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Rohstoffmärkte bleiben Spielball der Finanzanleger

23.11.2009  |  Eugen Weinberg
Trotz der starken Überschüsse an den physischen Rohstoffmärkten, die sich in steigenden Lagerbeständen reflektieren, steigen die Rohstoffpreise immer weiter. Offensichtlich wird die fehlende physische Nachfrage derzeit durch die Anleger ausgeglichen. Die Investmentzuflüsse in die Rohstoffmärkte in diesem Jahr dürften sogar die des Rekordjahres 2008 in den Schatten stellen. Zwar kann sich der Markt nicht ewig den schwachen Fundamentalbedingungen entziehen. Noch jedoch dominieren die optimistische Stimmung und die externen Faktoren an den Rohstoffmärkten. Aus unserer Sicht birgt dies eine Gefahr, denn je größer das Ausmaß der Übertreibung nach oben, desto größer ist das Ausmaß des anschließenden Preisverfalls.


Energie

Der WTI-Ölpreis steigt zum Wochenauftakt aufgrund geopolitischer Spannungen um einen US-Dollar auf 78 USD je Barrel. Der Iran hat am Wochenende mit einem mehrtägigen Luftmanöver begonnen und damit gedroht, Raketen auf Israel abzuschießen, sollten seine Atomanlagen angegriffen werden. Da die freien OPEC-Kapazitäten sich derzeit auf knapp 6 Mio. Barrel pro Tag belaufen und damit das iranische Produktionsvolumen um mehr als 50% übertreffen, sind die Sorgen vor Angebotsstörungen übertrieben.

Die implizite Ölnachfrage in China, d.h. Nettoimporte plus Produktion, lag im Oktober nach Angaben von Reuters 10,3% über dem Vorjahresniveau. Allerdings bestätigen die Daten auch, dass China zum Nettoexporteur von Ölprodukten geworden ist und somit zum weltweiten Überangebot beiträgt. Dies dürfte die Margen und damit die Ölnachfrage der Raffinerien weiter belasten. Der gegenwärtige Preisanstieg ist vor allem spekulativ getrieben. Die Netto-Long-Positionen der spekulativen Anleger stiegen zuletzt um 13,7 Tsd. auf 148 Tsd. Kontrakte und liegen damit nur noch knapp unter dem Ende Oktober verzeichneten Rekordwert.


Edelmetalle

Der Goldpreis steigt heute Morgen auf ein neues Allzeithoch von 1.168 USD je Feinunze gestiegen und liegt mit 780 EUR nur noch 10 Euro unter dem Allzeithoch vom Februar. Der schwächere US-Dollar und mögliche neue geopolitische Spannungen im Nahen Osten (s.o.) unterstützen den Goldpreis. Hinzu kommen spekulative Investoren, die derzeit jede Preisschwäche nutzen und Positionen aufbauen. Die Netto-Long-Positionen spekulativer Anleger liegen mit über 214.000 Kontrakten weiterhin nahe dem Rekordhoch.

Aber auch die physische Goldnachfrage nach Barren und Münzen scheint ungebrochen: So verzeichnete die US-Münzprägeanstalt, US Mint, in den ersten zehn Monaten eine Verdopplung des Verkaufs der Goldmünze American Eagle auf 1,07 Mio. Unzen. Im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2007 hat sich die Nachfrage sogar verzehnfacht. Die britische Prägeanstalt hat die Auflagehöhen ihrer Goldmünzen in den ersten drei Quartalen auf 100 Tsd. Unzen vervierfacht. Münze Österreich, der weltweit größte Goldmünzenhändler, hatte sogar bis September 1,9 Mio. Unzen Gold an Münzen und Barren verkauft, ein Anstieg von 23% ggü. Vorjahr.


Industriemetalle

Obwohl sich die Anzeichen einer Marktsättigung bei Kupfer mehren, scheint sich der Preis von der Angebots-/Nachfragesituation völlig loszulösen. Zum einen gehen die meisten Informationsdienste und Research-Institute nun trotz eines massiven Lageraufbaus vor allem in China von einem Marktüberschuss aus. Zum anderen gehen wie von uns prognostiziert die Netto-Importe Chinas massiv zurück. Heute hat die Zollbehörde bekannt gegeben, dass im Oktober die Importe im Monatsvergleich um 40% gefallen, während die Exporte - wenn auch von einem niedrigen Niveau - um 73% gestiegen sind. Von der Spitze im Juni sind die Netto-Importe von Kupfer somit um 60% eingebrochen. In der ersten Jahreshälfte haben die chinesische Regierung und Unternehmen bei den niedrigen Preisen die Gelegenheit ergriffen und Lagerbestände aufgebaut. Damit hat man aber die künftige Nachfrage vorweggenommen und die mittelfristigen Preisaussichten verschlechtert.

Auch fehlt jetzt ein weiterer Unterstützungsfaktor, die streikbedingten Produktionsausfälle in Chile. Die Arbeiter der Spence Mine haben sich mit BHP Billiton geeinigt. Auch in der Andina Kupfermine konnte sich der Betreiber Codelco mit den Minenarbeitern über die Zahlungsbedingungen einigen und damit die Gefahr eines Streiks abwenden. Der Preis steigt dennoch um 2% auf 7.000 USD je Tonne, ein neues 14-Monatshoch. Wir führen den Anstieg auf das steigende spekulative Interesse zurück (siehe Grafik des Tages) und rechnen mit einer scharfen Korrektur, sobald sich die euphorische Stimmung am Markt beruhigt.

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Agrarrohstoffe

Indien wird nach Ansicht seines Agrarministers aufgrund ausreichend hoher Lagerbestände keinen Reis importieren müssen. Einige Marktbeobachter, u.a. das International Rice Research Institute und der Rohstoffhändler Olam International gehen dagegen davon aus, dass das Land erstmals seit 20 Jahren zum Nettoimporteur von Reis wird. Hintergrund ist ein erwarteter Einbruch der Reisproduktion in Indien aufgrund der Dürre in diesem Erntejahr. Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums gehen für das laufende Erntejahr von einem Produktionsrückgang um 15-17 Mio. Tonnen aus, nachdem im vergangenen Jahr mit 99,2 Mio. Tonnen noch eine Rekordernte erzielt wurde.

Die indische Regierung soll deshalb bereits mit den beiden wichtigsten Exportländern Thailand und Vietnam Verhandlungen über den Kauf von Reis vorbei am Markt aufgenommen haben. Dadurch sollen offensichtlich Sorgen vor einer drohenden Angebotsverknappung gedämpft werden, um einem deutlichen Preisanstieg wie bei Zucker in diesem Jahr entgegenzuwirken. Sorgen über eine durch Exportbeschränkungen in einigen Ländern ausgelöste Angebotsverknappung hatte den Preis für groben Reis Anfang 2008 deutlich ansteigen lassen und zu gewalttätigen Unruhen in vielen Schwellenländern geführt. Reis ist dort das wichtigste Grundnahrungsmittel vor allem ärmerer Bevölkerungsschichten.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen nicht-kommerzieller Anleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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