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Ölpreis beginnt zu bröckeln

12.08.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis ist gestern belastet durch fallende Aktienmärkte und verhaltene Ölmarktprognosen seitens von EIA und OPEC unter die Marke von 70 USD je Barrel gefallen. Der deutliche Rückgang der API-Rohöllagerbestände um 1,4 Mio. Barrel in der vergangenen Woche konnte dem Ölpreis auch keinen nennenswerten Auftrieb geben.

Heute veröffentlicht das US-Energieministerium die entsprechenden Lagerdaten. Erwartet wird ein Anstieg der Rohölvorräte um 1 Mio. Barrel. Nach den gestrigen API-Daten bestehen für diese Prognose Abwärtsrisiken, was dem Ölpreis am Nachmittag Unterstützung geben könnte. Ob es für einen erneuten Anstieg über 70 USD reicht, dürfte maßgeblich von den Aktienmärkten abhängen. Denn die Fundamentaldaten sind weiterhin schwach. So hat die US-Regierung (EIA) gestern die Prognose für die weltweite Ölnachfrage in diesem Jahr nochmals um 150 Tsd. Barrel pro Tag gesenkt und erwartet nun einen Nachfragerückgang um 1,7 Mio. Barrel pro Tag. Dafür war in erster Linie die Abwärtsrevision der Nachfrageprognose in den USA verantwortlich.

Im kommenden Jahr soll der weltweite Ölverbrauch dann wieder um 940 Tsd. Barrel pro Tag zunehmen. Noch vorsichtiger ist die OPEC, welche für 2009 einen Nachfragerückgang um 1,65 Mio. Barrel pro Tag und für 2010 einen Anstieg um 500 Tsd. Barrel pro Tag erwartet. Die OPEC prognostiziert außerdem für das kommende Jahr einen um 480 Tsd. Barrel pro Tag niedrigeren Bedarf an OPEC-Öl und einen Anstieg der Nicht-OPEC-Produktion um 430 Tsd. Barrel pro Tag. Die Prognosen von EIA und OPEC unterstreichen unsere skeptische Haltung zum derzeitigen Ölpreisniveau, welches in erster Linie finanzmarktgetrieben ist und nicht mit den aktuellen Fundamentaldaten am Ölmarkt erklärt werden kann.

Heute gibt die IEA ihre neuen Ölmarktprognosen bekannt. Die Agentur geht bislang für 2009 von einem kräftigeren Rückgang der weltweiten Ölnachfrage um 2,5 Mio. Barrel pro Tag aus und rechnet mit einem stärkeren Anstieg um 1,4 Mio. Barrel pro Tag im nächsten Jahr.


Edelmetalle

Der Goldpreis ist gestern daran gescheitert, die Marke von 950 USD je Feinunze zurückzuerobern. Dies könnte kurzfristig orientierte Anleger zu neuerlichen Liquidationen von Long-Positionen veranlassen, so dass ein weiterer Goldpreisrückgang in Richtung 930 USD nicht ausgeschlossen werden kann. Im Vorfeld der Fed-Zinsentscheidung heute Abend dürften sich die Marktteilnehmer aber noch zurückhalten. Die Fed dürfte bekräftigen, dass der Leitzins noch für geraume Zeit nahe Null bleiben wird. Da der Markt bereits teilweise auf eine Fed-Zinserhöhung Anfang 2010 spekuliert, könnte dies den US-Dollar belasten und somit einem weiteren Goldpreisrückgang entgegenstehen. Die Goldbestände von SPDR Gold Trust fielen gestern den dritten Tag in Folge um 3 Tonnen auf 1.065,5 Tonnen.


Industriemetalle

Ein Großteil der enormen Metallimporte Chinas in den letzten Monaten dürfte in den dortigen Lagerhäusern gelandet sein. Auch bei Blei, dessen Nachfrage sich eigentlich als krisensicher präsentiert, weil die Ersatzbatterien den Großteil der Nachfrage ausmachen, sind die Lagerbestände zuletzt massiv gestiegen. Nach Einschätzung von Xinling Refining, einem chinesischen Bleischmelzer, werden derzeit zwischen 200 Tsd. und 300 Tsd. Tonnen Blei bei Händlern und Produzenten in China gelagert. WBMS rechnet damit, dass in anderen Ländern im Mai die Bleilagerbestände bei über 344 Tsd. Tonnen lagen und damit deutlich höher als in den Vorjahren. Am stärksten sind die LME-Lagerbestände gestiegen, die bereits in diesem Jahr um über 150% zunahmen und u.E. bald den höchsten Stand seit 2002 erreichen sollten.

Insgesamt bleibt das fundamentale Bild bei den Metallen trotz Hoffnungsschimmern wacklig. Der größte Kupferproduzent Europas, Aurubis, sieht zwar die Nachfrage nach seinen Produkten anziehen, aber nur relativ schwach. Auch der größte Rohstoffkonzern der Welt, BHP Billiton, rechnet mit einer Erholung der Nachfrage in den Schwellenländern, jedoch möglicherweise nur wegen Lageraufstockung. Das größte Risiko für die Metallpreise stellt u.E. hauptsächlich die Angebotsseite dar, weil Produktionskapazitäten verfrüht wieder in Betrieb genommen werden.


Agrarrohstoffe:

Heute gibt das US-Landwirtschaftsministerium seine neuen Ernteschätzungen mitsamt aktualisierter Umfragen zu den US-Anbauflächen bekannt. Erwartet wird ein Rückgang der Anbaufläche für Mais um eine Million auf 86 Mio. Morgen. Diese Abwärtsrevision könnte durch einen höheren durchschnittlichen Ernteertrag ausgeglichen werden. Die Prognose für die US-Maisernte dürfte daher nicht wesentlich von der bisherigen abweichen, welche bei 12,29 Mrd. Scheffel liegt. Dies könnte dem Maispreis Unterstützung geben, da einige Beobachter mit einer höheren Ernte rechnen. Aufgrund der günstigen Witterungsbedingungen dürften auch bei Weizen die Erträge etwas höher ausfallen und somit zu einer höheren US-Ernteprognose beitragen.

Laut aktuellem Fortschrittsbericht ist die US-Weizenernte weitgehend abgeschlossen, was das Risiko von witterungsbedingten Ernteausfällen minimiert. Dies und die vermutlich gestiegenen US-Endlagerbestände könnten den Weizenpreis kurzfristig weiter belasten. Allerdings unterliegen die Prognosen für die Ernten in Argentinien und Australien u.E. erheblichen Abwärtsrisiken, wo das USDA bislang noch immer Anstiege um 13% bzw. 7% unterstellt. Diese Prognosen dürften sich als zu optimistisch erweisen, bedenkt man, dass die Weizenanbaufläche in Argentinien um 40% zurückgehen soll und in Australien aufgrund von El Niño ebenfalls Ernteeinbußen drohen.

Die Sojabohnenpreise könnten kurzfristig von einem Rückgang der diesjährigen US-Endlagerbestände auf ein neues Rekordtief profitieren, wenngleich der kräftige Anstieg der Produktion die Preise mittelfristig belasten wird.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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