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Gold: Geht der Boom weiter? - Interview mit Erste Bank

17.07.2009  |  Rohstoff-Spiegel
Während seines Studiums der Betriebswirtschaft an der WU-Wien sowie in den USA arbeitete Stöferle im Handel von Kreditderivaten der RZB. Neben diversen wirtschaftsjournalistischen Tätigkeiten galt sein Interesse schon immer den Aktien- und Rohstoffmärkten. Stöferle ist seit 2006 bei der Erste Bank im internationalen Aktienresearch tätig und hat 2007, 2008 und nun 2009 international vielbeachtete Goldreports verfasst. Stöferle ist Chartered Market Technician (CMT) und absolviert derzeit das CFTe Programm.


Rohstoff-Spiegel: Gold dominierte die Hitlisten des Jahres 2008. Ist der Goldrausch nach dem Abebben der Finanzkrise bereits zu Ende?

Ronald-Peter Stöferle: Nein, absolut nicht! Ich sehe den Goldpreis - mehr denn je - in einem intakten säkularen Aufwärtstrend. Wir glauben, dass erst in etwa die Hälfte der Aufwärtsbewegung vollzogen ist, die impulsivste Phase dürfte erst folgen, dies würde auch ein Vergleich mit dem letzten großen Bullenmarkt suggerieren. Der impulsivste Anstieg erfolgte innerhalb weniger Monate, als sich der Goldpreis noch einmal beinahe verdoppelte. Davon sind wir noch weit entfernt.

Rohstoff- und Edelmetallzyklen dauern besonders lange, zumindest 15 bis 20 Jahre. Nachdem der jüngste Bullenmarkt erst 2001 startete, könnten wir erst bei der Hälfte des Zyklus stehen. Dies impliziert, dass unser Kursziel von USD 2.300 am Ende des Zyklus mehr denn je realistisch erscheint.


Rohstoff-Spiegel: Die wohl bedeutendste Frage am Kapitalmarkt ist derzeit wohl, ob bzw. wann die nächste Inflationswelle über uns hereinbricht. Wie schätzen Sie die Entwicklung der Konsumentenpreise in den nächsten Jahren ein?

R. Stöferle: Die rezessionsbedingt schwache Nachfrage und die bestehenden Überkapazitäten sollten die Konsumentenpreise auf absehbare Zeit niedrig halten. Die massiven Liquiditätszufuhren der Notenbanken stellen mittelfristig aber ein klares Inflationsrisiko dar. Die Herausforderung besteht darin, rechtzeitig Liquidität zu entziehen, wenn sich die Wirtschaft erholt. Man sagt ja sehr treffend: "Aufgabe der Notenbank ist es, den Punsch wegzusperren, wenn die Party in vollen Gange ist" ...

Insbesondere bei hoher Inflation ist Gold ein exzellentes Investment. So lag der monatliche Korrelationseffizient von Gold zur Inflationsrate zwischen 1971 und 2009 bei 0,48, in der hochinflationären Phase 1978 bis 1982 jedoch bei 0,76. Aber auch in der Deflation ist Gold ein exzellentes Investment, darauf gehe ich in meinem aktuellen Goldreport genauer ein.


Rohstoff-Spiegel: Der Goldpreis konnte sich 2008 deutlich besser halten als beispielsweise Silber und Platin. Sollten Investoren nun eher auf diese "günstigeren" Metalle setzen?

R. Stöferle: Wir sehen bei Silber ebenso Potenzial, nachdem das Gold/Silber Ratio mehr als 2 Standardabweichungen vom historischen Schnitt handelt. Insofern rechnen wir mit einer Outperformance gegenüber Gold. Nachdem Platin historisch gesehen noch nie wirklich eine monetäre Bedeutung zugesprochen wurde, würden wir uns derzeit im Edelmetallbereich klar auf Gold und Silber konzentrieren. Das "Peak-Szenario" dürfte bei beiden Metallen frappant sein: laut US Geological Survey liegt die statistische Restlebensdauer der Reserven bei Gold aktuell bei 17 Jahren, bei Silber lediglich bei 14 Jahren.


Rohstoff-Spiegel: Wie bewerten Sie das Risiko, dass viele "Save Haven"-Käufer, welche primär mittels Gold-ETF in das Metall investieren, bei einer Aufhellung der Stimmungslage durch Verkäufe zu einem massivem Überangebot am Markt führen könnten?

R. Stöferle: Diese Gefahr sehe ich nicht wirklich, nachdem die ETFs überwiegend zu "buy and hold" Zwecken gekauft werden. Bei den bisherigen Phasen sinkender Goldnotierungen (bzw. steigender Aktienmärkte) gab es keinen Ausverkauf von ETF-Positionen. Positiv zu werten ist, dass die ETF-Käufe (im Gegensatz zur Schmucknachfrage) keinen saisonalen Trends unterliegen. "Buying the dip" scheint hier die Devise, wodurch die starke Saisonalität (verursacht durch indische Schmuckkäufe) geglättet wird.

Übrigens finde ich es immer wieder interessant, dass oft von einer bald platzenden "Gold-Bubble" gesprochen wird. Das Gesamtvolumen aller ETFs beläuft sich aktuell auf USD 50 Mrd. Wenn man den Betrag in Relation setzt, wirkt er gering. 50 Mrd. entspricht einem Viertel der Marktkapitalisierung von Unternehmen wie Microsoft bzw. exakt der Market Cap von Research in Motion. Von einer Gold-Bubble kann deshalb noch lange nicht gesprochen werden. Wir sehen die massive Nachfrage nach ETFs überwiegend positiv, da sie eine Stabilisierung des Goldpreises bewirkt.

Zudem sehe ich keine baldige und vor allem nachhaltige Erholung an den Finanzmärkten, die Rinde wurde zwar repariert, das Holz bleibt morsch.




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