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Die Erwartungen bestimmen nach wie vor das Bild

15.12.2009  |  Eugen Weinberg
Der Kopenhagener Klimagipfel hat anscheinend auch kurzfristig Folgen für den Rohstoffmarkt. Denn am Markt wird nicht die Gegenwart, sondern die Zukunft, sprich die Erwartungen, gehandelt. Die Effekte der künftigen (hoffentlich) schärferen Emissionsziele sind jedoch für die verschiedenen Rohstoffsegmente unterschiedlich. Denn während dies die Fantasie bei den fossilen Energien dämpft, verringern die steigenden Gesamtkosten den Produktionsausstoß bei den Metallen und unterstützen somit die Preise (siehe Grafik des Tages).

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Energie

Einen weiteren Dämpfer erhält die Stimmung der Öl-Anleger vom Anstieg der russischen Ölproduktion und dem erfolgreichen Verlauf der Versteigerungen der Öllizenzen im Irak. Dank der neuen ostsibirischen Ölfelder wird die russische Ölproduktion in diesem Jahr den Abwärtstrend der letzten Jahre umkehren und im Jahresvergleich um 1% zulegen. Die Exporte von Rohöl werden um 1,8% und die von Ölprodukten sogar um 4,1% steigen.

Der Irak hat in einer zweiten Auktionsrunde weitere sieben Verträge zur Erschließung und Ausbeutung von Ölfeldern im Land vergeben. Gemäß Aussagen des irakischen Ölministers wird man nach der Erschließung der versteigerten Ölfelder die Produktionskapazität bis zum Jahr 2015 von gegenwärtig 2,5 Mio. auf 12 Mio. Barrel pro Tag ausbauen. Diese Entwicklung würde die Anhänger der „Peak Oil“ Theorie eines Besseren belehren, auch wenn das Ziel aus heutiger Sicht als zu ambitioniert erscheint. Den Ölpreis dürfte die fehlende Fantasie belasten.

Der US-Erdgaspreis konnte gestern wieder um 4% auf 5,40 USD je mmBtu steigen, den höchsten Stand seit 10 Monaten. Wir halten schon seit geraumer Zeit trotz nach wie vor hoher Lagerbestände auch weitere Preisanstiege für wahrscheinlich, vor allem weil die spekulativen Marktteilnehmer weiterhin sehr negativ positioniert sind und ihre Positionen in den nächsten Wochen und Monaten schließen werden.

Für den gestrigen Anstieg verantwortlich war neben dem kalten Wetter in den USA die Meldung über die Übernahme des größten US-Gasproduzenten, XTO Energy, für umgerechnet 31 Mrd. USD durch Exxon Mobil. Die Übernahme dürfte aus unserer Sicht in Augen der Anleger die Zuversicht der Ölgesellschaften in den Gassektor demonstrieren und damit den Gaspreis unterstützen. Die spekulativen Anleger sind den jüngsten Daten zufolge mit über 122 Tsd. Kontrakten netto „short“, was kurz- bis mittelfristig für ein beträchtliches Anstiegspotenzial beim US-Gaspreis spricht.


Edelmetalle

Gold notiert heute Morgen im Zuge eines stärkeren US-Dollars etwas schwächer bei knapp 1.120 USD je Feinunze. Obwohl der massive Preisrückgang der letzten Tage durchaus längerfristige Käufer auf den Plan rufen könnte, birgt die Nähe zur 1.100 USD Marke auch Gefahren, weil die Anleger das Verletzen dieser psychologisch wichtigen Marke negativ empfinden werden. Heute und morgen dürften vor allem die Fed-Sitzung und die wichtigen US-Wirtschaftsdaten den Edelmetallmarkt beeinflussen. Es werden die November-Daten für die Industrieproduktion, den Häusermarkt und die Preisstatistik vorgelegt, die die Zinsfantasie und somit gegenwärtig den stärksten Treiber für den US-Dollar beeinflussen.


Industriemetalle

Die Metallpreise zeigen sich trotz eines zuletzt stärkeren US-Dollar weiter fest. Offensichtlich überwiegen in den Augen der Marktteilnehmer im Moment die positiven Impulse von der Konjunkturseite und die Erwartungen künftig wegen der schärferen Klimaziele steigender Produktionskosten bei Metallen die gegenwärtig schwachen Fundamentaldaten und die Stärke des US-Dollar. Die anhaltende Klimadebatte unterstützt vor allem die Aluminiumpreise, weil der Großteil der Produktionskosten bei Aluminium die Stromkosten sind.

Nach Einschätzungen des Europäischen Aluminiumverbands werden in Westeuropa über 60% der Produktionskapazitäten aufgrund steigender Strompreise künftig stillgelegt werden. Während jedoch die Schließungen der europäischen Aluminiumhütten noch Zukunftsmusik sind, sind die Produktionsausweitungen in China Realität. Allein der größte chinesische Produzent, Chinalco, gab bekannt, im Zuge des gestiegenen Preises alle seine Kapazitäten von insgesamt 4 Mio. Tonnen Aluminium jährlich wieder angefahren zu haben. Dies entspricht in etwa der gesamten Produktion Westeuropas. Wir halten den jüngsten Preisanstieg auch deshalb für überzogen und erwarten eine baldige Korrektur.


Agrarrohstoffe:

Das winterliche Wetter in wichtigen US-Anbaugebieten hält den Maismarkt weiter in seinem Bann. Der gestrige Erntefortschrittsbericht des US-Landwirtschaftsministeriums USDA verdeutlicht einmal mehr den Ernterückstand in diesem Jahr. Während normalerweise um diese Zeit die Ernte seit Wochen abgeschlossen ist, stehen in diesem Jahr noch immer 8% der Maispflanzen auf den Feldern. Es ist fraglich, ob die Erwartung der zweithöchsten Maisernte, die das USDA in seiner neuen Schätzung vom Donnerstag wiederholte, tatsächlich erfüllt wird.

Auch die Baumwollernte ist erst zu 91% abgeschlossen, nachdem in vielen Regionen doppelt so viel Regen wie normalerweise fiel. Die USA sind der weltgrößte Baumwollexporteur und stellen fast die Hälfte der Gesamtexporte. Die US-Baumwollpreise sind mit Notierungen um 75,7 US-Cents je Pfund inzwischen wieder auf Höhen wie zuletzt im Frühsommer 2008 gestiegen. Dazu trug auch bei, dass die Produktion Chinas in diesem Jahr nach Angaben des International Cotton Advisory Committee um 16% auf 6,8 Millionen Tonnen fallen könnte und die Nachfrage verstärkt aus Importen, vorrangig aus US-Quellen gedeckt werden muss. Das USDA hat über die letzten Monate seine Schätzungen für die weltweite Baumwollproduktion mehrfach nach unten revidiert, während die Prognosen für den Verbrauch nach oben angepasst wurden. Für die weltweiten Lagerbestände bedeutet dies einen deutlichen Rückgang zum Ende der Saison im Juli 2010.

Die Zuckerpreise sind inzwischen auf knapp 25 US-Cents je Pfund gestiegen, den höchsten Stand seit 1981. Dabei fällt auf, dass der Anstieg trotz des Abbaus der spekulativen Positionen erfolgt. Offensichtlich realisiert der Markt, wie schwerwiegend die Knappheitssituation in Indien mittlerweile ist. Wir gehen mittelfristig weiterhin von steigenden Preisen aus.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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