Dreierlei Belastungen bei Öl: CFTC, OPEC und DOE
09.07.2009 | Eugen Weinberg
Energie
Der Ölpreis fiel im gestrigen Handel um 2 US-Dollar auf 60 USD je Barrel und somit den niedrigsten Stand seit Mitte Mai. Noch am 30. Juni stieg der Ölpreis auf über 73 USD. Die enorme Volatilität zeigt den Stimmungswechsel der Marktteilnehmer am Ölmarkt. Der Markt fokussiert sich jetzt auf die negativen Meldungen.
Zum einen wollen nun die Staatschefs führender Industrienationen gegen die „Spekulation“ bei Rohöl vorgehen, obgleich sie auf dem G8-Gipfel laut der Pressesprecherin des russischen Präsidenten einen Ölpreis zwischen 70 USD und 80 USD übereinstimmend als fair ansehen. Unterstützung dürften die Regierungschefs von der US-Handelskommission für Rohstoff-Futures CFTC erhalten. Paradoxerweise dürften die Spekulationen gestern zum Preisrutsch beigetragen haben.
Zum anderen veröffentlichte die OPEC ihren langfristigen Ausblick, der viele enttäuscht haben dürfte. Denn nach der IEA hat jetzt auch die OPEC ihre Prognosen für die künftige Nachfrage massiv gesenkt. Die Nachfrageschätzung für das Jahr 2030 wurde um 7,7 Mio. Barrel täglich bzw. 6,8% reduziert. Der Großteil der Reduktion ist für die kommenden 3-4 Jahre vorgesehen. So rechnet die OPEC bis zum Jahr 2013 mit einem Nachfrageanstieg von nur 3,7 Mio. Barrel bzw. 4,4% auf 87,9 Mio. Barrel täglich. Vor einem Jahr hat die OPEC mit einer Nachfrage von 93,6 Mio. Barrel pro Tag für das Jahr 2013 gerechnet. Berücksichtigt man die enormen freien Produktionkapazitäten der OPEC und die möglichen positiven Auswirkungen der Beteiligung ausländischer Ölkonzerne in Irak, verdüstert sich der langfristige Preisausblick für Rohöl.
Außerdem fiel die Mitteilung des US-Energieministeriums DOE zu den Lagerbeständen für den Ölmarkt negativ aus. Denn obwohl die Rohöllagerbestände in der Vorwoche um 2,9 Mio. Barrel zurückgingen, sind gleichzeitig die Lagerbestände für Benzin um 1,9 Mio. Barrel und die für Destillate sogar um 3,7 Mio. Barrel gestiegen. Außerdem stiegen die Lagerbestände für Rohöl in Cushing, dem Handelsort für WTI, wieder um knapp 1,6 Mio. Barrel auf über 30 Mio. Barrel. Dies dürfte die WTI-Ölpreise ggü. Brentöl zusätzlich belasten.
Edelmetalle
Die preisbelastenden Faktoren gewinnen bei Gold mehr und mehr die Oberhand. Der Goldpreis ist gestern zeitweise um 20 US-Dollar auf ein 2-Monatstief von 905 USD je Feinunze gefallen. Die Verschlechterung der Stimmung gegenüber Gold macht sich auch in der sinkenden Investmentnachfrage bemerkbar. SPDR Gold Trust meldet gestern einen Rückgang seiner Goldbestände um 10,4 Tonnen auf 1.109,8 Tonnen, den niedrigsten Stand seit sieben Wochen. Seit Anfang Juni belaufen sich die Abflüsse somit auf 24 Tonnen Gold. Dies ist zwar verglichen mit den Zuflüssen von 350 Tonnen in den ersten fünf Monaten ein sehr geringer Betrag, in Ermangelung anderer Nachfragekomponenten bzw. preisstützender Faktoren ist dieser aber ausreichend, den Goldpreis derzeit unter Druck zu setzen. Ein Rückgang unter 900 USD scheint somit nur eine Frage der Zeit.
Industriemetalle
Die Metallpreise könnten heute von den optimistischen Alcoa-Kommentaren und den jüngsten Autoabsatzzahlen aus China profitieren. Der größte US-Aluminiumhersteller Alcoa überraschte gestern mit einem geringer als erwartet ausgefallenen Quartalsverlust. Die wichtigen Endverbrauchermärkte würden sich stabilisieren. Dazu sieht man im zweiten Halbjahr eine Verbesserung am Automarkt. Einen Tag vor der Veröffentlichung der Quartalszahlen hatte sich Alcoa-Chef Kleinfeld bereits optimistisch über die Absatzaussichten geäußert und hier insbesondere auf eine Erholung der Nachfrage in China gesetzt. Die jüngsten Daten scheinen dies zu bestätigen. Im Juni wurden in China 48% mehr Autos verkauft als im Vorjahr. Für das Gesamtjahr erwartet der Verband der chinesischen Automobilhersteller ein Verkaufsvolumnen von mehr als 11 Mio. Fahrzeugen. Die bisherige Prognose lag bei 10,2 Mio. Fahrzeugen.
