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Dem Finanzkollaps entgegen

04.05.2000  |  Armin Hurtz
- Seite 2 -
US-Wirtschaft

"Menschen glaubten niemals an Vulkane bis sie von der Lava überspült wurden."
(George Santayana)

"Wenn wir weise sein wollen - dann sollten wir auf das Schlimmste vorbereitet sein".
(George Washington)


Robert Rubin: Spekulative Exzesse bedrohen die WeltwIrtschaft. Der ehemalige US-Finanzminister sprach am 2. Februar vor der London School of Economics. Er ging auf die Finanzkrisen der vergangenen Jahre ein und beklagte, daß mit jeder erfolgreich abgebogenen Krise, mit jedem Beinahe-Kollaps, die Gewißheit zunimmt, alles werde stets gut ausgehen. Das Risiko besteht darin, daß an irgendeinem Punkt die Exzesse einfach zu groß werden und dann die unausweichlichen Konsequenzen folgen.

Rubin wandte sich gegen das sogenannte neue Paradigma, daß so viele herkömmliche Sorgen über konjunkturelle Abschwünge, Risiken und solides Wirtschaften als irrelevant abtun, und fügte hinzu: Ich bin grundsätzlich anderer Ansicht, weil diese Sichtweise der Wirtschaft aller menschlichen Geschichte im Hinblick auf Märkte und Volkswirtschaften widerspricht, und das sollte schon ein ernüchternder Vorbehalt sein. Seit ich nach New York zurückgekehrt bin, ist mir stark aufgefallen, wie alle Aspekte des Finanzgeschäfts von der Grundannahme durchdrungen sind, daß alles immer gutgehen wird, und daß jegliche Unterbrechung nur vorübergehend und schlimmstenfalls milde sein wird - lösbar, höchstwahrscheinlich, durch den Federal Reserve Board, und auf jeden Fall überwindbar, indem man sich erneut auf die langfristigen Verheißungen konzentriert. "Er fürchte indessen, daß Exzesse und Ungleichgewichte unser wirtschaftliches Wohlergehen konkret gefährden könnten".

Die US-Wirtschaft befindet sich nicht in der guten Verfassung, die die Statistiken oder die Entwicklung des Dow Jones Index signalisieren. Die Rohstoffpreise befinden sich auf einem 22-Jahrestief und der Großteil der Landwirtschaft und der Rohstoffproduktion befinden sich in einer Depression. In der Produktion gingen seit dem Ausbruch der Finanzkrise Mitte 1997 400.000 Arbeitsplätze verloren. Die Produktion wird in den USA dramatisch abgebaut. 1980 bestand die Geschäftstätigkeit der General Electric zu 85% aus der Produktion und dem Verkauf und zu 15% aus Finanzen und Service. Heute hat sich das Verhältnis auf 25% zu 75% umgekehrt.

Die Sparrate ist negativ, während die Verschuldung der Unternehmen und der Privathaushalte ansteigt. Zwischen September 1997 und September 1998 stieg die Verschuldung der Unternehmen um 72%, wobei die Hälfte der Neuverschuldung auf den Aktienrückkauf zu Höchstpreisen zurückzuführen ist.

Die Privathaushalte verzeichnen die höchsten Verschuldungsraten der Geschichte, wobei viele der neuen Schulden zum Kauf von überteuerten Aktien und Anleihen gemacht wurden. Da die Leasingraten für den Autokauf in den Statistiken nicht berücksichtigt sind, ist die tatsächliche Verschuldungssituation sogar noch dramatischer.

Die Unternehmensgewinne sinken. Die letzten Quartalszahlen weisen einen Rückgang der Unternehmensgewinne der S&P 500 Unternehmen von 20% aus. Die Unternehmenskredite wurden in den ersten beiden Monaten 1999 um 48 Mrd. $ reduziert, dem größten Rückgang seit über 20 Jahren. Die Haus- und Autoverkäufe verzeichnen ebenfalls scharfe Rückgänge. Es gibt nur eine Stütze der US- und der Weltwirtschaft - der US-Aktienmarkt. Wenn diese Stütze wegbricht wird die US-Wirtschaft, das US-Finanzsystem und das Weltfinanzsystem in sich zusammenbrechen. Damit dies nicht geschieht, muß die Illusion der immerwährenden Aktienhausse bewahrt werden.

