Goldnachfrage fällt im 2. Quartal auf 6-Jahrestief
19.08.2009 | Eugen Weinberg
Energie
Begünstigt durch steigende Aktienmärkte und einen kräftigen Rückgang der API-Rohöllagerbestände um 6,1 Mio. Barrel hat der WTI-Ölpreis gestern um 4% auf knapp 70 USD je Barrel angezogen, der Brentölpreis stieg sogar auf 73 USD an. Die gegenwärtig starke Volatilität – der WTI Ölpreis stieg gestern binnen nur weniger Stunden trotz weiterhin schwacher Angebots-/Nachfragesituation um über 4 USD – ist alarmierend.
Zum einem zeigt dies, dass der Ölmarkt gerade uneins ist über die künftige Preisentwicklung. Zum anderen bleibt der Ölmarkt im Bann externer Faktoren, wie z.B. der Aktienmärkte oder der globalen Liquditätssituation. Auch trotzt der Ölpreis weiterhin den schwachen Fundamentaldaten, was das Korrekturpotenzial tendenziell erhöht. Bei der heutigen Veröffentlichung seitens des US-Energieministeriums erwartet man einen Lageraufbau bei Rohöl um 1,2 Mio. Barrel, einen Rückgang der Benzinvorräte um 1 Mio. Barrel und einen Anstieg der Destillatebestände um 800 Tsd. Barrel.
Nach den gestrigen API-Daten bestehen für diese Prognose Abwärtsrisiken. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass der Rückgang der API-Rohöllagerbestände ausschließlich auf den Rückgang der Importe um 1 Mio. Barrel pro Tag zurückzuführen ist. Hurrikan Bill wurde zwar auf Kategorie 3 hochgestuft, dürfte die Öl- und Gasproduktion im Golf von Mexiko aber nicht beeinträchtigen. Der US-Erdgaspreis fällt daraufhin auf ein neues 7-Jahrestief von 3,09 USD je mmBtu, wobei der Preis schon heute unter 3 USD fallen könnte.
Edelmetalle
Der Goldpreis handelt wieder unter 940 USD je Feinunze. Der US-Dollar hat sich trotz steigender Aktienmärkte nicht weiter abgeschwächt, was einen Preisanstieg derzeit verhindert. Die gestern vom World Gold Council veröffentlichten Daten zur Entwicklung von Nachfrage und Angebot im zweiten Quartal unterstreichen, dass das derzeitige Goldpreisniveau in erster Linie vom US-Dollar bestimmt wird und nicht mit den Fundamentaldaten erklärt werden kann.
Nach Angaben des World Gold Council sank die weltweite Goldnachfrage im zweiten Quartal um 9% gegenüber dem Vorjahr auf 719,5 Tonnen, den niedrigsten Stand seit sechs Jahren. Entscheidend hierfür war der Rückgang der Schmucknachfrage um 22% auf 404,1 Tonnen. Die Investmentnachfrage stieg um 46% auf 222,4 Tonnen, konnte den Rückgang der Schmucknachfrage aber nicht ausgleichen. Das weltweite Goldangebot stieg im zweiten Quartal dagegen um 14% gegenüber dem Vorjahr auf 927 Tonnen und übertraf die Nachfrage damit um mehr als 200 Tonnen. Die Minenproduktion stieg um 6% auf 622 Tonnen, das Angebot von Altgold legte sogar um 21% auf 334 Tonnen zu.
Die Zentralbanken haben im zweiten Quartal per Saldo 14 Tonnen Gold gekauft. Im ersten Halbjahr beliefen sich die Zentralbankverkäufe auf 38,7 Tonnen netto. Das ist ein Rückgang um 73% im Vergleich zum Vorjahr und der niedrigste Wert seit 12 Jahren. Die Zentralbanken stellen somit keinen Belastungsfaktor für den Goldpreis mehr dar.
Industriemetalle
"Alle Boote steigen mit der Flut" sagt eine Börsenweisheit. Dies galt in den letzten Monaten im Metallsektor, wobei die Marktteilnehmer im Gegensatz zur Vergangenheit nicht zu sehr zwischen den einzelnen Metallen differenziert haben. Deswegen haben wir auch zuletzt oft eher allgemeine Wirtschaftsentwicklungen und das Makrobild diskutiert und uns nicht zu sehr mit den fundamentalen Veränderungen bei verschiedenen Metallen auseinander gesetzt. Angetrieben durch den Konjunkturoptimismus, einen schwachen US-Dollar und die enorme Liquidität sind im Gleichklang mit den Aktienmärkten die Metallpreise gemessen am LMEX Industriemetallindex um 60% gestiegen.
