Gold zur Diversifikation gesucht
11.11.2009 | Eugen Weinberg
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Stark gestiegenes Angebot an AltgoldSchaut man sich die jüngsten Entwicklungen auf der Angebotsseite an, könnte man das verneinen. Denn das schwindende Angebot von offizieller Seite wird durch ein stark steigendes Angebot an Altgold ausgeglichen. Während in den Jahren 2002 bis 2007 nur gut ein Viertel des jährlichen Angebots durch Altgold gedeckt wurde, schoss der Anteil im ersten Halbjahr 2009 auf 41% nach oben. Fast die Hälfte der zusätzlichen Verkäufe entfielen auf die Türkei und Indien, aber auch in den USA und Europa wurden Rekordverkäufe gemeldet.
Ausschlaggebend für das große Verkaufsinteresse waren die hohen Preise zu Jahresbeginn (Grafik 3). Folglich erwarten wir, dass die Mitte November zur Veröffentlichung anstehenden Zahlen zwar ein etwas schwächeres Angebot im dritten Quartal zeigen, aber der jüngste Höhenflug des Goldpreises das Verkaufsinteresse erneut anheizen wird. Schmuck macht über die Hälfte der weltweiten (überirdischen) Goldbestände aus und entsprechend ist reichlich Verkaufspotenzial vorhanden.
De-Hedging der Produzenten nimmt in der Tendenz ab
Hinzu kommt, dass die schrumpfenden Rückkäufe zuvor getätigter Terminverkäufe der Produzentenseite (De-Hedging) die Angebotssituation entlasten. In der ersten Jahreshälfte wurden per saldo nur noch 19 Tonnen zurückgekauft. Da die Unternehmen nun über Jahre hinweg ihre Hedge-Bücher reduziert haben, belaufen sich diese in Summe nur noch auf 460 Tonnen. Damit ist das mittelfristige Rückkaufpotenzial eher begrenzt. Kurzfristig wird sich allerdings die Ende September vom kanadischen Produzenten Barrick Gold angekündigte Schließung seines Hedge-Buches in den Bilanzen niederschlagen. Das Hedge-Buch belief sich Ende September noch auf 2,9 Mio Unzen (gut 90 Tonnen) und wurde im Oktober bereits um ein Drittel reduziert.
Interesse der Notenbanken psychologisch wichtiger Impuls für Investmentnachfrage
Rechnet man deshalb rein bilanztechnisch fallende und steigende Angebotskomponenten gegeneinander auf, so steht per saldo eine deutliche Ausweitung des Angebots zu Buche, zumal auch das Minenangebot dank des hohen Preisniveaus erstmals seit Jahren wieder zunimmt. Doch der Goldmarkt ist anders als die anderen Rohstoffmärkte, und die reinen Angebots- und Nachfrageentwicklungen eines Jahres sind für den Preis nicht alleinig richtungsweisend. Wir messen den jüngsten Entwicklungen im offiziellen Sektor eine höhere Bedeutung bei, weil das stärkere Interesse der Notenbanken unseres Erachtens einen positiven psychologischen Effekt auf die private Investmentnachfrage haben wird.
Diese ist nach den kräftigen Zuwächsen zu Jahresbeginn im Frühjahr ins Stocken geraten. In einem Umfeld niedriger Realzinsen dürfte nicht zuletzt der jüngste Höhenflug erneut das Interesse der Anleger geweckt haben. Wir rechnen deshalb in den kommenden Wochen und Monaten mit einer deutlichen Belebung der Investmentnachfrage. Auch die Schmucknachfrage, auf die mehr als die Hälfte der gesamten Goldnachfrage entfällt, wird sich unseres Erachtens nach dem Einbruch im laufenden Jahr stabilisieren, denn die dämpfende Wirkung des hohen Preisniveaus dürfte durch den positiven Effekt einer Konjunkturerholung und den dadurch verbesserten Einkommensperspektiven kompensiert werden.
Alles in allem sind die Aussichten für den Goldpreis damit positiv. Wir heben deshalb unsere Goldpreisprognose für das erste Quartal an und erwarten nun im Quartalsdurchschnitt einen Preis von 1100 USD je Feinunze. Ein deutlich höheres Preispotenzial sehen wir nicht, denn die von unseren Währungsstrategen erwartete Aufwertung des US-Dollar trübt das Bild. Die Schwäche des US-Dollar war eine wichtige Triebfeder für die jüngste Hausse am Goldmarkt. Im Verlauf des nächsten Jahres dürfte sich hier das Bild umkehren. In Euro dürfte der Goldpreis aber neue Hochs markieren.
Andere Edelmetalle: Platin
Der Platinpreis befindet sich seit nunmehr zwölf Monaten in einem ununterbrochenen Aufwärtstrend. Nachdem der Kurs des Edelmetalls Ende September/Anfang Oktober eine kurze Verschnaufpause einlegte, nahm dieser das Momentum anschließend wieder auf und erreichte Mitte Oktober mit 1.377 USD je Feinunze den höchsten Stand seit über einem Jahr. Getrieben wurde der Platinpreis vor allem durch gute Konjunkturdaten in Erwartung einer weltweiten Wirtschaftserholung sowie durch die USD-Schwäche. Aktuell notiert Platin nur marginal unter diesem Hoch, womit der anhaltende Optimismus bezüglich einer erwarteten Konjunkturerholung zum Ausdruck gebracht wird.