Erhöhung des Fed-Diskontsatzes belastet Rohstoffe
19.02.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis gibt am Morgen einen Teil seiner Gewinne von gestern wieder ab und notiert bei 78 USD je Barrel, rund einen US-Dollar tiefer als gestern Abend. Die überraschende Anhebung des Diskontsatzes durch die US-Notenbank wurde vom Markt als erster Schritt zu einer späteren Leitzinserhöhung angesehen. Derartige Spekulationen führten zu einer kräftigen Aufwertung des US-Dollar und dämpften zugleich die Hoffnungen auf eine Belebung der Ölnachfrage. Angesichts dessen halten sich die Verluste beim Ölpreis noch in Grenzen, zumal die gestern vom US-Energieministerium veröffentlichten Lagerdaten keinen Anlass für übergroßen Optimismus gaben.
Demnach sind die US-Rohöllagerbestände in der Woche zum 12. Februar mit 3,1 Mio. Barrel stärker gestiegen als erwartet, obwohl sich die Raffinerieauslastung auf 79,8% erhöhte und somit innerhalb von zwei Wochen um zwei Prozentpunkte zulegen konnte. Gestiegene Importe verhinderten einen Abbau der Rohölbestände. Auch die Benzinvorräte erhöhten sich um 1,6 Mio. Barrel, während die Destillatebestände um 2,9 Mio. Barrel zurückgingen. Dies dürfte vor allem auf die kalte Witterung zurückzuführen sein, welche den Heizbedarf anspringen ließ. Insgesamt sind die Lagerbestände von Rohöl und Ölprodukten unverändert auf einem sehr hohen Niveau (siehe Grafik des Tages) und liefern somit keinen Anlass für einen weiteren Ölpreisanstieg.
Die Erdgaslagerbestände fielen in der vergangenen Woche um 190 Mrd. Kubikfuß. Der Lagerabbau fiel damit stärker aus als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Abweichung der Lagerbestände vom langjährigen Durchschnitt beträgt aktuell nur noch 2,7%. Dennoch fiel der Erdgaspreis gegen den allgemeinen Trend um 4%, was auf die Neuauflage von sogenannten "Long Öl - Short Gas"-Strategien hindeutet.
Edelmetalle
Die Edelmetallpreise geben im Zuge eines stärkeren US-Dollars nach, nachdem die US-Notenbank Fed gestern Abend den Diskontsatz auf 0,75% angehoben hat. Gemäß Angaben des World Gold Council hat sich die weltweite Goldnachfrage im vierten Quartal im Vergleich zum Vorquartal wie saisonal üblich auf knapp 820 Tonnen erhöht. Gegenüber dem Vorjahr fiel die Goldnachfrage jedoch um 24% niedriger aus, was auf die hohen Goldpreise zurückzuführen ist, die viele Anleger von physischen Goldkäufen abgehalten haben.
Bei der Schmucknachfrage hat China im vergangenen Jahr die Lücke zu Indien deutlich verkleinert. China war das einzige Land, in dem die Schmucknachfrage im letzten Jahr gestiegen ist. Die börsennotierten Goldfonds waren 2009 mit Zuflüssen von fast 595 Tonnen stark gefragt. Auf der Angebotsseite sind die Goldverkäufe des offiziellen Sektors (Notenbanken und IWF) deutlich auf 44 Tonnen gesunken. In den Jahren zuvor wurden im Durchschnitt noch über 440 Tonnen Gold verkauft. Wir erwarten auch für das laufende Jahr nur geringe Goldverkäufe der Notenbanken, bei einem gleichzeitig anhaltend hohen Investoreninteresse. Der Goldpreis dürfte daher auf dem aktuellen Niveau gut untersützt bleiben.
Industriemetalle
Die Anhebung des Diskontsatzes durch die US-Notenbank belastet über den stärkeren US-Dollar auch die Industriemetalle. Diese geben daher ihre Gewinne vom Vortag wieder ab. Angesichts der Dollar-Stärke in den vergangenen Wochen halten sich die Metallpreise jedoch sehr gut und zeigen relative Stärke. Ähnliche Auswirkungen auf die Metallmärkte, wie sie von den Maßnahmen in China zur Abkühlung der teilweise überhitzten Wirtschaft ausgehen könnten, sind vom Schritt der Fed jedoch nicht zu erwarten.
Das noch relativ schwache fundamentale Umfeld für Aluminium scheint sich etwas aufzuhellen. Der größte asiatische Verarbeiter von Aluminium, Novelis Korea Ltd., sieht einen markanten Anstieg der Kundennachfrage im asiatischen Raum und geht in diesem Jahr von einer höheren Nachfrage im Vergleich zu 2009 aus. Besonders die Nachfrage nach Dosen und LED-Fernsehern ist nach Angaben des Unternehmens gestiegen. Treiber dieser Entwicklung sei China. Dies sollte sich positiv auf die Aluminiumnachfrage und damit auch den Aluminiumpreis auswirken. Bereits seit einigen Wochen steigen die gekündigten LME-Lagerscheine bei Aluminium, was auf eine höhere Nachfrage schließen lässt.