Allerdings hat u.E. der Einschränkung der Liquidität in China bereits gravierende negative Auswirkungen. In den ersten sechs Monaten ist das Volumen an neuen Krediten auf über 7 Billionen RBM bzw. 1 Billion USD gestiegen, einer Verdreifachung im Jahresvergleich (siehe Grafik des Tages). Im Juli fiel aber das Volumen um 77% im Vergleich zum Juni auf "lediglich" 356 Mrd. RMB bzw. 52 Mrd. USD, weil die Banken aus Angst vor faulen Krediten und einer Überhitzung der Märkte die Kreditvergabe einzuschränken begannen. Der chinesische Aktienmarkt Shanghai A-Share Index ist im August um knapp 20% gefallen, was wir auf das fehlende spekulative Interesse zurückführen. Dies sollte nun auch die Metallmärkte treffen. Im Übrigen hat sich die wirtschaftliche Lage für die Metalle zuletzt nicht wie vom Markt erhofft verbessert: Die US-Hausbeginne blieben im Juli mit 581K unter den Erwartungen.
Agrarrohstoffe
Die chinesische Regierung erwägt offensichtlich, den heimischen Sojabohnenverarbeitern eine Subvention von 200 Yuan pro Tonne zu zahlen, um so den stockenden Verkauf der staatlichen Reserven anzukurbeln. Aufgrund hoher Preise fanden sich bei den bisherigen Auktionen nur sehr wenige Interessenten. Es gibt daher Spekulationen, China könnte in Zukunft weniger Sojabohnen importieren. Dies hätte ergebliche Auswirkungen, denn China stellt mittlerweile die Hälfte der weltweiten Importe. Der Sojabohnenpreis ist im Zuge der Kontraktumstellung zu Wochenbeginn deutlich unter Druck geraten und notiert mittlerweile unter 10 USD je Scheffel. Denn der Oktober-Kontrakt repräsentiert bereits das neue Erntejahr. Die Prognosen deuten dabei auf eine starke Ausweitung des Angebots hin.
Nach Schätzung des US-Landwirtschaftsministeriums ist in den USA eine Rekordernte zu erwarten. Dazu dürfte die Produktion in Argentinien nach der vergangenen Missernte deutlich steigen. Auch in Brasilien dürfte die Sojabohnenproduktion aufgrund der attraktiven Preise ausgeweitet werden. Bis das Angebot aus Südamerika im Frühjahr auf den Markt kommt, dürfte die Angebotslage aber noch angespannt bleiben. Vor diesem Hintergrund und der weiterhin robusten Nachfrage aus China sollten die Sojabohnenpreise trotz der bevorstehenden US-Ernte nicht mehr deutlich fallen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Begünstigt durch steigende Aktienmärkte und einen kräftigen Rückgang der API-Rohöllagerbestände um 6,1 Mio. Barrel hat der WTI-Ölpreis gestern um 4% auf knapp 70 USD je Barrel angezogen, der Brentölpreis stieg sogar auf 73 USD an. Die gegenwärtig starke Volatilität – der WTI Ölpreis stieg gestern binnen nur weniger Stunden trotz weiterhin schwacher Angebots-/Nachfragesituation um über 4 USD – ist alarmierend.
Zum einem zeigt dies, dass der Ölmarkt gerade uneins ist über die künftige Preisentwicklung. Zum anderen bleibt der Ölmarkt im Bann externer Faktoren, wie z.B. der Aktienmärkte oder der globalen Liquditätssituation. Auch trotzt der Ölpreis weiterhin den schwachen Fundamentaldaten, was das Korrekturpotenzial tendenziell erhöht. Bei der heutigen Veröffentlichung seitens des US-Energieministeriums erwartet man einen Lageraufbau bei Rohöl um 1,2 Mio. Barrel, einen Rückgang der Benzinvorräte um 1 Mio. Barrel und einen Anstieg der Destillatebestände um 800 Tsd. Barrel.
Nach den gestrigen API-Daten bestehen für diese Prognose Abwärtsrisiken. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass der Rückgang der API-Rohöllagerbestände ausschließlich auf den Rückgang der Importe um 1 Mio. Barrel pro Tag zurückzuführen ist. Hurrikan Bill wurde zwar auf Kategorie 3 hochgestuft, dürfte die Öl- und Gasproduktion im Golf von Mexiko aber nicht beeinträchtigen. Der US-Erdgaspreis fällt daraufhin auf ein neues 7-Jahrestief von 3,09 USD je mmBtu, wobei der Preis schon heute unter 3 USD fallen könnte.
Edelmetalle
Der Goldpreis handelt wieder unter 940 USD je Feinunze. Der US-Dollar hat sich trotz steigender Aktienmärkte nicht weiter abgeschwächt, was einen Preisanstieg derzeit verhindert. Die gestern vom World Gold Council veröffentlichten Daten zur Entwicklung von Nachfrage und Angebot im zweiten Quartal unterstreichen, dass das derzeitige Goldpreisniveau in erster Linie vom US-Dollar bestimmt wird und nicht mit den Fundamentaldaten erklärt werden kann.