Damit kann China derzeit die anhaltende Schwäche in den USA kompensieren, wo die Autoabsatzzahlen im ersten Halbjahr um 35% gefallen sind. China bleibt damit auch in diesem Bereich vorerst ein stabilisierender Faktor für die Metallnachfrage. Allerdings besteht das Risiko eines Einbruchs, sobald die Kaufanreize durch das Konjunkturprogramm auslaufen, welche den Verkaufsboom maßgeblich mit ausgelöst haben.
Agrarrohstoffe
Das Chinesische Nationale Getreide- und Ölinformationszentrum (CNGOIC) hat die Prognosen für die diesjährige Getreide- und Sojabohnenernte trotz des zu nassen Wetters bestätigt. Die Maisernte soll demzufolge um 1,8% auf 163 Mio. Tonnen zurückgehen. Bei Weizen erwartet das CNGOIC einen Anstieg um 0,7% auf 113,2 Mio. Tonnen. Die Sojabohnenproduktion soll um 3,2% auf 15 Mio. Tonnen fallen. Die Prognosen unterstellen dabei, dass besseres Wetter in den kommenden Wochen Ernteeinbußen verhindert. Von daher unterliegen diese Prognosen Abwärtsrisiken. China ist der größte Weizen- und zweitgrößte Maisproduzent weltweit, verwendet die Ernte aber nahezu ausschließlich für den eigenen Verbrauch und zum Aufbau der heimischen Lagerbestände. Von daher ist die Auswirkung der chinesischen Ernte auf die weltweiten Mais- und Weizenpreise begrenzt.
Dagegen ist China in den vergangenen sechs Jahren zum mit Abstand größten Sojabohnenimporteur avanciert. Etwa die Hälfte der weltweiten Sojabohnenimporte gehen mittlerweile in das Reich der Mitte. Eine geringere heimische Produktion würde daher für einen noch höheren Importbedarf sprechen. Da die sehr hohen chinesischen Sojabohnenimporte in den vergangenen Monaten vor allem auf die Aufstockung der staatlichen Reserven zurückzuführen waren und diese mittlerweile weitgehend abgeschlossen ist, dürfte der Importbedarf in den kommenden Monaten geringer ausfallen. Die Sojabohnenpreise scheinen dies bereits zu antizipieren. Erstmals seit Anfang Mai notieren sie unter 11 USD je Scheffel. Innerhalb einer Woche sind die Preise um 15% gefallen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der Ölpreis fiel im gestrigen Handel um 2 US-Dollar auf 60 USD je Barrel und somit den niedrigsten Stand seit Mitte Mai. Noch am 30. Juni stieg der Ölpreis auf über 73 USD. Die enorme Volatilität zeigt den Stimmungswechsel der Marktteilnehmer am Ölmarkt. Der Markt fokussiert sich jetzt auf die negativen Meldungen.
Zum einen wollen nun die Staatschefs führender Industrienationen gegen die „Spekulation“ bei Rohöl vorgehen, obgleich sie auf dem G8-Gipfel laut der Pressesprecherin des russischen Präsidenten einen Ölpreis zwischen 70 USD und 80 USD übereinstimmend als fair ansehen. Unterstützung dürften die Regierungschefs von der US-Handelskommission für Rohstoff-Futures CFTC erhalten. Paradoxerweise dürften die Spekulationen gestern zum Preisrutsch beigetragen haben.
Zum anderen veröffentlichte die OPEC ihren langfristigen Ausblick, der viele enttäuscht haben dürfte. Denn nach der IEA hat jetzt auch die OPEC ihre Prognosen für die künftige Nachfrage massiv gesenkt. Die Nachfrageschätzung für das Jahr 2030 wurde um 7,7 Mio. Barrel täglich bzw. 6,8% reduziert. Der Großteil der Reduktion ist für die kommenden 3-4 Jahre vorgesehen. So rechnet die OPEC bis zum Jahr 2013 mit einem Nachfrageanstieg von nur 3,7 Mio. Barrel bzw. 4,4% auf 87,9 Mio. Barrel täglich. Vor einem Jahr hat die OPEC mit einer Nachfrage von 93,6 Mio. Barrel pro Tag für das Jahr 2013 gerechnet. Berücksichtigt man die enormen freien Produktionkapazitäten der OPEC und die möglichen positiven Auswirkungen der Beteiligung ausländischer Ölkonzerne in Irak, verdüstert sich der langfristige Preisausblick für Rohöl.
Außerdem fiel die Mitteilung des US-Energieministeriums DOE zu den Lagerbeständen für den Ölmarkt negativ aus. Denn obwohl die Rohöllagerbestände in der Vorwoche um 2,9 Mio. Barrel zurückgingen, sind gleichzeitig die Lagerbestände für Benzin um 1,9 Mio. Barrel und die für Destillate sogar um 3,7 Mio. Barrel gestiegen. Außerdem stiegen die Lagerbestände für Rohöl in Cushing, dem Handelsort für WTI, wieder um knapp 1,6 Mio. Barrel auf über 30 Mio. Barrel. Dies dürfte die WTI-Ölpreise ggü. Brentöl zusätzlich belasten.
