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Nachlassende Zuversicht leitet mittelfristige Korrektur ein

22.06.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Am Freitag ist der WTI-Ölpreis erstmals seit dem 8. Juni unter 70 USD je Barrel gefallen. Der Markt scheint sich wieder mehr für die fundamentale Angebots-/Nachfragesituation zu interessieren. So rechnet die Weltbank mit einer Kontraktion des Welt-BIP um 2,9% in diesem Jahr, was die Aussichten für die Ölnachfrage belasten dürfte. Gleichzeitig ließ zuletzt die Einhaltung der OPEC-Quoten zu Wünschen übrig.

Die fallenden Rohöllagerbestände sind ausschließlich ein saisonales Phänomen, das noch nicht auf eine Einengung des Angebots hindeutet. Dennoch sind die Risiken auf der Angebotsseite nicht zu übersehen. Die schwersten Unruhen im Iran seit der Revolution im Jahr 1979 sowie die Meldungen aus Nigeria, wonach die MEND-Rebellen drei weitere Öleinrichtungen angegriffen haben, kurzfristig die Ölausfuhren gefährden. Auch langfristig bleiben die geopolitischen Risiken hoch: Die Terroranschläge in Kirkuk im Nordirak im Vorfeld der Lizenzversteigerungen für die Ölfelder, die für Ende Juni geplant sind, sind ein weiterer Beweis dafür.

Irak will in den nächsten fünf Jahren die Produktion von gegenwärtig 2,3-2,4 Mio. Barrel auf 6 Mio. Barrel pro Tag ausweiten und zum drittgrößten Ölproduzenten der Welt avancieren. Bis es soweit ist, bestehen die Risiken einer Angebotseinengung, vor allem weil die Produktionskapazitäten außerhalb der OPEC nicht ausreichend ausgeweitet werden. Mexiko gab bekannt, dass die Ölproduktion im Land im Mai im Jahresvergleich um 180 Tsd. Barrel auf lediglich 2,6 Mio Barrel pro Tag gefallen ist. Ohne Berücksichtungen der Unterbrechungen wegen der Hurrikans lag die Produktion somit auf dem niedrigsten Stand seit Januar 1993. Vor allem der Produktionsrückgang am Riesenölfeld Cantarell, das noch vor wenigen Jahren mit 2,2 Mio. Barrel z.B. den Gesamtbedarf Großbritanniens decken konnte, ist auf lediglich 693 Tsd. Barrel pro Tag gefallen. Wir halten an unserer Prognose einer kurzfristigen Korrektur bis 60 USD fest.


Edelmetalle

Gold gibt zum Wochenauftakt um 10 US-Dollar auf 925 USD je Feinunze nach. Ein festerer US-Dollar kompensiert die schwächere Tendenz an den Aktienmärkten und damit einen größeren Sicherheitsbedarf. Zudem haben sich durch den zuletzt gesunkenen Ölpreis die Inflationsrisiken verringert. Der Optimismus der kurzfristig orientierten Marktteilnehmer ist zuletzt spürbar zurückgegangen. Die spekulativen Netto-Long Positionen an der COMEX sanken in der Woche zum 16. Juni um 14 Tsd. auf 175.543 Kontrakte, den niedrigsten Stand seit Mitte Mai. In der Woche zuvor hatten sie mit 189,7 Tsd. Kontrakten den höchsten Stand seit elf Monaten erreicht (Grafik 3 auf der Seite 3).

Der Abbau der Long-Positionen könnte kurzfristig noch anhalten und einen weiteren Preisrückgang in Richtung 900 USD zur Folge haben. Impulse von der Investmentnachfrage gibt es derzeit nicht. Die Goldbestände von SPDR Gold Trust verharren seit Anfang Juni bei 1.132,15 Tonnen. In den Sommermonaten überwiegen die Abwärtsrisiken. Einen erneuten Anlauf auf die Marke von 1.000 USD erwarten wir erst gegen Ende des Jahres, es sei denn, der US-Dollar gerät deutlich unter Druck.