Allerdings befinden sich die Lagerbestände an der LME mit 4,6 Mio. Tonnen weiterhin in der Nähe des Rekordhochs. Auch die Vorräte in den Lagerhäusern der Börse Shanghai befinden sich nach wie vor auf Allzeithoch, was einem nachhaltigen Anstieg des Aluminiumpreises entgegenstehen sollte.
Agrarrohstoffe
Das US-Landwirtschaftsministerium rechnet für das Jahr 2010 mit einem erneut sehr guten Erntejahr. Für Mais erwartet das USDA sogar eine Rekordernte von 13,2 Mrd. Scheffel. Die Sojabohnenernte soll mit 3,26 Mrd. Scheffel fast das Rekordniveau von 2009 erreichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Anbauflächen für Mais auf 89 Mio. Morgen steigen, eine Mio. Morgen mehr als bislang erwartet. Die Anbauflächen für Sojabohnen sollen nur noch auf 77 Mio. Morgen sinken und nicht auf 76,5 Mio. Morgen wie bislang geschätzt. Die höheren Anbauflächen bei Mais und Sojabohnen gehen zulasten von Weizen, mit welchem nur noch 53,8 Mio. Morgen bestellt werden sollen. Bislang ging man von 55 Mio. Morgen aus.
Allerdings besteht derzeit auch keine Knappheit an Weizen. So rechnet Indien mit einer Weizenernte in diesem Jahr von 82 Mio. Tonnen, womit die Rekordernte vom vergangenen Jahr nochmals um 1,3 Mio. Tonnen übertroffen würde. Die Lagerbestände sollen zum 1. Juni auf 40 Mio. Tonnen steigen. Das wäre ein Anstieg um gut 20% gegenüber dem Vorjahr. Indien könnte damit erstmals seit fünf Jahren zum Exporteur von Weizen werden. Bislang verhindert ein Exportverbot die Ausfuhr von Weizen. Die Ausfuhr von überschüssigem Weizen würde ökonomisch Sinn machen, da Indien gleichzeitig einen hohen Importbedarf an Zucker hat. Der weltgrößte Zuckerexporteur Brasilien ist gleichzeitig Importeur von Weizen.
DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis gibt am Morgen einen Teil seiner Gewinne von gestern wieder ab und notiert bei 78 USD je Barrel, rund einen US-Dollar tiefer als gestern Abend. Die überraschende Anhebung des Diskontsatzes durch die US-Notenbank wurde vom Markt als erster Schritt zu einer späteren Leitzinserhöhung angesehen. Derartige Spekulationen führten zu einer kräftigen Aufwertung des US-Dollar und dämpften zugleich die Hoffnungen auf eine Belebung der Ölnachfrage. Angesichts dessen halten sich die Verluste beim Ölpreis noch in Grenzen, zumal die gestern vom US-Energieministerium veröffentlichten Lagerdaten keinen Anlass für übergroßen Optimismus gaben.
Demnach sind die US-Rohöllagerbestände in der Woche zum 12. Februar mit 3,1 Mio. Barrel stärker gestiegen als erwartet, obwohl sich die Raffinerieauslastung auf 79,8% erhöhte und somit innerhalb von zwei Wochen um zwei Prozentpunkte zulegen konnte. Gestiegene Importe verhinderten einen Abbau der Rohölbestände. Auch die Benzinvorräte erhöhten sich um 1,6 Mio. Barrel, während die Destillatebestände um 2,9 Mio. Barrel zurückgingen. Dies dürfte vor allem auf die kalte Witterung zurückzuführen sein, welche den Heizbedarf anspringen ließ. Insgesamt sind die Lagerbestände von Rohöl und Ölprodukten unverändert auf einem sehr hohen Niveau (siehe Grafik des Tages) und liefern somit keinen Anlass für einen weiteren Ölpreisanstieg.
Die Erdgaslagerbestände fielen in der vergangenen Woche um 190 Mrd. Kubikfuß. Der Lagerabbau fiel damit stärker aus als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Abweichung der Lagerbestände vom langjährigen Durchschnitt beträgt aktuell nur noch 2,7%. Dennoch fiel der Erdgaspreis gegen den allgemeinen Trend um 4%, was auf die Neuauflage von sogenannten "Long Öl - Short Gas"-Strategien hindeutet.