Drei Dinge könnten die Luftblase der Aktienhausse zum Platzen bringen:
1. Steigende Zinsen, 2. Steigende Inflationsraten, 3. der Jahrtausendwechsel.


Die überschuldeten Verbraucher, die Altschulden und die US Gesamtverschuldung

"Mehr als ein Drittel aller Verbraucher ist sofort pleite, falls sich nur eine finanziell negative Entwicklung ereignet." (SMR Research). Beim siebenwöchigen Stromausfall in Auckland (Neuseeland) im Januar/Februar 1998 war ein Drittel der Unternehmen zahlungsunfähig. Das selbe Phänomen wird auch in den USA sichtbar, falls die Wirtschaft in eine Rezession einmündet oder der Aktienmarkt kollabiert.

Kein Land der Erde hat seit 25 Jahren Altschulden getilgt. Die Altschulden werden absichtlich verschwiegen und sind gar kein Thema in der öffentlichen Diskussionen. Heute wird nur über die Neuschulden gesprochen und verhandelt. Aber auch Neuschulden sind ein unangenehmes Thema. Wenn es um die Festlegung der Höhe der Neuverschuldung wird getrickst und manipuliert, daß sich die Balken biegen. (z.B. bei der Euroeinführung) Noch schlimmer ist, daß auch die Neuverschuldung in allen Ländern dieser Welt nie getilgt worden ist. Ausnahme ist die USA im Jahre 1999. Das Prinzip aller Regierungen nach Smithsonian weltweit ist das: Die Neuschulden mit Zinsen zu den Altschulden zu addieren und zwar solange, bis die Zinsbelastung nicht mehr finanziert werden kann und die Finanzblase - weltweit - platzt.

Die Konsumentenkredite erhöhten sich von 1991 bis 1998 um 59% auf 430 Mrd. $ und überstiegen die Konsumentenausgaben um 115 Mrd. $ oder 36%. Dieser Überschuß wurde im hochinflationierten US-Aktienmarkt angelegt. Eine Erhebung aus dem Jahr 1995 zeigt, daß 40% aller US-Haushalte weniger als 1.000 $ liquide Mittel besitzen. 1998 wurden 54% der Hauskäufe mit weniger als 10% Eigenkapital getätigt. Die US-Haushalte verzeichnen also eine negative Sparrate, eine massive Verschuldung und der Großteil der Ersparnisse ist in überbewerteten Aktien angelegt. 100 Millionen Haushalte, das entspricht einem Anteil von 50% (1929 3%) werden von einer Rezession oder einem Crash im Aktienmarkt voll getroffen. Bei einem Rückschlag am Aktienmarkt wird daher eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die eine schwere Rezession auslösen kann. Krieg kann die Folge sein. Studieren Sie die Entwicklung der Jahre 1929 bis 1934 und multiplizieren Sie das Absturzrisiko mit dem Faktor 10.

Die US-Staatsverschuldung stieg zwischen 1985 und 1999 von 1.590 auf 3.722 Mrd. $. Sie soll mit den aktuellen Haushaltsüberschüssen reduziert werden. Was bei der aktuellen Diskussion über die US-Verschuldung verschwiegen wird: Die Schulden der privaten Haushalte stiegen zwischen 1985 und 1999 von 2.236 auf 4.158 Mrd. $, die Schulden der Unternehmen von 1.612 auf 3.736 Mrd. $, die Schulden der Lokalregierungen von 678 auf 1,217 Mrd. $, die Schulden der Finanzbranche von 1.258 auf 6.827 Mrd. $ und die Auslandsverschuldung von 237 auf 597 Mrd. $. Insgesamt stieg die Verschuldung von 7.133 auf 16.318 Mrd. $.

Wie hoch waren noch mal die US-Haushaltsüberschüsse? = 200 Mrd. $


Dürfen's ein paar Billionen mehr sein? - Die Anwort zu den Haushaltsüberschüssen!

Am 7. Februar legte Präsident Clinton den Haushaltsplan 2001 vor, den letzten seiner Präsidentschaft. Vor dem Kongreß wiederholte er dabei eine grandiose Vorhersage, die er kurz zuvor schon auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos gemacht hatte:

Die USA könnten in den kommenden 15 Jahren mit ihren "Haushaltsüberschüssen" die gesamten Staatsschulden von 3,6 Billionen Dollar auf Null abbauen. Das Weiße Haus habe ausgerechnet, daß der "Haushaltsüberschuß" bis 2015 auf 4,5 Billionen Dollar an wachsen werde. Für das Jahr 2000 erwartet Clinton nach dem Rekordergebnis 1999 von über 124 Mrd. Dollar eine weitere Zunahme des "Haushaltsüberschusses" auf 167 Mrd. Dollar.