Nach Angaben des World Gold Council sank die weltweite Goldnachfrage im zweiten Quartal um 9% gegenüber dem Vorjahr auf 719,5 Tonnen, den niedrigsten Stand seit sechs Jahren. Entscheidend hierfür war der Rückgang der Schmucknachfrage um 22% auf 404,1 Tonnen. Die Investmentnachfrage stieg um 46% auf 222,4 Tonnen, konnte den Rückgang der Schmucknachfrage aber nicht ausgleichen. Das weltweite Goldangebot stieg im zweiten Quartal dagegen um 14% gegenüber dem Vorjahr auf 927 Tonnen und übertraf die Nachfrage damit um mehr als 200 Tonnen. Die Minenproduktion stieg um 6% auf 622 Tonnen, das Angebot von Altgold legte sogar um 21% auf 334 Tonnen zu.
Die Zentralbanken haben im zweiten Quartal per Saldo 14 Tonnen Gold gekauft. Im ersten Halbjahr beliefen sich die Zentralbankverkäufe auf 38,7 Tonnen netto. Das ist ein Rückgang um 73% im Vergleich zum Vorjahr und der niedrigste Wert seit 12 Jahren. Die Zentralbanken stellen somit keinen Belastungsfaktor für den Goldpreis mehr dar.
Industriemetalle
"Alle Boote steigen mit der Flut" sagt eine Börsenweisheit. Dies galt in den letzten Monaten im Metallsektor, wobei die Marktteilnehmer im Gegensatz zur Vergangenheit nicht zu sehr zwischen den einzelnen Metallen differenziert haben. Deswegen haben wir auch zuletzt oft eher allgemeine Wirtschaftsentwicklungen und das Makrobild diskutiert und uns nicht zu sehr mit den fundamentalen Veränderungen bei verschiedenen Metallen auseinander gesetzt. Angetrieben durch den Konjunkturoptimismus, einen schwachen US-Dollar und die enorme Liquidität sind im Gleichklang mit den Aktienmärkten die Metallpreise gemessen am LMEX Industriemetallindex um 60% gestiegen.
Allerdings hat u.E. der Einschränkung der Liquidität in China bereits gravierende negative Auswirkungen. In den ersten sechs Monaten ist das Volumen an neuen Krediten auf über 7 Billionen RBM bzw. 1 Billion USD gestiegen, einer Verdreifachung im Jahresvergleich (siehe Grafik des Tages). Im Juli fiel aber das Volumen um 77% im Vergleich zum Juni auf "lediglich" 356 Mrd. RMB bzw. 52 Mrd. USD, weil die Banken aus Angst vor faulen Krediten und einer Überhitzung der Märkte die Kreditvergabe einzuschränken begannen. Der chinesische Aktienmarkt Shanghai A-Share Index ist im August um knapp 20% gefallen, was wir auf das fehlende spekulative Interesse zurückführen. Dies sollte nun auch die Metallmärkte treffen. Im Übrigen hat sich die wirtschaftliche Lage für die Metalle zuletzt nicht wie vom Markt erhofft verbessert: Die US-Hausbeginne blieben im Juli mit 581K unter den Erwartungen.
Agrarrohstoffe
Die chinesische Regierung erwägt offensichtlich, den heimischen Sojabohnenverarbeitern eine Subvention von 200 Yuan pro Tonne zu zahlen, um so den stockenden Verkauf der staatlichen Reserven anzukurbeln. Aufgrund hoher Preise fanden sich bei den bisherigen Auktionen nur sehr wenige Interessenten. Es gibt daher Spekulationen, China könnte in Zukunft weniger Sojabohnen importieren. Dies hätte ergebliche Auswirkungen, denn China stellt mittlerweile die Hälfte der weltweiten Importe. Der Sojabohnenpreis ist im Zuge der Kontraktumstellung zu Wochenbeginn deutlich unter Druck geraten und notiert mittlerweile unter 10 USD je Scheffel. Denn der Oktober-Kontrakt repräsentiert bereits das neue Erntejahr. Die Prognosen deuten dabei auf eine starke Ausweitung des Angebots hin.
Nach Schätzung des US-Landwirtschaftsministeriums ist in den USA eine Rekordernte zu erwarten. Dazu dürfte die Produktion in Argentinien nach der vergangenen Missernte deutlich steigen. Auch in Brasilien dürfte die Sojabohnenproduktion aufgrund der attraktiven Preise ausgeweitet werden. Bis das Angebot aus Südamerika im Frühjahr auf den Markt kommt, dürfte die Angebotslage aber noch angespannt bleiben. Vor diesem Hintergrund und der weiterhin robusten Nachfrage aus China sollten die Sojabohnenpreise trotz der bevorstehenden US-Ernte nicht mehr deutlich fallen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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