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Gold: Geht der Boom weiter? - Interview mit Erste Bank

17.07.2009  |  Rohstoff-Spiegel
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Rohstoff-Spiegel: Der Goldpreis hat in den letzten Monaten sein Eigenleben Großteils verloren und scheint nur mehr ein Spielball der USD-Entwicklung zu sein. Ist es für Euroinvestoren trotzdem interessant in Gold zu investieren oder ist hier anzuraten, die Währung ebenfalls abzusichern?

R. Stöferle: Ein oft zitierter "Mythos" den wir in unserer Studie entkräften wollen, lautet "Für Euro-Investoren ist Gold uninteressant". Anhand der annualisierten Performance seit 2001 lässt sich dies wohl klar entmystifizieren, sie beträgt in US-Dollar 13,6% p.a., in Euro aber immer noch ansehnliche 10,6%.


Rohstoff-Spiegel: Kommen wir zur Angebotssituation am Goldmarkt. Seit Jahren sehen Experten in der rückläufigen Goldproduktion eine starke Unterstützung für den Goldpreis. Wie sieht die Lage derzeit aus? Konnte die Produktion in 2008 wieder zulegen? Welche Regionen verzeichnen derzeit die stärksten Zuwächse bzw. Abnahmen?

R. Stöferle: Das Primärangebot sank 2008 bereits zum 9. Mal in Folge und zwar um 3% auf 2.416 Tonnen. Dies bedeutet die niedrigste Produktion seit 1996. Die 2.600 Tonnen, die 2001 gefördert wurden, könnten das Allzeithoch der Goldproduktion bedeutet haben, vieles deutet darauf hin.

Die Produktion verlagert sich zunehmend in Richtung Schwellenländer. Waren China, Peru, Russland und Indonesien vor 10 Jahren für 19% der Weltproduktion verantwortlich, so sind es heute mehr als 34%. Die massiven Produktionsrückgänge der größten Fördernationen wurden in erster Linie von zahlreichen kleineren, oft politisch instabilen Ländern mit schlechter Infrastruktur kompensiert. So gibt es insgesamt mehr als 90 Länder, in denen mindestens eine Mine Gold fördert. Nachdem China und Russland Nettoimporteure sind, dürften somit der größte (China) und sechstgrößte (Russland) Produzent ihre Goldproduktion im eigenen Land horten, keine Unze Gold verlässt die Landesgrenzen. Diese sukzessive Angebotsverknappung stellt einen Eckpfeiler unseres positiven Goldpreis-Szenarios dar.


Rohstoff-Spiegel: In Ihrer aktuellen Studie "Spezialreport Gold: In Gold we trust" sind Sie auch auf die tendenziell rückläufigen durchschnittlichen Goldgehalte eingegangen. Was haben Sie bei Ihren Analysen herausgefunden?

R. Stöferle: Richtig. Der Durchschnittsgehalt der Goldmineralisierungen sinkt sukzessive ab. Während der durchschnittliche Goldgehalt 2000 noch bei knapp 2 Gramm pro Tonne Gestein lag, waren es 2008 nur noch 1,2 Gramm. Dies liegt einerseits an den deutlich gestiegenen Preisen (die den Abbau von "low grade" Vorkommen rentabel machen), andererseits auch an schwindenden hochgradigen Vorkommen. Im Zeitraum von 1992 bis 2007 wurden insgesamt 90 Lagerstätten über 2,5 Mio. Unzen Gold gefunden. Der Trend ist seit der Jahrtausendwende jedoch stark abfallend, so wurden nach der Jahrtausendwende lediglich 3 größere Lagerstätten pro Jahr entdeckt. Graham Birch - Manager des BGF World Gold meinte diesbezüglich, dass er in den nächsten 5 Jahren von einer um 10-15% niedrigeren Produktion ausgehe. Derzeit werden 80 Mio. Unzen gefördert, jedoch lediglich 15 Mio. Unzen pa. gefunden.


Rohstoff-Spiegel: Den asiatischen Wachstumsregionen fällt in den nächsten Jahren wohl die Aufgabe zu, den Westen aus dem Konjunkturloch zu ziehen. Doch auch am Edelmetallmarkt nehmen diese eine immer wichtigere Stellung ein. Wie schätzen Sie das Wachstumspotential der Nachfrage dieser Ländern ein, insbesondere aus Sicht der Diskussion um die Erhöhung der Goldreserven der Zentralbanken?

R. Stöferle: "Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem" hat Richard Connally, der damalige Finanzminister unter Richard Nixon einmal gesagt. Das trifft es wohl ziemlich genau, mittlerweile befinden sich 75% aller US-Dollar im Ausland. In den letzten Wochen und Monaten wurden zahlreiche bilaterale Währungs-Swaps oder Barter-Abkommen zwischen zahlreichen Emerging Markets abgeschlossen.

China versucht schrittweise, seine strategischen Rohstoffreserven massiv auszubauen, um die enorme Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern. Dies hätte einige weitere positive Nebeneffekte. Der Aufwertungsdruck des Yuan könnte so verringert werden, ohne dass man sich der Währungsmanipulation bezichtigen lassen müsse. Versorgungsengpässe würden verringert, was ganz im Sinne der langfristigen, strategischen Planung der kommunistischen Führung wäre.

Auch die Golfregion flüchtet langsam, aber sicher aus dem Dollar. Die vier Golf-Staaten Saudi Arabien, Kuwait, Katar und Bahrain haben nun endgültig eine Währungsunion nach europäischem Vorbild beschlossen. War Gold in den 40er und 50er Jahren noch für knapp 70% der Notenbankreserven weltweit verantwortlich, so sind es heute nur noch lediglich 10%. Dies liegt in erster Linie am massiven Aufbau von Fremdwährungsreserven. Heute ist die Verteilung extrem stark segmentiert. 10 Notenbanken verfügen über knapp 80% aller Goldreserven. 51 Nationen besitzen lt. IWF gar keine Goldreserven, 36 Nationen haben lediglich 0,01-5% in Gold allokiert. Darunter Nationen mit riesigen Fremdwährungspositionen wie zB China, Korea, Japan, Brasilien oder Singapur, die unserer Meinung nach ihre Goldbestände weiter ausbauen werden müssen.

China und Indien empfahlen dem IWF zudem, die gesamten Goldreserven in Höhe von insgesamt 3.217 Tonnen zu verkaufen, um den ärmsten Entwicklungsländern zu helfen. In einem ersten Schritt dürfte es wahrscheinlich sein, dass China die 403 Tonnen Gold des IWF direkt kauft, eventuell im Rahmen eines neuen akkordierten Verkaufsprogrammes. Wir sehen hier weniger Altruismus, als Begehr der chinesischen und indischen Staatslenker, das Gold des IWF selbst zu kaufen.




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