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Anlageperspektiven 2009 - 2010

19.10.2009  |  Prof. Dr. Max Otte
Beim letzten Mal schrieb ich am 3. Oktober 2008 an dieser Stelle: "Die Krise ist da. Sie findet auch bislang in der Heftigkeit statt, wie ich sie in "Der Crash kommt" vorausgesagt habe." Am 15. September 2008 war Lehmann Brothers in die Insolvenz gegangen. In den Wochen und Monaten danach brach die nackte Panik an den Finanzmärkten aus: Banken trauten einander nicht mehr und der Kreditmechanismus kam vielerorts zum Erliegen. Etliche Wertpapiere stürzten ins Bodenlose.

Dennoch hatte ich Ihnen im letzten Jahresspecial am 3. Oktober 2008 nicht empfohlen, alle Aktien zu verkaufen. Aus meiner Sicht waren viele Aktien NICHT zu teuer. Und siehe da: Unsere Top-Empfehlungen aus dem letzten Jahr stehen deutlich im Plus! Zwölf von siebzehn Titeln weisen Kurssteigerungen auf, und das trotz der größten Finanzkrise seit 1929.

DENN: Was viele Privatanleger einfach vergessen, ist die fundamentale Unsicherheit, unter der wir an den Börsen handeln müssen. Im Rückblick ist alles oft sehr klar. Viele sagen dann "hätte ich bloß!". Aber: Nach vorne geschaut ist das viel, viel schwerer. Um den 25. September 2008 herum war auch ein Kollaps des Weltfinanzsystems nicht auszuschließen. Die Lehmann-Pleite war gerade zehn Tage alt. Was also, wenn Sie ins Festgeld und in Anleihen gegangen wären und dann reihenweise die Banken und Wäh-rungen ausgefallen wären?

Vieles ist so gekommen, wie man es erwartet hat, etliches anders als man denkt. Die Banken wurden gerettet. Die Märkte wurden mit einer ultragroßen Geldspritze von über fünf Billionen Dollar (= zehn Prozent des Weltbruttosozialprodukts) gerettet, natürlich mit großen Nebenwirkungen, die wir erst nach und nach zu spüren bekommen.


Die Zukunft

Die Zukunft ist vor allem eines: ungewiss. (Das ist sie immer!) Ich bin kein Sterndeuter. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob wir nach einer scharfen Rezession wieder eine schnelle Erholung bekommen ("V"-Form), ob es etwas länger Dauer („U“-Form) oder ob wir ein "L" oder "W" haben werden. Derartige Buchstabierübungen, die derzeit einige Ökonomen beschäftigen, halte ich auch für sinnlos.

Alles ist möglich. Die große Depression halte ich für unwahrscheinlich. Eine rasche Erholung auf breiter Front auch. Seien Sie nicht zu optimistisch. Dazu lagert noch viel zu viel Giftmüll in den Bilanzen der Banken.

De facto ist das Bankensystem der Welt insolvent (= negatives Eigenkapital) und benötigt weitere Kapitalspritzen von circa einer Billion Dollar!


Wir verstecken diese Insolvenz nur, indem wir die Buchhaltungsregeln für Wertpapiere gelockert haben und die Banken diese noch zu unrealistisch hohen Wertansätzen in der Bilanz halten dürfen. Die jetzige Politik läuft geradezu auf ein "Weiter so!" hinaus: die Banken sollen so schnell wie möglich wieder Geld verdienen, damit sie durch eigene Kraft quasi wieder zu solventen Unternehmen werden: Beispiele sind in Deutschland die Commerzbank und in den USA Wells Fargo. Aber die Belastungen sind noch da.

Die unmittelbaren Kosten der Finanzkrise: Laut Berechnungen der Commerzbank würde jeder Erdenbürger bis Ende diesen Jahres mit 1.500 Dollar belastet. Insgesamt sind das über 10.500 Milliarden Dollar. 1,6 Milliarden kommen durch Abschreibungen der Banken, 4,65 Milliarden sind die Folgekosten der Immobilienkrise in den USA und Großbritannien, 4,2 Milliarden sind die Folgen des Einbruchs beim Wirtschaftswachstum. Insgesamt wird uns die Krise bis Ende dieses Jahres also rund zehn Prozent des Weltbruttosozialproduktes kosten. Die Kosten in Deutschland werden auf 237 Milliarden Dollar beziffert, davon sind 104 Milliarden Abschreibungen bei Banken und 133 Milliarden durch das niedrigere Wirtschaftswachstum verursacht.




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