Der Schuldige für den Goldpreisanstieg ist gefunden
09.09.2009 | Eugen Weinberg
Energie
"Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist" von Yogi Berra haben wir als Zitat der Woche gewählt. "Totgesagte leben länger" könnte man auch sagen, denn die Spekulation am Ölmarkt lebt trotz allem, wobei der Preis nach wie vor stärker durch die Makroindikatoren als durch die fundamentalen Angebot und Nachfrage beeinflusst wird. Den gestrigen Preisanstieg bei WTI-Rohöl um 3,5 USD bzw. 5% kann man nur bedingt durch stärkere Nachfrage begründen. Vielmehr war u.E. die Eindeckung von Leerverkäufen für den Preissprung verantwortlich. Dies erklärt auch die hohe positive Preisdifferenz zwischen WTI und Brentöl. Offensichtlich haben Marktteilnehmer in Erwartung fallender WTI-Ölpreise nach Einführung von Marktkontrollen durch die CFTC Leerverkäufe getätigt. Nicht alle Spekulanten setzen also kurzfristig unbedingt auf steigende Preise.
Wir glauben allerdings, dass die Regulierung vor allem die passiven index-basierten Produkte trifft, was letztendlich in eine starke Preiskorrektur einmünden wird.
Heute tagt die OPEC turnusmäßig in Wien. Eine Änderung der Produktionsquoten wäre sehr überraschend und nicht sonderlich glaubhaft. Denn noch immer werden die bereits beschlossenen Kürzungen nur zu etwa 70% umgesetzt. Sogar der größte OPEC-Produzent, Saudi Arabien, produzierte im August laut Ölminister al-Naimi 50 Tsd. Barrel Rohöl pro Tag mehr als von seiner Produktionsquote vorgesehen. Wichtiger beim Treffen werden u.E. andere Themen sein, wie z.B. die Quotendisziplin oder die enormen Öllagerbestände weltweit, deren Reichweite jetzt über 60 Tage beträgt. Diese rechtfertigt ein niedrigeres Ölpreisniveau.
Edelmetalle
Der Goldpreisanstieg über 1000 USD je Feinunze kam für viele überraschend. Häufige Erklärungsansätze dafür waren die Schwäche des US-Dollar, die Inflationsängste, die Nähe zur magischen Marke von 1000 USD und hohes spekulatives Engagement. Wir glauben, dass der Auslöser der Bewegung woanders zu finden ist. Barrick Gold plant noch im 3. Quartal seine sog. Hedge-Bücher zu schließen, d.h. die Terminverkäufe von Gold, die man zuvor getätigt hat, zurückzukaufen. Dafür wird man zusätzlich Aktien im Wert von bis zu 3,45 Mrd. USD ausgeben und 3 Mio. Unzen Gold zurückzukaufen. Zuletzt hatten die Rückkäufe der Produzenten massiv nachgelassen; in der ersten Jahreshälfte wurden die Hedge-Bücher weltweit um lediglich 1 Mio. Unzen reduziert; daher der Überraschungseffekt.
Allerdings wird somit künftig noch weniger Unterstützung für Gold von dieser Front kommen. Im Moment unterstützen die Käufe seitens der Anleger . ETF Securities vermeldete einen weiteren Anstieg seiner „Goldbestände“ auf nun 8,07 Mio. Unzen und plant seine Gold-ETFs nun auch in den USA, dem größten Markt für Goldinvestments, anzubieten. Ebenso stützt die geringere Goldproduktion in Südafrika, die im 2.Quartal im Jahresvergleich um 9,3% gefallen ist. Dennoch steht die Rallye auf wackligen Füssen und der Goldpreis dürfte bald wieder fallen.
Industriemetalle
Mit Ausnahme von Blei, das aktuell durch die Befürchtungen vor weiteren Schließungen der Schmelzer in China getragen wird, befinden sich zurzeit die Industriemetalle in einem sehr volatilen Seitwärtstrend. Einerseits wirken der Konjunkturoptimismus, freundlichere Aktienmärkte und der schwache US-Dollar unterstützend. Da jedoch der Großteil dieser Entwicklungen bereits ausreichend in den Preisen eskomptiert ist und auch das Angebot gleichzeitig zunimmt, bleibt das Preispotenzial sehr begrenzt.
Stellvertretend für diese Bewegung ist der gestrige Verlauf bei Nickel, das nach einem Preisanstieg um 1000 USD wieder 700 USD binnen weniger Stunden abgegeben hat, obwohl der US-Dollar weiter schwächelte. Wir rechnen zwar mit einer scharfen Preiskorrektur bei den meisten LME-Metallen, erkennen aber auch die Risiken an, die wir derzeit meist auf der Produktionsseite sehen. So waren die Ausfälle in der russischen Aluminiumindustrie nach dem Vorfall in Sajano-Schuschensk u.E. auschlaggebend für den Anstieg des Aufschlags bei Aluminium in Japan im 4.Quartal auf 115 USD je Tonne, das höchste Niveau seit Beginn der langfristigen Einkäufe im Jahr 1996.