Industriemetalle

Gemäß der jüngsten Daten der Zollbehörde hat sich der starke Importsog Chinas bei Kupfer auch im Mai fortgesetzt. Diese stiegen im Monatsvergleich um 6,2% auf über 340 Tsd. Tonnen, einen neuen Rekordwert. Bei diesen Zahlen ist jedoch zu bedenken, dass die Verträge für die Lieferungen wohl zumeist schon in den Monaten zuvor ausgehandelt wurden. Im März/April wurden sie nicht nur durch ein niedrigeres Preisniveau begünstigt, sondern es bestanden auch Arbitragemöglichkeiten zwischen den Handelsorten London und Shanghai. Dieser Preisvorteil ist zuletzt deutlich geschrumpft bzw. hat sich sogar umgekehrt.

Da zugleich die Käufe des staatlichen Resevebüros nahezu abgeschlossen sein sollten – die Importe Chinas überstiegen in den ersten fünf Monaten die des Vorjahres um 780 Tsd. Tonnen – rechnen wir in den kommenden Monaten mit einer scharfen Gegenbewegung.

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Bei Aluminium und Zink war z.B. im Mai nach den Rekordimporten im April bereits ein Rückgang der Importe zu verzeichnen. Fallende Importe gepaart mit einer zuletzt steigenden Produktion, einer weiterhin schwachen Nachfrage, einem möglichen Stimmungswechsel, den starken Preisanstiegen zuvor und einem stärkeren US-Dollar dürften zu einem Preisrückgang bei Kupfer, Zink, Nickel und Blei führen, die zuletzt am stärksten durch die Reservekäufe und einen höheren Optimismus profitiert haben.


Agrarrohstoffe:

Die Kaffeepreise stehen weiter unter Druck. Der Preis für Arabica verlor innerhalb einer Woche um 10% auf 116,70 US-Cents je Pfund, den niedrigsten Stand seit fast zwei Monaten. Der Preisrückgang dürfte in erster Linie auf technische Faktoren zurückzuführen sein. Zudem dürften kurzfristig orientierte Marktteilnehmer zuvor aufgebaute Long-Positionen massiv abbauen. In der Woche zum 16. Juni sanken die Netto-Long Positionen für Arabica an der CBOT bereits um 10 Tsd. auf 22.376 Kontrakte. In der Woche zuvor hatten sie mit 32,4 Tsd. Kontrakten den höchsten Stand seit 15 Monaten erreicht. Die Positionsglattstellungen dürften bis zuletzt angehalten haben, sollten sich mittlerweile aber ihrem Ende nähern.

So meldet der Verband der kolumbianischen Kaffeeanbauer, dass die Kaffeeproduktion im weltweit drittgrößten Produzentenland im Mai um 14% gegenüber dem Vorjahr auf 702 Tsd. Sack gesunken ist. Zwischen Januar und Mai lag die Produktion bei 3,55 Mio. Sack und damit 30% niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dies widerspricht vorherigen Meldungen, wonach die kolumbianische Kaffeeproduktion in diesem Jahr auf Vorjahresniveau liegen soll. Diese Meldungen hatten den Preisverfall maßgeblich mit ausgelöst. Noch ärger traf es zuletzt die Preise für Robusta-Kaffee, welche binnen einer Woche um 12% auf 1.344 USD je Tonne nachgaben, den niedrigsten Stand seit knapp drei Jahren. Damit liegen die Robusta-Preise bereits unter den Produktionskosten, welche in Vietnam, den weltweit größten Produzenten dieser Sorte, bei 1.400 USD je Tonne liegen sollen. Mittelfristig sehen wir für beide Kaffeesorten erhebliches Aufwärtspotenzial.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen nicht-kommerzieller Anleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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