhe von 6 Milliarden RMB bzw. 880 Mio USD umfasst, dürfte CBI zufolge die Nachfrage um 820,000 neue Fahrzeuge und 5,4 Mio neue Haushaltsgeräte ehöhen. Zwischen 4000 und 6000 RMB bzw. 590-870 USD möchte die Regierung pro Fahrzeug subventionieren.

Die Industriemetalle gaben gestern im allgemeinen Abwärtssog deutlich nach: der Metallindex LMEX fiel um weitere 4,3%. Kupfer notiert heute nah der psychologisch wichtigen Marke von 5000 USD. Dabei sind die chilenischen Exportzahlen, die kurzfristig unterstützt haben, nur auf den ersten Blick preisstützend. Im mit Abstand wichtigsten Förderland, auf das ein Drittel des globalen Minenangebots entfällt, lag die Ausfuhr im Mai mit 1,89 Mrd US Dollar knapp 30% unter Vorjahr, was viele auf die geringere Verfügbarkeit zurückgeführt haben sollten.

Dennoch bereinigt um den Preisrückgang - der Kupferpreis notierte im vorherigen Mai fast 80% höher als in diesem Jahr - dürften die Exporte um 25% gestiegen sein. Wir bleiben für Kupfer skeptisch, zumal die gekündigten LME-Lagerscheine zuletzt nur noch bei 21,5 Tsd. Tonnen lagen. Das sind 75% weniger als Ende April und deutet auf künftig deutlich geringere Lagerabflüsse hin.

Aluminium kann sich über 1600 USD je Tonne halten. Noch immer melden Händler steigende Zuschläge im asiatischen Raum für westliches Aluminium. In Japan belaufen sich diese am aktuellen Rand auf 120 bis 130 USD je Tonne. Eine Verengung am asiatischen Markt signalisieren auch fallende Lagerbestände in den japanischen Häfen Toyama und Fukui. Die primär mit russischen Material belieferten Hafenstädte zeigten per Ende Mai einen Rückgang der Aluminiumbestände um jeweils rund 30% gegenüber Vormonat.


Agrarrohstoffe:

Der Sojabohnenpreis hat gestern mit 3,9% den stärksten Tagesrückgang seit Februar verzeichnet. Ausschlaggebend dafür waren u.E. neben dem stärkeren US-Dollar auch der kurzfristige Preisverfall bei Rohöl und Palmöl. Letzterer markiert an der Bursa Malaysia ein 3-Monatstief. Noch bleibt der Sojabohnenpreis durch die Importe Chinas und möglicherweise rekordtiefe US-Lagerbestände trotz des jüngsten massiven Anstiegs - seit Anfang März stieg des US-Sojabohnenpreis um gut 50% - gut unterstützt.

Jedoch glauben wir an eine baldige Trendwende und halten z.B. Mais für aussichtsreicher. So dürfte der Importsog Chinas, wobei die chinesischen Sojaimporte in den ersten fünf Monaten um 27% gestiegen sind, allmählich nachlassen. China hat zuletzt sogar einige Sojabohnenbestellungen aus den USA storniert bzw. auf die neue Ernte im Herbst vertagt. Das Nationale Informationszentrum für Getreide und Öle Chinas rechnet außerdem damit, dass die Sojabohnenimporte im nächsten Erntejahr um 7,5% fallen, weil die Reservekäufe auslaufen und die Regierung die Reserven freigeben könnte.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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