Gold: Geht der Boom weiter? - Interview mit Erste Bank
17.07.2009 | Rohstoff-Spiegel
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Rohstoff-Spiegel: Zu guter Letzt möchten wir natürlich auch noch auf die Goldminenaktien zu sprechen kommen. Nach dem Kollaps im 2. Halbjahr 2008 haben sich viele Aktien wieder deutlich erholt. Ist der Sektor bereits wieder fair bewertet oder besteht noch Aufholpotential?R. Stöferle: Der Goldsektor wird 2009 eine der wenigen Branchen sein, die positive Gewinnsteigerungsraten und höhere Margen melden wird können. Die Turbulenzen an den Rohstoffmärkten und die Dollarstärke haben zu signifikant gefallenen Cash-Kosten geführt. Energie, chemische Produkte (in erster Linie Ätzmittel wie zB Schwefelsäure) und Stahl sind - neben dem Personal - die größten Kostenfaktoren. So fielen die Preise für Diesel knapp 60% seit dem Hoch im Juli 2008, Kosten für Equipment wie Mühlen oder Bagger fielen um 25%. Aufgrund dessen fielen die Input-Kosten für Goldproduzenten auf das Niveau von 2006. Am meisten davon profitieren werden große Open-Pit-Projekte. Gemessen an historischen Bewertungsniveaus preisen Goldaktien derzeit einen Preis von USD 825 je Unze ein, Goldaktien sind somit weiterhin äußerst günstig bewertet.
Ein weiterer historischer Vergleich: Ende der 70er Jahre/ Anfang der 80er Jahre lag die Marktkapitalisierung aller Goldaktien bei rund 25% des Gesamtmarktes. Die Kapitalisierung des Amex Gold Bugs Index liegt aktuell bei lediglich USD 130 Mrd., dies entspricht etwa der Market Cap von Google. Auch hier sieht man, also wieder, dass wir uns sicherlich in keiner Gold-Bubble befinden!
Rohstoff-Spiegel: Was sind derzeit die Favoriten der Erste Bank unter den Goldaktien?
R. Stöferle: Wir gehen für 2009 von deutlich geringeren Betriebskosten und somit steigenden Margen bei Minengesellschaften aus und rechnen mit einer klaren Outperformance von Goldminenaktien im Vergleich zum Goldpreis. Besonders positiv sollten sich Unternehmen entwickeln, die positive Machbarkeitsstudien präsentiert haben, in denen die Preisannahmen noch mit den Peak-Kosten aus Mitte 2008 ausgewiesen wurden. Die M&A-Aktivitäten zogen zuletzt wieder deutlich an. Wir gehen aufgrund der massiven Kapitalaufnahme der Senior- und Mid Tier Produzenten von einer Fortsetzung der Branchenkonsolidierung aus.
Darauf basierend haben wir einen Goldaktien-Basket (ISIN: AT0000A0DY51) modelliert, der Aktien enthält, die von diesen Entwicklungen besonders profitieren sollten. Darunter beispielsweise Aktien wie Osisko Mining, Gammon Gold, Detour Gold, aber auch etabliertere Titel wie Goldcorp, Red Back Mining oder Agnico Eagle.
Rohstoff-Spiegel: Wie sehen Sie die Entwicklung des Goldpreises in den nächsten Monaten? Werden wir die 1.000 USD bald knacken oder sollten Anleger vorerst noch Rücksetzer abwarten?
R. Stöferle: Kurzfristig denke ich, dass die 880 durchaus getestet werden können, auch die 850 wären im Laufe des Sommers möglich. Dies indiziert auch der recht bearish zu interpretierende Commitment of Traders-Report. Mittelbis langfristig sehen wir weiterhin ein erstklassiges Chance/ Risikoverhältnis für Goldinvestments und erwarten mittel- und langfristig höhere Goldpreise. Die magische Marke von USD 1.000 sollte 2009 noch deutlich überschritten werden, ab dem dritten und vierten Quartal sollten positive Seasonals weitere Unterstützung geben. Als erste Zielmarke sehen wir die Marke von USD 1.300, unser langfristiges Kursziel am Ende des Zyklus´ liegt weiterhin bei USD 2.300/Unze.
Rohstoff-Spiegel: Wann sollten Anleger sich schlussendlich wieder vom Goldmarkt zurücksetzen? Was wäre Ihrer Meinung nach ein klares Warnsignal?
R. Stöferle: Nun, wir haben mittlerweile 3 große jährliche Goldreports veröffentlicht und ich gehe davon aus, dass noch weitere folgen werden, der Bullenmarkt sollte noch einige Jahre Bestand haben. So lange die Realzinsen weiterhin auf einem so geringen Niveau bleiben, können wir uns kein Ende des Bullenmarktes vorstellen. Wie eingangs gesagt, haben wir die dynamischste und impulsivste Phase des Aufwärtstrends noch nicht gesehen. Sir John Templeton meinte diesbezüglich einmal: "Bullenmärkte werden im Pessimismus geboren, wachsen im Skeptizismus, reifen im Optimismus und sterben in der Euphorie". Meiner Meinung nach sind wir gerade erst am Übergang zwischen Skeptizismus und Euphorie, potenzielle und bestehende Goldinvestoren sollten also weiterhin glänzende Aussichten vorfinden.
Das Interview führte Tim Roedel am 8. Juli 2009.