Edelmetalle
Die preisbelastenden Faktoren gewinnen bei Gold mehr und mehr die Oberhand. Der Goldpreis ist gestern zeitweise um 20 US-Dollar auf ein 2-Monatstief von 905 USD je Feinunze gefallen. Die Verschlechterung der Stimmung gegenüber Gold macht sich auch in der sinkenden Investmentnachfrage bemerkbar. SPDR Gold Trust meldet gestern einen Rückgang seiner Goldbestände um 10,4 Tonnen auf 1.109,8 Tonnen, den niedrigsten Stand seit sieben Wochen. Seit Anfang Juni belaufen sich die Abflüsse somit auf 24 Tonnen Gold. Dies ist zwar verglichen mit den Zuflüssen von 350 Tonnen in den ersten fünf Monaten ein sehr geringer Betrag, in Ermangelung anderer Nachfragekomponenten bzw. preisstützender Faktoren ist dieser aber ausreichend, den Goldpreis derzeit unter Druck zu setzen. Ein Rückgang unter 900 USD scheint somit nur eine Frage der Zeit.
Industriemetalle
Die Metallpreise könnten heute von den optimistischen Alcoa-Kommentaren und den jüngsten Autoabsatzzahlen aus China profitieren. Der größte US-Aluminiumhersteller Alcoa überraschte gestern mit einem geringer als erwartet ausgefallenen Quartalsverlust. Die wichtigen Endverbrauchermärkte würden sich stabilisieren. Dazu sieht man im zweiten Halbjahr eine Verbesserung am Automarkt. Einen Tag vor der Veröffentlichung der Quartalszahlen hatte sich Alcoa-Chef Kleinfeld bereits optimistisch über die Absatzaussichten geäußert und hier insbesondere auf eine Erholung der Nachfrage in China gesetzt. Die jüngsten Daten scheinen dies zu bestätigen. Im Juni wurden in China 48% mehr Autos verkauft als im Vorjahr. Für das Gesamtjahr erwartet der Verband der chinesischen Automobilhersteller ein Verkaufsvolumnen von mehr als 11 Mio. Fahrzeugen. Die bisherige Prognose lag bei 10,2 Mio. Fahrzeugen.
Damit kann China derzeit die anhaltende Schwäche in den USA kompensieren, wo die Autoabsatzzahlen im ersten Halbjahr um 35% gefallen sind. China bleibt damit auch in diesem Bereich vorerst ein stabilisierender Faktor für die Metallnachfrage. Allerdings besteht das Risiko eines Einbruchs, sobald die Kaufanreize durch das Konjunkturprogramm auslaufen, welche den Verkaufsboom maßgeblich mit ausgelöst haben.
Agrarrohstoffe
Das Chinesische Nationale Getreide- und Ölinformationszentrum (CNGOIC) hat die Prognosen für die diesjährige Getreide- und Sojabohnenernte trotz des zu nassen Wetters bestätigt. Die Maisernte soll demzufolge um 1,8% auf 163 Mio. Tonnen zurückgehen. Bei Weizen erwartet das CNGOIC einen Anstieg um 0,7% auf 113,2 Mio. Tonnen. Die Sojabohnenproduktion soll um 3,2% auf 15 Mio. Tonnen fallen. Die Prognosen unterstellen dabei, dass besseres Wetter in den kommenden Wochen Ernteeinbußen verhindert. Von daher unterliegen diese Prognosen Abwärtsrisiken. China ist der größte Weizen- und zweitgrößte Maisproduzent weltweit, verwendet die Ernte aber nahezu ausschließlich für den eigenen Verbrauch und zum Aufbau der heimischen Lagerbestände. Von daher ist die Auswirkung der chinesischen Ernte auf die weltweiten Mais- und Weizenpreise begrenzt.
Dagegen ist China in den vergangenen sechs Jahren zum mit Abstand größten Sojabohnenimporteur avanciert. Etwa die Hälfte der weltweiten Sojabohnenimporte gehen mittlerweile in das Reich der Mitte. Eine geringere heimische Produktion würde daher für einen noch höheren Importbedarf sprechen. Da die sehr hohen chinesischen Sojabohnenimporte in den vergangenen Monaten vor allem auf die Aufstockung der staatlichen Reserven zurückzuführen waren und diese mittlerweile weitgehend abgeschlossen ist, dürfte der Importbedarf in den kommenden Monaten geringer ausfallen. Die Sojabohnenpreise scheinen dies bereits zu antizipieren. Erstmals seit Anfang Mai notieren sie unter 11 USD je Scheffel. Innerhalb einer Woche sind die Preise um 15% gefallen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.