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"Klartext" zu G-20 - US-Arbeitsmarktbericht mit mehr Licht als Schatten

07.09.2009  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.30 Uhr) bei 1.4330, nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden im europäischen Handel bei 1.4192 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 93.15. In der Folge notiert EUR-JPY bei 133.50, während EUR-CHF bei 1.5170 oszilliert.

Die G-20 Veranstaltung behandelte vier Kernpunkte:
  • Banken sollen gezwungen werden, mehr Eigenkapital vorzuhalten. Die individuelle Ausgestaltung bleibt nationale Sache.

  • Die Strukturen der international tätigen Finanzinstitute und damit die Haftungsverhältnisse müssen transparenter gemacht werden. Hier ist von einem "globalen Testament" die Rede.

  • "Exit-Strategien" aus den Konjunkturpaketen wurden andiskutiert. Noch sei der Zeitpunkt jedoch nicht gegeben.

  • Eine Regulierung der Banker-Boni ist grundsätzlich beschlossen. Die Umsetzung bleibt jedoch nebulös. Die USA und Großbritannien verweigern sich einer definierten Obergrenze.

Das Resultat, das Vorbereitung für das nächste Treffen in Pittsburgh Ende des Monats ist, kann als Ausdruck einer erstarkten Bankenlobby maßgeblich (aber nicht nur …) durch Vertreter Großbritanniens und der USA interpretiert werden.

Eigenkapitalvorschriften werden zukünftig national reguliert und Bankboni sollen nach Ansicht unsere Freunde in London und Washington private Verhandlungssache bleiben.

Unter Gebrauch des Stilmittels der Ironie könnte man den Granden der Bankenaristokratie (= international organisierte Banken, die alle "too big to fail" sind) zustimmen, daß wir alle diese Themen der Selbstregulierung der Banken überlassen sollten. Das sind ja schließlich die wahre Fachleute. Blenden wir vereinfachend aus, daß das zu hohe Maß der Selbstregulierung gerade Katalysator der größten Krise seit 1929 war.

Das Thema "Too big to fail" kam absolut zu kurz. Vielleicht kam es zu kurz, weil die einfachste Antwort lautet: "If something ist too big to fail, make it smaller!":
  • Wer will heute schon einfache Antworten, die die überproportional akkumulierte Macht der Bankenaristokratie gegenüber dem demokratisch organisierten Gesellschaftssystem wirklich beschneiden würde? Ist doch klasse, wenn die Banken als hierarchisch organisierte Institutionen wie ein Schwanz eines Hundes mit dem gesellschaftspolitischen System als Hund wackelt!

  • Wer vertritt die Steuerzahler, die dieser Aristokratie zunächst das Leben gerettet haben (ohne Bailout von AIG wären auch … und … keine "Sonnyboys" oder "Sunnybanks"!)?

  • Wer zahlt den Steuerzahlern für die massivsten Rettungsmaßnahmen der Finanzgeschichte Boni, denn sie hätten die Boni verdient!

Ist das Auslassen der intensiven Diskussion einer Zerschlagung dieser Machtapparate nach Vorbild beispielsweise des "Glass-Steagall Acts" (USA 1929-32, Zerschlagung der Trusts, Einführung des Trennbankensystems), die die Ausübung der Macht der Gesellschaftssysteme unterminiert, unter den Bedingungen des "Gesunden Menschenverstands" nicht eine Beleidigung unterproportionaler Intelligenz?

Der US-Arbeitsmarktbericht per August lieferte Licht und Schatten. Der Schatten ist unverändert die Tatsache, daß die Arbeitslosigkeit unverändert zunimmt. Die Quote legte von 9,4% auf 9,7% zu. Die belastbare Quote U-6 des BLS nahm von 16,3% auf 16,8% zu.

Licht kommt von Seiten der Dynamik. Die Dynamik der Arbeitsplatzverluste nimmt im Verlauf der letzten Monate deutlich ab. Der beigefügte Chart liefert hier ein eindrucksvolles Bild.

Per August stellten sich die "Nonfarm Payrolls" auf -216.000. Die Prognose war bei -225.000 angesiedelt. Wasser in den Wein lieferte die Revision der beiden Vormonate. Per Juli wurde von -247.000 auf - 276.000 angepaßt und per Juni wurde von -443.000 auf -463.000 revidiert.

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Um eine nachhaltige Belebung des Arbeitsmarkts zu gewährleisten, muß die durchschnittliche Wochenarbeitszeit als Frühindikator nachhaltig anziehen.

Per August ergab sich gegenüber dem Vormonat ein unverändertes Ergebnis bei 33,1 Stunden nahe den Tiefstwerten bei 33,0 Stunden.

Mithin zeichnet sich hier aktuell keine Trendwende am US-Arbeitsmarkt ab, sondern lediglich ein Dynamikverlust der Zunahme der Arbeitslosigkeit.

Heute steht die Entwicklung des Auftragseingangs der deutschen Industrie per Juli auf der Agenda. Analysten unterstellen eine Zunahme um +2,0% nach +4,5% per Juni im Monatsvergleich.

Analysten waren zuletzt tendenziell zu skeptisch ob der Belebung der deutschen Konjunktur. Das mag durchaus auch diesmal der Fall sein.

Nicht nur das Tempo der deutschen, sondern auch der internationalen Konjunkturbelebung wurde zumindest bislang von vielen Kollegen unterschätzt.

Die Homogenität der Konjunkturentwicklungen auf internationaler Ebene entwickelt eben nicht nur eine ungewohnte Entschleunigung in der Krise, sondern eben auch eine ganz eigene Beschleunigung im Aufschwung …

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Erst ein unterschreiten der Unterstützung bei 1.3970 - 1.4000 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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