Die Konzentration an der LME bleibt bei einigen Metallen stark. Während bei Kupfer ein Marktakteur über mehr als 30% der Lagerscheine verfügt, kontrolliert jeweils ein Marktteilnehmer bei Blei und Nickel zwischen 40% und 49% der Lagerbestände. Bei Zinn hat ein Kontrahent sogar mehr als 50% der LME-Lagerscheine auf sich vereint. Dies macht die Märkte anfälliger für kurzfristige Ausschläge in beide Richtungen.
Agrarrohstoffe
Wegen der Dürre hat China die Prognosen für die Sojabohnen- und Maisernte nach unten revidiert. Wichtig ist vor allem die Abwärtsrevision bei Sojabohnen, wo das Nationale Informationszentrum für Getreide und Öle jetzt mit einem Rückgang der Ernte von zuvor 15,5 Mio. Tonnen auf nun 14,5 Mio. Tonnen rechnet. Shanghai JC Intelligence erwartet sogar einen stärkeren Rückgang auf 14,05 Mio. Tonnen. Bei Mais rechnet Shanghai JC mit einem Rückgang von 12% beim zweitgrößten Maisproduzenten der Welt und erwartet eine deutlich schlechtere Ernte als die offiziellen Stellen.
Die Sojabohnenimporte Chinas dürften also bald wieder steigen, was die Rekordernte in den USA relativiert. Außerdem bleibt der Erntefortschritt bei Sojabohnen in den USA unter dem Durchschnittswert der vergangenen fünf Jahre zurück. Auch bei Mais liegt die Reifung deutlich unter den Werten der letzten Jahre. Dies dürfte die Preise unterstützen.
Die negative Situation bei Weizen hält dagegen an. Wir habtten zuvor damit gerechnet, dass eine längere Trockenheitsperdiode in Australien, die meist mit El Nino einhergeht, die dortige Ernte beschädigen würde. Stattdessen erwartet man jetzt die größte Weizenernte in vier Jahren. Auch die europäische Weizenernte dürfte höher als zuvor angenommen ausfallen. Dadurch wird der Ernterückgang in den USA, dem größten Weizenexporteur, kompensiert.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
"Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist" von Yogi Berra haben wir als Zitat der Woche gewählt. "Totgesagte leben länger" könnte man auch sagen, denn die Spekulation am Ölmarkt lebt trotz allem, wobei der Preis nach wie vor stärker durch die Makroindikatoren als durch die fundamentalen Angebot und Nachfrage beeinflusst wird. Den gestrigen Preisanstieg bei WTI-Rohöl um 3,5 USD bzw. 5% kann man nur bedingt durch stärkere Nachfrage begründen. Vielmehr war u.E. die Eindeckung von Leerverkäufen für den Preissprung verantwortlich. Dies erklärt auch die hohe positive Preisdifferenz zwischen WTI und Brentöl. Offensichtlich haben Marktteilnehmer in Erwartung fallender WTI-Ölpreise nach Einführung von Marktkontrollen durch die CFTC Leerverkäufe getätigt. Nicht alle Spekulanten setzen also kurzfristig unbedingt auf steigende Preise.
Wir glauben allerdings, dass die Regulierung vor allem die passiven index-basierten Produkte trifft, was letztendlich in eine starke Preiskorrektur einmünden wird.
Heute tagt die OPEC turnusmäßig in Wien. Eine Änderung der Produktionsquoten wäre sehr überraschend und nicht sonderlich glaubhaft. Denn noch immer werden die bereits beschlossenen Kürzungen nur zu etwa 70% umgesetzt. Sogar der größte OPEC-Produzent, Saudi Arabien, produzierte im August laut Ölminister al-Naimi 50 Tsd. Barrel Rohöl pro Tag mehr als von seiner Produktionsquote vorgesehen. Wichtiger beim Treffen werden u.E. andere Themen sein, wie z.B. die Quotendisziplin oder die enormen Öllagerbestände weltweit, deren Reichweite jetzt über 60 Tage beträgt. Diese rechtfertigt ein niedrigeres Ölpreisniveau.