Eindrucksvolle Zahlen. Mit der Realität haben sie jedoch wenig zu tun. 1999 kamen mehr als 99% des sogenannten "Überschusses" gar nicht dem laufenden Haushalt zugute, sondern waren Einzahlungen der Arbeitnehmer in den staatlichen Rentenfonds "Social Security Trust Fund"; von den 124 Mrd. Dollar " Überschuß" waren das 123 Mrd. Dollar. Von den projizierten 167 Mrd. "Überschuß" im laufenden Jahr sollen 148 Mrd. Dollar aus dem Fonds kommen.

Wie das Weiße Haus selbst zugibt, gehen 60 Prozent der projizierten "Überschüsse" bis 2015 (2,8 Bio. Dollar) auf diesen Sozialversicherungsfonds zurück. Dessen "Überschüsse" ergeben sich aus den Einzahlungen der geburtenstarken Jahrgänge 1945-67 ("Babyboomer"), die jetzt ihre höchsten Einkommen erzielen und daher auch die höchsten Sozialabgaben auf zukünftige Rentenleistungen zahlen. Nach 2015 wird dieser "Überschuß" natürlich rasch verschwinden, da dann die entsprechenden Rentenzahlungen fällig werden.

Und die übrigen 40% der "Überschüsse"? ... sind ebenfalls Luftschlösser. Sie sind eine simple statistische Extrapolation der jetzigen Steuerlage, d.h. die Regierung sagt: Das Bruttoinlandsprodukt wächst derzeit um den Rekordwert von 5,8%, wir tun jetzt einfach so, als würde das in den nächsten 15 Jahren genauso bleiben."

Das kann natürlich jeder behaupten. Witzbolde erinnern an das Ehepaar, das in den ersten beiden Jahren nach der Hochzeit zwei Kinder bekommt und nun hochrechnet, daß es in 30 Jahren 30 Kinder haben wird, und schon mal anfängt, das Kindergeld zu beantragen. Der BIP-Wert von 5,8% für 1999 und die hohen Einnahmen der Regierung beruhen einzig und allein darauf, daß die Notenbank wie nie zuvor Geld druckt und auf die Börsen und Geldmärkte wirft, weil sonst das amerikanische (und damit das globale) Finanzsystem längst zusammengebrochen wäre.

Nun können wir alles zusammenaddieren: 60% der "Überschüsse" sind nichtexistent, und weitere 40% der Überschüsse" sind Luft, das macht zusammen... Nun ja, in Amerika ist eben Wahljahr.

Tatsache ìst, dass die US Handels- und Leistungsbilanzdefizite sich auf einsamen Weltrekordhöhen befinden, daß die US-Zentralbank mit frisch gedruckten Dollars Staatsschulden aufkauft - die damit schon seit Jahren auf (kriminelle) Art manipuliert werden - und die Regierung gefälschte Quartalszahlen überbewerteter börsennotierter Firmen duldet.

Die gleiche Gefahr für zunehmende Kriege, Depression, Inflation und eine kollabierenden Weltwirtschaft geht von Japan aus: Japan hat Staatsschulden von über 11 Billionen DM - allein in den letzten 12 Wochen ein Zuwachs von rund 1,2 Billionen DM -, einen 2. Nachtragshaushalt über weitere 139 Mrd. DM, ein Haushaltsdefizit von über 700 Mrd. Dollar, ein neues Konjunkturpaket von 318 Mrd. DM und ausgeplünderte staatseigene Unternehmen wie Rentenversicherung und Postsparkasse. Japans Notenbank kauft Staatsschulden und finanziert gleichzeitig mit frisch gedrucktem Geld das japanische Staatsdefizit. Bis September 1999 brachte die japanische Regierung 8mal soviel Staatsanleihen auf den Markt wie der Rest der Weit zusammengenommen. Das öffentliche Rentensystem hat ein Defizit von rund 5,7 Billionen DM, ein Defizit im Betriebsrentensystem von 1,2 Billionen DM. Japans Gesamtschulden belaufen sich auf über 450% des BIP. Hinzu kommen unglaubliche Schäden durch 18 Wirbelstürme (Taifune), die Japan allein 1999 bis September getroffen haben.




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