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Spekulationen über Ende der Dollarfakturierung bei Öl

06.10.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölpreis ist gestern aufgrund von Nachfragesorgen und abnehmenden Angebotsrisiken in Nigeria (s.u.) zunächst bis auf 68 USD je Barrel gefallen, ehe freundliche US-Konjunkturdaten, steigende Aktienmärkte und ein schwächerer US-Dollar für Auftrieb sorgten und einen erneuten Anstieg über die Marke von 70 USD auslösten. Der Ölpreis konnte somit den vierten Tag in Folge in den späten Handelsstunden deutlich zulegen.

Am Morgen profitiert der Ölpreis von britischen Medienberichten. Angeblich sollen sich die arabischen Golfstaaten in Gesprächen mit Russland, China, Japan und Frankreich befinden, um die Dollarfakturierung bei Rohöl zu beenden und stattdessen für den weltweiten Ölhandel einen Währungskorb zu verwenden. Wir halten dies zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt für unwahrscheinlich und auch kaum praktikabel. Saudi Arabien hat derartige Gespräche mittlerweile dementiert. Dennoch könnte diese Debatte den Ölpreis weiter unterstützen und einem nachhaltigen Preisrückgang zunächst entgegenstehen.

In Nigeria haben mehrere Rebellenführer der Untergrundorganisation MEND am Wochenende die Waffen niedergelegt. Dadurch sinkt das Risiko von Angebotsausfällen des größten afrikanischen Ölproduzenten. Allerdings hat es zuletzt keine nennenswerten Anschläge auf die Ölfördereinrichtungen im Nigerdelta mehr gegeben. In der Folge ist die nigerianische Ölproduktion laut Bloomberg in den vergangenen beiden Monaten um 3% gestiegen und übertraf im August mit 1,8 Mio. Barrel pro Tag die vereinbarte OPEC-Quote um mehr als 100 Tsd. Barrel pro Tag. Ohne neuerliche Anschläge, welche gewissermaßen ein Regulativ zur Überproduktion darstellten, könnte die Produktion noch weiter ausgeweitet werden, um die vorherigen Einnahmeausfälle auszugleichen. Die Förderkapazitäten in Nigeria werden auf 2,5 Mio. Barrel geschätzt.


Edelmetalle

Spekulationen über eine angebliche Ablösung des US-Dollar als Fakturierungswährung für Rohöl setzen die US-Währung am Morgen unter Druck und lassen den Goldpreis bis auf 1.020 USD je Feinunze steigen. Zusätzlich stützt die robuste physische Nachfrage in Indien im Vorfeld wichtiger religiöser Feiertage und der Hochzeitssaison. Der Widerstand dürfte oberhalb von 1.020 USD aber deutlich zunehmen, zumal die spekulativen Netto-Long Positionen weiterhin außerordentlich hoch sind.

Mit dem Aufbau neuer Longpositionen ist wahrscheinlich erst bei einem Bruch des Allzeithochs von 1.032 USD zu rechnen. Silber kann erneut überdurchschnittlich vom Goldpreisanstieg profitieren und bis auf 17 USD je Feinunze steigen. Der Gold-Silber-Koeffizient fällt daraufhin auf 60,5, den niedrigsten Stand seit zwei Wochen. Der Silberpreis dürfte sich weiter im Einklang mit Gold entwickeln. Der Weg nach oben dürfte bei Silber kurzfristig aber weniger beschwerlich sein, weshalb Silber gegenüber Gold bevorzugt werden dürfte.


Industriemetalle

Die größte Kupferschmelze in Japan, Pan Pacific Copper, plant die Produktion von raffiniertem Kupfer im Halbjahr Oktober bis März auf 286 Tsd. Tonnen zu reduzieren. Dies entspricht einem Rückgang um 1,6% gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum und um 4,3% im Vergleich zu den vorherigen sechs Monaten. Die beabsichtigte Produktionskürzung dürfte mit der geringeren Nachfrage aus China zusammenhängen. Im August lagen die chinesischen Importe an raffiniertem Kupfer 25% niedriger als im Vormonat und sogar 42% unter dem Niveau von Juni. Offensichtlich rechnet Pan Pacific mit einer Erholung der Nachfrage aus China.

Unterstützung könnte der Kupferpreis von Angebotsrisiken im größten Produzentenland Chile erhalten. Die Bergarbeiter in der Spence Kupfermine von BHP Billiton dürften der Gewerkschaft zufolge auch das letzte Lohnangebot zurückweisen und ab Donnerstag in einen Streik treten. Die Kupfermine stellt 3% der chilenischen Kupferproduktion von schätzungsweise 5,4 Mio. Tonnen. Im kommenden Jahr soll das jährliche Produktionsvolumen sogar auf 200 Tsd. Tonnen gesteigert werden. Auch die Arbeiter in der Andina Mine haben ein erstes Lohnangebot von Codelco zurückgewiesen. Im August war die Kupferproduktion in Chile erstmals seit 14 Monaten wieder um 7,8% gegenüber dem Vorjahr gestiegen.


Agrarrohstoffe

Der Kakaopreis in New York ist gestern um 8% gestiegen und hat bei 3.270 USD je Tonne den höchsten Stand seit 15 Monaten verzeichnet. Die Preise in London stiegen sogar auf den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen vor 20 Jahren. Angebotsrisiken bleiben weiter marktbestimmend. Die Kakaoernte in der Elfenbeinküste, dem mit Abstand größten Kakaoproduzenten weltweit, belief sich im Erntejahr 2008/2009 auf 1,16 Mio. Tonnen. Dies entsprach einem Rückgang um 16% gegenüber dem Vorjahr. Auch im gerade begonnenen neuen Erntejahr 2009/2010 wird mit keiner Verbesserung gerechnet. Im Gegenteil, pessimistische Schätzungen gehen sogar von einem weiteren Produktionsrückgang auf 1 Mio. Tonnen aus.

Im abgelaufenen Erntejahr konnte der Produktionsrückgang noch teilweise durch einen Rückgriff auf die Lagerbestände kompensiert werden, so dass die Exporte nur um 3,5% auf 1,22 Mio. Tonnen zurückgingen. Allerdings sollen die Lagerbestände in der Elfenbeinküste zu Beginn des neuen Erntejahres nur noch 160 Tsd. Tonnen betragen. Zwar konnte der zweitgrößte Kakaoproduzent Ghana seine Produktion im letzten Erntejahr um 3,4% auf 703 Tsd. Tonnen steigern. Dies reicht aber bei weitem nicht aus, die Angebotsverknappung in der Elfenbeinküste auszugleichen. Die Kakaopreise bleiben daher kurzfristig gut unterstützt.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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