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Baltic Dry Index fällt erneut, Metalle sollten folgen

07.08.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis notiert weiter knapp unterhalb eines 5-Wochenhochs von 72,50 USD je Barrel. Brentöl stieg gestern sogar bis auf 76 USD je Barrel, den höchsten Stand seit Oktober 2008. Der ungewöhnlich große Preisunterschied zwischen den beiden Ölsorten erklärt sich mit den hohen Lagerbeständen in Cushing, aber auch mit dem Ansinnen der US-Behörden, die Energiemärkte stärker zu regulieren. Derzeit gibt es eine Reihe von Nachrichten, welche einem weiteren Ölpreisanstieg entgegenstehen dürften und für niedrigere Preise sprechen. So sollen laut dem weltgrößten Tankerbetreiber Frontline derzeit wieder 100 Mio. Barrel Rohöl in Supertankern physisch gelagert werden.

Aufgrund der stark steigenden Terminkurve und weiterhin sehr niedrigen Tankerraten ist es wieder lukrativ, Rohöl am Kassamarkt physisch zu kaufen, um es sofort zu einem ungleich höheren Preis auf Termin zu verkaufen. Die Tanker dienen in diesem Arbitrage-Geschäft lediglich der Zwischenlagerung. Dieses zusätzliche Rohöl, welches den weltweiten Verbrauch eines Tages übertrifft, dürfte das Anstiegspotenzial für Rohöl mittelfristig begrenzen. Doch auch kurzfristig steigt das Angebot. Die OPEC-Lieferungen sollen in den vier Wochen zum 22. August nach Angaben der Beratungsfirma Oil Movements um 0,4% auf 22,64 Mio. Barrel pro Tag steigen.

Der US-Erdgaspreis ist gestern infolge der Lagerdaten um 7,5% auf 3,75 USD je mmBtu eingebrochen. Die US-Lagerbestände sind in der vergangenen Woche um 66 Mrd. Kubikfuß gestiegen und damit stärker als erwartet. Außerdem hat die US-Wetterbehörde NOAA die Prognose für die diesjährige Hurrikansaison nach unten revidiert, was mit dem Wetterphänomen El Nino zusammenhängen dürfte. Hurrikans stellen in den Sommermonaten normalerweise einen unterstützenden Faktor für den US-Gaspreis dar. In diesem Jahr hat es bislang noch keinen Hurrikan gegeben, der eine Gefahr für die Öl- und Gasproduktion im Golf von Mexiko darstellte.


Edelmetalle

Der Goldpreis ist gestern zwischenzeitlich auf ein 2-Monatshoch von 972 USD je Feinunze gestiegen, nachdem die Bank von England das Anleihen-Kaufprogramm überraschend auf 175 Mrd. Pfund ausgeweitet hat. Die überschüssige Liquidität könnte zu Inflation führen, wenn es den Zentralbanken nicht gelingt, im Falle einer wirtschaftlichen Erholung rechtzeitig gegenzusteuern. Dies gilt umso mehr, da die Konjunkturerholung in den Augen vieler Marktteilnehmer bereits ausgemachte Sache ist. Die gestrigen Aussagen der EZB, wonach positive Wachstumsraten erst im nächsten Jahr zu erwarten sind, könnten die Zentralbanken nach Ansicht des Marktes bereits "hinter der Kurve" erscheinen lassen. Bessere US-Arbeitsmarktdaten würden diese Meinung heute bestätigen. Gold könnte dann einen erneuten Anlauf in Richtung der gestrigen Höchststände unternehmen.


Industriemetalle

Der Baltic Dry Index, der die Frachtraten für Schüttguttransporte misst, ist gestern wieder unter die Marke 3000 Punkte gefallen und damit auf den niedrigsten Stand seit Mai. Der Index weist oft einen Vorlauf zur Entwicklung des Rohstoffsektors (ohne Energieträger, siehe Grafik des Tages) auf. Dies führen wir unter anderem auf die Verzögerung der für die Rohstoffpreisentwicklung relevanten Daten zurück, wie z.B. der Import- oder der Nachfragestatistik. Wir haben bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass der Baltic Dry in diesem Jahr sehr stark wegen der Lageraufstockung bei Metallen in China verzerrt war. Da wir davon ausgehen, dass sich die strategischen Reservekäufe nun dem Ende zuneigen, rechnen wir mit weiter fallenden Index-Notierungen. Dies dürfte den Preisanstieg und die Euphorie bei den Metallen deutlich bremsen.

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Anders als Gezocke sind die jüngsten Preisentwicklungen bei vielen Metallen nicht korrekt zu bezeichnen. Die Preise für Nickel, Zinn, Kupfer und Aluminium sind wieder unter ihre jeweiligen wichtigen psychologischen Marken von 20.000 USD, 15.000 USD, 6.000 USD bzw. 2000 USD gefallen. Der Preisanstieg zuvor war u.E. verfrüht. Für die kurzfristige Preisentwicklung sollten neben den Lagerbestandsdaten, die immer noch keine Einengung des Angebots zeigen, die heute zur Veröffentlichung stehenden US-Arbeitsmarktdaten sein.


Agrarrohstoffe:

Vietnam hat Schätzungen zufolge seit März 30 bis 50 Tsd. Tonnen Robusta-Kaffee nicht geliefert. Offensichtlich halten Kaffeebauern und Exporteure des weltgrößten Robusta-Produzenten das Angebot bewusst zurück, um bessere Preise zu erzielen. Kaffee Robusta, hat zwar vom Ende Juni verzeichneten 3-Jahrestief 18% zulegen können, liegt mit 1.500 USD je Tonne aber immer noch gut 4% niedriger als zu Jahresbeginn. Damit zählt Robusta zu den wenigen Rohstoffen, welche in diesem Jahr eine negative Preisentwicklung aufweisen. Auch im Vergleich zur Konkurrenzsorte Arabica, welche seit Jahresbeginn 20% steigen konnte, schneidet Robusta deutlich schlechter ab.

Das Verhalten könnte sich für die vietnamesischen Produzenten als Bumerang erweisen. Nicht nur, dass der zweitgrößte Robusta-Produzent, Indonesien, in die Bresche springen könnte. Gestern konnte interessanterweise Kaffee Arabica deutliche Preisgewinne verbuchen und auf ein 2-Monatshoch von 134 US-Cents je Pfund steigen. Möglicherweise weichen einige Robusta-Konsumenten bereits auf die eigentlich teurere Konkurrenzsorte aus. Zudem dürfte das zurückgehaltene Angebot an Robustabohnen aus Vietnam später auf den Markt gelangen und damit eine nachhaltige Erholung der Robusta-Preise verhindern. Dies spricht für eine anhaltende Outperformance der Arabica-Preise in den kommenden Wochen.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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