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Rohstoffe trotzen der US-Dollar-Stärke

18.12.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis steigt heute um 1% auf 73,4 USD je Barrel. Für die unerwartete relative Stärke der letzten Tage, als der Ölpreis trotz eines stärkeren US-Dollar und der fallenden Aktienmärkte zulegen konnte, sehen wir gleich mehrere Gründe. Zum einen handelt es sich u.E. um eine technische Erholung nach den starken Verlusten der Vortage. Auch die gemeldeten fallenden Lagerbestandsdaten für Rohöl am Mittwoch unterstützen, obgleich diese beim genaueren Hinsehen eine anhaltend schwache Nachfrage nach Ölprodukten in den USA nochmals verdeutlichen.

Der Kälteausbruch in der nördlichen Hemisphäre spricht auch für einen verstärkten Energieverbrauch. Nicht zuletzt spiegelt der jüngste Preisanstieg aus unserer Sicht die Erwartungen der Marktteilnehmer wider, dass während des Kopenhagener Klimagipfels keine strengen verbindlichen Zusagen zur CO2-Reduktion und damit zum geringeren Verbrauch der fossillen Energieträger gemacht werden. Dennoch ist die aktuelle WTI-Stärke überraschend, vor allem im Hinblick auf die geringere Preisdifferenz zu Brentöl. Der Februar WTI-Future notiert mittlerweile fast 1% höher als Brent, nachdem er in den letzten Wochen knapp 2% darunter lag. Dass dies trotz einer Ausweitung der Lagerbestände in Cushing stattfindet, die normallerweise den WTI-Ölpreis belastet, deutet auf die kurzfristige technische Natur des Preisanstiegs hin. Wir sehen die geringeren Handelsvolumina im Vorfeld des Kontraktwechsels Anfang nächster Woche und der Feiertage als ausschlaggebend.

Der US-Gaspreis bleibt dagegen sowohl technich als auch fundamental unterstützt. Zum einen dürfte der nach wie vor massive Überhang der Leerverkäufe den Preis für einen raschen starken Preisanstieg anfällig machen. Außerdem haben die kalten Temperaturen in den USA zum unerwartet starken Rückgang der Lagerbestände um 207 Mrd. Kubikfuß bzw. 5,5% geführt. Wir gehen von einem weiteren Anstieg der US-Gaspreise aus, wobei der Preis bereits nächste Woche die Marke von 6 USD/MMBtu überwinden dürfte.


Edelmetalle

Der Goldpreis hat gestern im Zuge eines stärkeren US-Dollar massiv um 3,5% an Wert verloren und notiert heute Morgen bei rund 1.105 USD je Feinunze. Kurzzeitig ist der Goldpreis gestern sogar unter die Marke von 1.100 USD je Feinunze gefallen, was aus technischer Sicht den Weg zur weiteren Preiskorrektur ebnen könnte (siehe Grafik des Tages).

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Denn damit rückt auch die magische 1.000 USD-Marke ins Blickfeld der Marktteilnehmer, was sie von weiteren Käufen abhalten und somit die wichtige Unterstützung dem Markt entziehen dürfte. Dazu werden auch die Positionsglattstellungen und die Gewinnrealisierungen im Vorfeld der Weihnachtsfeiertage beitragen. Denn die Anleger sind nach wie vor extrem positiv am Goldmarkt positioniert und die Reduktion ihrer Positionen dürfte per saldo negativ für den Goldpreis sein. Laut dem "disaggregierten" Bericht der CFTC von letzter Woche standen 213,2 Tsd. Long-Kontrakten der Anleger lediglich 5,4 Tsd. Short-Kontrakte gegenüber.


Industriemetalle

Trotz eines starken US-Dollar und schwächerer Aktienmärkte zeigen sich die Metallpreise derzeit robust. Der Fokus der Marktteilnehmer scheint sich vom US-Dollar eher in Richtung der positiven Konjunkturdaten hin verschoben zu haben. Die Fundamentaldaten der Metallmärkte selbst finden dagegen aktuell wenig Beachtung. Dies dürfte sich aber bald ändern. Denn fundamental sind die aktuell sehr hohen Metallpreise nicht zu rechtfertigen.

Der Bleimarkt hat Angaben der International Lead and Zinc Study Group zufolge in den ersten zehn Monaten einen Angebotsüberschuss von 51 Tsd. Tonnen verzeichnet, während im Vorjahr noch ein Defizit von 33 Tsd. Tonnen vorlag. Vor allem der Produktionsanstieg, allen voran in China, trägt dazu bei. Nach Angaben von Antaike, dem chinesischen Metall-Informationsdienst, ist die chinesische Bleiproduktion in den ersten zehn Monaten um 17% auf 2,96 Mio. Tonnen gestiegen. Auch deshalb sind die chinesischen Netto-Importe von Blei zuletzt massiv gefallen und lagen im Oktober rund 90% tiefer als in der Spitze im April.

In den letzten Jahren war China bei Blei überwiegend als Netto-Exporteur aktiv, was schon bald wieder der Fall sein könnte. Denn die Nachfrage wird einen Dämpfer erhalten, wenn das Nationale Standardkomitee Chinas wie zuletzt gemeldet neue verschärfte Richtlinien für E-Bikes (Elektrofahrräder) einführt. Voraussichtlich ab Januar sollten die Maschinen, die über 40 Kilo schwer oder über 20 Kmh schnell sind, und das sind die meisten E-Bikes jetzt, als Motorvehikel eingestuft werden, was die Beschaffung von Führerscheinen, Kennzeichen und Versicherung mit sich führt. Da die E-Bikes rund 20% der chinesischen Bleinachfrage ausmachen, würde dies den Bleipreis stark belasten.


Agrarrohstoffe:

Wegen eines stärkeren US-Dollar und der günstigen Wetterkonditionen in Südamerika gaben die Getreidepreise gestern in der Breite nach. Dank der starken gemeldeten US-Exporte dürften sie heute aber wieder zulegen. Nach dem Anstieg von 934.700 Tonnen in der Woche zum 10. Dezember lagen die US-Sojabohnenexporte in diesem Jahr bei insgesamt 29,5 Mio. Tonnen, ein Anstieg von knapp 50% im Jahresvergleich. Der Großteil davon ging nach China, wobei das Chinesische Nationale Zentrum für Getreide und Öle für Dezember und Januar Sojabohnenimporte in Rekordhöhe von insgesamt über 9,1 Mio. Tonnen erwartet. Trotz einer zu erwartenden US-Rekordernte dürften die Sojabohnenpreise gut unterstützt bleiben.

Der Rohzuckerpreis markiert heute ein neues 28-Jahreshoch bei 26 US-Cents pro Pfund, wobei wir mit einem baldigen Anstieg in Richtung 30 US-Cents rechnen. Die Liefersituation bei Zucker bleibt sehr angespannt. Zu den Problemen in Indien, wo die Zuckerbauer nicht zu den niedrigen Binnenpreisen verkaufen wollen, kommen die fallenden Exporte anderswo. Die Trockenheit in Australien, dem drittgrößten Zuckerexporteur weltweit, und die anhaltenden starken Regenfälle in Brasilien, dem größten Zuckerexporteur, werden die Exporte verringern.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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