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Deutliche Stimmungseintrübung am Rohstoffmarkt

09.12.2009  |  Eugen Weinberg
Das Geschehen der letzten Monate an den Rohstoffmärkten wurde vor allem durch undifferenzierte long-only Investments geprägt. Insgesamt haben die Anleger in diesem Jahr mittlerweile sogar mehr Geld in Rohstoff-Investmentprodukte investiert als im Rekordjahr 2008. Trotz sich immer weiter verschlechternder Fundamentalbedingungen, d.h. einer Ausweitung des Überangebots am Ölmarkt und bei Metallen, zogen sich die Leerverkäufer, die eigentlich zur korrekten Preisfindung beitragen, zurück. Nun scheinen sie aber wieder zurückzukommen. Da die fundamentalen Rahmenbedingungen bei vielen Rohstoffen aktuell nicht stimmen und sich die Preise zu sehr von ihren gerechtfertigten Niveaus entfernt haben, ist kurz- bis mittelfristig mit einer Fortsetzung der allgemeinen Rohstoffkorrektur zu rechnen.


Energie

Der WTI-Ölpreis notiert am Morgen bei 73 USD je Barrel und damit nur knapp über dem gestern verzeichneten Wochentief. Der Ölpreis konnte nicht vom unerwartet kräftigen Rückgang der API-Rohöllagerbestände um 5,8 Mio. Barrel profitieren. Dies ist ein Indiz für die Stimmungseintrübung am Ölmarkt. Bei den heute Nachmittag zur Veröffentlichung anstehenden Daten des US-Energieministeriums wird ein Lageraufbau von 250 Tsd. Barrel erwartet. Ein Rückgang der Rohölvorräte wäre nach den gestrigen API-Daten nicht mehr überraschend und dürfte den Ölpreis daher auch nicht mehr unterstützen.

Es überwiegt vielmehr das Risiko eines weiteren Preisrückgangs. Der Ölpreisanstieg der vergangenen Wochen beruhte größtenteils auf der Erwartung, dass die Ölnachfrage im nächsten Jahr deutlich anzieht. Nun hat die US-Regierung (EIA) ihre Prognose für die weltweite Ölnachfrage im kommenden Jahr nach unten revidiert und erwartet nur noch einen Anstieg um 1,1 Mio. Barrel pro Tag. Bislang ging man von einem Zuwachs um 1,26 Mio. Barrel pro Tag aus. Dies dürfte dem bis zuletzt vorherrschenden Optimismus einen weiteren Dämpfer versetzen.


Edelmetalle

Der Goldpreis verlor im Zuge eines starken US-Dollar gestern mehr als 2,5% und notiert heute Morgen bei knapp 1.130 USD je Feinunze. Eigentlich positive Nachrichten für den Goldpreis - das BIP-Wachstum in Japan wurde deutlich nach unten revidiert, das Kreditrating von Griechenland wurde heruntergestuft, in Dubai sind die Verluste höher als bislang angenommen - wurden vollkommen ignoriert. Dass Gold daraus kein Kapital schlagen kann, deutet darauf hin, dass der Goldpreisanstieg der vergangenen Wochen zuvor überwiegend dem schwachen US-Dollar geschuldet war und es sich dabei um eine kurzfristige Übertreibung handelte.

Wir gehen davon aus, dass sich der Rückgang des Goldpreises fortsetzen dürfte, zumal die Finanzinvestoren fluchtartig den Goldmarkt verlassen. Der größte börsennotierte Goldfonds, SPDR Gold Trust, hat gestern mit einem Abfluss von fast 14 Tonnen den höchsten Tagesrückgang seiner Goldbestände seit Mitte Juli verzeichnet.

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Industriemetalle

Ein steigender US-Dollar führt heute in der Breite zu Verlusten bei den Metallpreisen. Kupfer verliert am Morgen rund 1,5% und notiert unter der Marke von 6.900 USD je Tonne. Die chinesische Bankenaufsicht plant angeblich, im nächsten Jahr die Kreditvergabe der Banken auf 7-8 Billion Yuan zu begrenzen. Dies stellt eine Reduzierung der aktuellen Kreditausgaben dar und dürfte eine dämpfende Wirkung auf die spekulativen Aktivitäten bei Rohstoffen in China hinterlassen, die in den vergangenen Monaten zum Preisanstieg mit beigetragen haben. In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres wurden Kredite im Volumen von 8,9 Billionen Yuan vergeben. Wir sehen weiterhin hohes Korrekturpotenzial bei den Metallpreisen.

Der kanadische Rohstoffproduzent First Quantum Minerals kauft von BHP Billiton die westaustralische Nickelmine Raventhorpe und plant deren Wiederinbetriebnahme. Die Schließung dieser Mine im Januar aufgrund eingebrochener Nickelpreise hatte die Spitze der Übertreibung nach unten markiert. In der Mine befinden sich Nickelreserven in Höhe von 235 Mio. Tonnen. Raventhorpe könnte jährlich 50.000 Tonnen Nickel produzieren und würde damit für mehr als 3% der weltweiten Minenproduktion stehen. Die daraus resultierende Angebotsausweitung dürfte einem deutlichen Preisanstieg mittel- bis langfristig entgegenstehen.


Agrarrohstoffe:

Das staatliche australische Rohstoffprognoseinstitut Abare hat die Schätzung für die australische Weizenernte in Jahr 2009/10 aufgrund ungünstiger Witterungsbedingungen im Frühjahr um 3% auf 21,99 Mio. Tonnen nach unten korrigiert. Damit wäre die diesjährige Ernte aber noch immer 5% höher als im Erntejahr 2008/09 und die beste in den vergangenen vier Jahren. Australien dürfte somit zum bestehenden Angebotsüberschuss bei Weizen beitragen. Dies könnte sich in einer Aufwärtsrevision der weltweiten Lagerbestände zum Ende des laufenden Erntejahres niederschlagen.

Aktuelle Schätzungen hierfür werden vom US-Landwirtschaftsministerium am morgigen Donnnerstag veröffentlicht. Bislang geht man von 188 Mio. Tonnen aus, was einem Anstieg um 23,5 Mio. Tonnen gegenüber dem Vorjahr entsprechen würde.

Für den nächsten Sommer deutet sich in der EU eine ähnlich gute Weizenernte an wie in diesem Jahr, als beim zweitgrößten Exporteur 138 Mio. Tonnen Weizen geerntet wurden. Laut dem britischen Getreideinformationsdienst HGCA wurde in den Ländern der EU etwas mehr Winterweizen ausgesät als im vergangenen Jahr. Angesicht der Preisentwicklung hätte man eigentlich mit einer geringeren Aussaat rechnen können. Das reichliche Angebot und die hohen weltweiten Lagerbestände dürften die Weizenpreise tendenziell belasten. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass Weizen im Sog von Mais und Sojabohnen ebenfalls steigen wird.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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