Edelmetalle
Die Edelmetallpreise geben im Zuge eines stärkeren US-Dollars nach, nachdem die US-Notenbank Fed gestern Abend den Diskontsatz auf 0,75% angehoben hat. Gemäß Angaben des World Gold Council hat sich die weltweite Goldnachfrage im vierten Quartal im Vergleich zum Vorquartal wie saisonal üblich auf knapp 820 Tonnen erhöht. Gegenüber dem Vorjahr fiel die Goldnachfrage jedoch um 24% niedriger aus, was auf die hohen Goldpreise zurückzuführen ist, die viele Anleger von physischen Goldkäufen abgehalten haben.
Bei der Schmucknachfrage hat China im vergangenen Jahr die Lücke zu Indien deutlich verkleinert. China war das einzige Land, in dem die Schmucknachfrage im letzten Jahr gestiegen ist. Die börsennotierten Goldfonds waren 2009 mit Zuflüssen von fast 595 Tonnen stark gefragt. Auf der Angebotsseite sind die Goldverkäufe des offiziellen Sektors (Notenbanken und IWF) deutlich auf 44 Tonnen gesunken. In den Jahren zuvor wurden im Durchschnitt noch über 440 Tonnen Gold verkauft. Wir erwarten auch für das laufende Jahr nur geringe Goldverkäufe der Notenbanken, bei einem gleichzeitig anhaltend hohen Investoreninteresse. Der Goldpreis dürfte daher auf dem aktuellen Niveau gut untersützt bleiben.
Industriemetalle
Die Anhebung des Diskontsatzes durch die US-Notenbank belastet über den stärkeren US-Dollar auch die Industriemetalle. Diese geben daher ihre Gewinne vom Vortag wieder ab. Angesichts der Dollar-Stärke in den vergangenen Wochen halten sich die Metallpreise jedoch sehr gut und zeigen relative Stärke. Ähnliche Auswirkungen auf die Metallmärkte, wie sie von den Maßnahmen in China zur Abkühlung der teilweise überhitzten Wirtschaft ausgehen könnten, sind vom Schritt der Fed jedoch nicht zu erwarten.
Das noch relativ schwache fundamentale Umfeld für Aluminium scheint sich etwas aufzuhellen. Der größte asiatische Verarbeiter von Aluminium, Novelis Korea Ltd., sieht einen markanten Anstieg der Kundennachfrage im asiatischen Raum und geht in diesem Jahr von einer höheren Nachfrage im Vergleich zu 2009 aus. Besonders die Nachfrage nach Dosen und LED-Fernsehern ist nach Angaben des Unternehmens gestiegen. Treiber dieser Entwicklung sei China. Dies sollte sich positiv auf die Aluminiumnachfrage und damit auch den Aluminiumpreis auswirken. Bereits seit einigen Wochen steigen die gekündigten LME-Lagerscheine bei Aluminium, was auf eine höhere Nachfrage schließen lässt.
Allerdings befinden sich die Lagerbestände an der LME mit 4,6 Mio. Tonnen weiterhin in der Nähe des Rekordhochs. Auch die Vorräte in den Lagerhäusern der Börse Shanghai befinden sich nach wie vor auf Allzeithoch, was einem nachhaltigen Anstieg des Aluminiumpreises entgegenstehen sollte.
Agrarrohstoffe
Das US-Landwirtschaftsministerium rechnet für das Jahr 2010 mit einem erneut sehr guten Erntejahr. Für Mais erwartet das USDA sogar eine Rekordernte von 13,2 Mrd. Scheffel. Die Sojabohnenernte soll mit 3,26 Mrd. Scheffel fast das Rekordniveau von 2009 erreichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Anbauflächen für Mais auf 89 Mio. Morgen steigen, eine Mio. Morgen mehr als bislang erwartet. Die Anbauflächen für Sojabohnen sollen nur noch auf 77 Mio. Morgen sinken und nicht auf 76,5 Mio. Morgen wie bislang geschätzt. Die höheren Anbauflächen bei Mais und Sojabohnen gehen zulasten von Weizen, mit welchem nur noch 53,8 Mio. Morgen bestellt werden sollen. Bislang ging man von 55 Mio. Morgen aus.
Allerdings besteht derzeit auch keine Knappheit an Weizen. So rechnet Indien mit einer Weizenernte in diesem Jahr von 82 Mio. Tonnen, womit die Rekordernte vom vergangenen Jahr nochmals um 1,3 Mio. Tonnen übertroffen würde. Die Lagerbestände sollen zum 1. Juni auf 40 Mio. Tonnen steigen. Das wäre ein Anstieg um gut 20% gegenüber dem Vorjahr. Indien könnte damit erstmals seit fünf Jahren zum Exporteur von Weizen werden. Bislang verhindert ein Exportverbot die Ausfuhr von Weizen. Die Ausfuhr von überschüssigem Weizen würde ökonomisch Sinn machen, da Indien gleichzeitig einen hohen Importbedarf an Zucker hat. Der weltgrößte Zuckerexporteur Brasilien ist gleichzeitig Importeur von Weizen.
DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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