Edelmetalle
Der Goldpreisanstieg über 1000 USD je Feinunze kam für viele überraschend. Häufige Erklärungsansätze dafür waren die Schwäche des US-Dollar, die Inflationsängste, die Nähe zur magischen Marke von 1000 USD und hohes spekulatives Engagement. Wir glauben, dass der Auslöser der Bewegung woanders zu finden ist. Barrick Gold plant noch im 3. Quartal seine sog. Hedge-Bücher zu schließen, d.h. die Terminverkäufe von Gold, die man zuvor getätigt hat, zurückzukaufen. Dafür wird man zusätzlich Aktien im Wert von bis zu 3,45 Mrd. USD ausgeben und 3 Mio. Unzen Gold zurückzukaufen. Zuletzt hatten die Rückkäufe der Produzenten massiv nachgelassen; in der ersten Jahreshälfte wurden die Hedge-Bücher weltweit um lediglich 1 Mio. Unzen reduziert; daher der Überraschungseffekt.
Allerdings wird somit künftig noch weniger Unterstützung für Gold von dieser Front kommen. Im Moment unterstützen die Käufe seitens der Anleger . ETF Securities vermeldete einen weiteren Anstieg seiner „Goldbestände“ auf nun 8,07 Mio. Unzen und plant seine Gold-ETFs nun auch in den USA, dem größten Markt für Goldinvestments, anzubieten. Ebenso stützt die geringere Goldproduktion in Südafrika, die im 2.Quartal im Jahresvergleich um 9,3% gefallen ist. Dennoch steht die Rallye auf wackligen Füssen und der Goldpreis dürfte bald wieder fallen.
Industriemetalle
Mit Ausnahme von Blei, das aktuell durch die Befürchtungen vor weiteren Schließungen der Schmelzer in China getragen wird, befinden sich zurzeit die Industriemetalle in einem sehr volatilen Seitwärtstrend. Einerseits wirken der Konjunkturoptimismus, freundlichere Aktienmärkte und der schwache US-Dollar unterstützend. Da jedoch der Großteil dieser Entwicklungen bereits ausreichend in den Preisen eskomptiert ist und auch das Angebot gleichzeitig zunimmt, bleibt das Preispotenzial sehr begrenzt.
Stellvertretend für diese Bewegung ist der gestrige Verlauf bei Nickel, das nach einem Preisanstieg um 1000 USD wieder 700 USD binnen weniger Stunden abgegeben hat, obwohl der US-Dollar weiter schwächelte. Wir rechnen zwar mit einer scharfen Preiskorrektur bei den meisten LME-Metallen, erkennen aber auch die Risiken an, die wir derzeit meist auf der Produktionsseite sehen. So waren die Ausfälle in der russischen Aluminiumindustrie nach dem Vorfall in Sajano-Schuschensk u.E. auschlaggebend für den Anstieg des Aufschlags bei Aluminium in Japan im 4.Quartal auf 115 USD je Tonne, das höchste Niveau seit Beginn der langfristigen Einkäufe im Jahr 1996.
Die Konzentration an der LME bleibt bei einigen Metallen stark. Während bei Kupfer ein Marktakteur über mehr als 30% der Lagerscheine verfügt, kontrolliert jeweils ein Marktteilnehmer bei Blei und Nickel zwischen 40% und 49% der Lagerbestände. Bei Zinn hat ein Kontrahent sogar mehr als 50% der LME-Lagerscheine auf sich vereint. Dies macht die Märkte anfälliger für kurzfristige Ausschläge in beide Richtungen.
Agrarrohstoffe
Wegen der Dürre hat China die Prognosen für die Sojabohnen- und Maisernte nach unten revidiert. Wichtig ist vor allem die Abwärtsrevision bei Sojabohnen, wo das Nationale Informationszentrum für Getreide und Öle jetzt mit einem Rückgang der Ernte von zuvor 15,5 Mio. Tonnen auf nun 14,5 Mio. Tonnen rechnet. Shanghai JC Intelligence erwartet sogar einen stärkeren Rückgang auf 14,05 Mio. Tonnen. Bei Mais rechnet Shanghai JC mit einem Rückgang von 12% beim zweitgrößten Maisproduzenten der Welt und erwartet eine deutlich schlechtere Ernte als die offiziellen Stellen.
Die Sojabohnenimporte Chinas dürften also bald wieder steigen, was die Rekordernte in den USA relativiert. Außerdem bleibt der Erntefortschritt bei Sojabohnen in den USA unter dem Durchschnittswert der vergangenen fünf Jahre zurück. Auch bei Mais liegt die Reifung deutlich unter den Werten der letzten Jahre. Dies dürfte die Preise unterstützen.
Die negative Situation bei Weizen hält dagegen an. Wir habtten zuvor damit gerechnet, dass eine längere Trockenheitsperdiode in Australien, die meist mit El Nino einhergeht, die dortige Ernte beschädigen würde. Stattdessen erwartet man jetzt die größte Weizenernte in vier Jahren. Auch die europäische Weizenernte dürfte höher als zuvor angenommen ausfallen. Dadurch wird der Ernterückgang in den USA, dem größten Weizenexporteur, kompensiert.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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