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EUR/USD in bekanntem Fahrwasser

24.11.2009  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet (06.55 Uhr) bei 1.4930, nachdem gestern im europäischen Handel Höchstkurse bei 1.4999 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 88.80. In der Folge notiert EUR-JPY bei 132.60, während EUR-CHF bei 1.5115 oszilliert.

Unseren Erwartungen entsprechend hat sich der Euro bei 1.50 gestern schwer getan. Am Markt wird kolportiert, daß eine nicht unerhebliche deutsche Bankenadresse, der eine große Nähe zum Zentralbankensektor nachgesagt wird, den Markt auf diesem Niveau mit Briefkursen versorgt. Wir nehmen diesen Buschfunk interessiert zur Kenntnis.

Aus China wird zunehmend Kritik an den USA bezüglich der Ausgestaltung der Zinspolitik laut. So hat Zhang Ming (Chinese Academy of Social Sciences) betont, daß die extrem niedrigen Zinssätze in den USA Spekulationen an überseeischen Märkten forcierten (Carry-Trade). China sollte die Kapitalzuflüsse über Kapitalverkehrskontrollen einschränken, um dem entgegen zu wirken.

Während die Welt über Exitstrategien philosophiert, erfährt die Diskussion in den USA eine neue Richtung. Bullard (Fed St. Louis) plädierte gestern für eine Fortführung des Ankaufsprogramms der Fed für MBS Strukturen (MBS Volumen 1250 Mrd. USD bis 03/2010/Agency 175 Mrd. USD) über März 2010 hinaus, um der Fed möglichst viele Spielräume und Flexibilität einzuräumen.

Diese beiden Einlassungen machen deutlich, warum der USD strukturell schwach ist. Die USA brauchen mehr Zinssubvention als andere Länder. Die USA brauchen mehr Budgetdefizite, um relative Stabilität zu implementieren. Die USA brauchen Kapitalzuflüsse, da bei steigender Stabilität der Ökonomie auch die Handelsbilanzdefizite wieder zunehmen. Die USA bedürfen bei ihren militärischen Präsenzen immer mehr Hilfe Dritter. Die Zentralbankwelt will nicht mehr, sondern weniger USD-Reserven in ihren Portfolios. Dieser Mix verdient zumindest ansatzweise den Begriff "toxisch"!

Herr Trichet weist immer wieder darauf hin, daß die USA an der Politik des festen USD festhalten. Wir wenden ein, daß in den letzten Jahren der Politik des festen USD der USD nachhaltig gefallen ist. Worthülsen helfen nicht. Das wissen wir nicht erst seit der Begriff "Deutsche Demokratische Republik" aufgekommen ist. Da war auch nicht drin, was drauf stand!

Verdeckte oder offene Interventionen lösen übrigens keine strukturellen Probleme, sie führen bestenfalls zu etwas Zeitgewinn …

Wenden wir uns den gestrigen Veröffentlichungen zu. Die Einkaufsmanagerindices der Eurozone sind laut erster Schätzung insgesamt positiver als erwartet ausgefallen.

Der Index für das verarbeitende und produzierende Gewerbe legte per November von 50,7 auf 51,0 Punkte zu. Die Prognose war bei 51,2 Zählern angesiedelt.

Der Index für den Dienstleistungssektor nahm von zuvor 52,6 auf 53,2 Punkte zu. Hier lag die Prognose bei 52,8 Zählern.

Der Composite Index verzeichnete einen Anstieg von 53,0 auf 53,7 Punkte (Prognose 53,4). Entsprechend signalisieren die Indikatoren mit Indexständen oberhalb von 50 Punkten solide Expansion in der Eurozone.

Der "Chicago Fed National Activity Index" (Sammelindex aus 85 Einzelindikatoren der USWirtschaft) lieferte per Oktober eine herbe Enttäuschung. Der Vormonatswert wurde von -0,81 auf -1,01 Punkte revidiert. Im Berichtsmonat ergab sich eine Fortsetzung der Schwäche auf -1,08 Zähler. Damit kam es ausgehend von dem Juliwert bei -0,37 Punkten in den letzten drei Monaten zu Abschwächungen.

Der durch die Glättung aussagefähigere 3-Monatsdurchschnitt spiegelt diese Entwicklung. Im Vergleich zum Vormonat sank der Index von -0,67 auf nun -0,91 Punkte. Damit bewegt sich dieser Index von der kritischen Marke bei -0,70 weg. Werte oberhalb dieser Marke von -0,70 Punkten erlauben laut Definition dieses Index eine Debatte über ein Ende der Rezession. Die aktuelle Entwicklung dieses Index signalisiert eindrucksvoll die Divergenz zur Konjunkturentwicklung in anderen Regionen, ob Asien, Lateinamerika oder Europa!

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Es gab gestern aber auch eine positive Entwicklung. Der Absatz zuvor genutzter Wohnimmobilien setzte mit einem Anstieg im Monatsvergleich um 10,6% von annualisiert 5,54 auf 6,10 Mio. Objekte positive Akzente. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 24%. Hier stellte sich der höchste Absatz seit Anfang 2007 ein. Hintergrund ist fraglos auch eine aggressive steuerliche Förderung. Es wäre aber oberflächlich, den Absatzanstieg solitär darauf zurückzuführen. Das veränderte Preisniveau spielt eine dominierende Rolle.

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Heute steht zunächst der deutsche IFO-Index per November im Mittelpunkt. Analysten erwarten eine Zunahme von zuvor 91,9 auf 92,5 Punkte. Seit März ergibt sich durchgehend ein Anstieg dieses Index ausgehend von 82,2 Punkten. Bezüglich der letzten verfügbaren Daten erscheint es möglich, daß der Anstieg etwas schwächer als antizipiert ausfällt.

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Aus den USA kommt dem "S&P Case/Shiller Home Price Index" per September besondere Bedeutung zu. Marktbeobachter unterstellen einen Anstieg der Hauspreise im 20 Städtevergleich gegenüber dem Vormonat um 0,8%. Damit sollte sich im Jahresvergleich ein Rückgang der Hauspreise um "nur" noch -9,0% nach zuvor -11.3% ergeben.

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Bezüglich der weiteren Daten verweisen wir auf die unten angeführte Datenbox. Wir werden uns morgen dezidiert mit den Daten auseinandersetzen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.4600 - 30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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