Neue Überhitzungssorgen in China belasten
11.03.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der gestrige Handelsverlauf bei Rohöl hat einmal mehr den Einfluss der Finanzmärkte vor Augen geführt. Als erste Reaktion auf die Lagerdaten des US-Energieministeriums stieg der WTI-Ölpreis auf ein 2-Monatshoch von 83 USD je Barrel, fiel dann aber nach dem misslungenen Ausbruchsversuch aber binnen weniger Minuten wieder auf 81 USD zurück. Technische Faktoren sind derzeit offensichtlich wichtiger als die Fundamentaldaten.
Die US-Rohöllagerbestände sind die sechste Woche in Folge gestiegen. Mit 1,4 Mio. Barrel blieb der Lageraufbau gemäß DOE allerdings deutlich hinter dem des API vom Vortag zurück. Zudem fielen die Produktvorräte überraschend deutlich. Die Details zu den Lagerdaten waren allerdings weniger positiv. So ging die Raffinerieauslastung erstmals seit Wochen wieder deutlich zurück. Dass die Rohöllagerbestände daraufhin nicht stärker gestiegen sind, lag vor allem daran, dass die Rohölimporte ebenfalls deutlich zurückgegangen sind. Offensichtlich nähert sich die Anlandbringung von zuvor auf Tankschiffen zwischengelagerten Ölvorräten ihrem Ende.
Die OPEC hat die Prognose für die weltweite Ölnachfrage in diesem Jahr leicht nach oben revidiert, bleibt mit einem erwarteten Anstieg um 880 Tsd. Barrel pro Tag aber deutlich pessimistischer als das US-Energieministerium mit einem prognostizierten Nachfrageanstieg um 1,5 Mio. Barrel pro Tag. Zudem liegt der von der OPEC für 2010 erwartete Bedarf an OPEC-Öl trotz einer Aufwärtsrevision um 190 Tsd. Barrel pro Tag noch immer um 500 Tsd. Barrel pro Tag unter dem derzeitigen Produktionsniveau. Im zweiten Quartal soll diese Diskrepanz sogar auf 1,5 Mio. Barrel pro Tag steigen. Der Markt bleibt mit Rohöl also reichlich versorgt. Dies unterstreicht einmal mehr, dass das derzeitige Ölpreisniveau fundamental nicht gerechtfertigt ist, sondern vor allem auf Finanzanleger zurückzuführen ist.
Edelmetalle
Der Goldpreis gab gestern 20 US-Dollar nach und notiert heute Morgen nur noch knapp über der psychologisch wichtigen Marke von 1.100 USD je Feinunze. Griechenland hat gestern verlautbaren lassen, dass das Land in seinen Bemühungen zur Eindämmung des Budgetdefizits vor dem Plan liegt, wodurch Gold als sicherer Hafen an Attraktivität etwas eingebüßt hat. Der SPDR Gold Trust verzeichnete zum ersten Mal seit 2 ½ Wochen wieder leichte Abflüsse von 0,6 Tonnen. Allerdings dürfte das physische Kaufinteresse auf dem aktuellen Preisniveau wieder zunehmen, was dem Goldpreis ebenso Unterstützung geben sollte wie der Anstieg der Inflationsrate in China auf ein 16-Monatshoch. Ein Preisrückgang deutlich unter 1.100 USD ist daher unwahrscheinlich.
Im Einklang mit Gold geben auch die anderen Edelmetalle einen Teil ihrer Kursgewinne der vergangenen Tage wieder ab. Palladium, welches zuletzt besonders stark gestiegen war, fällt heute Morgen um 3% auf 450 USD je Feinunze.
Industriemetalle
Die Metallpreise geben heute Morgen in der Breite nach. Der Fokus der Marktteilnehmer liegt dabei auf den Konjunkturdaten aus China für Februar, die gemischt ausgefallen sind. Während zum Beispiel der Einzelhandelsumsatz und die Investitionen in Sachanlagen stärker als erwartet gestiegen sind, blieb die Industrieproduktion hinter den Erwartungen zurück. Die Vergabe neuer Kredite hat sich zwar im Vergleich zu Januar halbiert, bleibt aber mit 700 Mrd. Yuan weiterhin sehr hoch. Einhergehend mit einer höheren Inflation führt dies zu Befürchtungen, dass die chinesische Regierung weitere Maßnahmen zur Abkühlung der Konjunktur implementieren und diese auch schneller umsetzen könnte. Neben dem negativen psychologischen Effekt dürfte sich dies auch direkt auf die Rohstoffnachfrage auswirken und für nachgebende Preise sorgen.
Negativ aufgenommen wurden ebenso die Zahlen zur Stahlproduktion in China, dem größten Stahlproduzenten weltweit. Diese ist im Februar im Vergleich zum Vormonat um 10% auf 55,6 Mio. Tonnen gesunken. Gleichzeitig gingen die Exporte deutlich zurück. Dies sollte sich negativ auf die Zinknachfrage auswirken. Zink wird überwiegend in der Produktion von galvanisiertem Stahl verwendet. Mit annähernd -2% weist Zink heute die schlechteste Preisentwicklung unter den Metallen auf. Gerade nach den deutlichen Kursanstiegen in den vergangenen vier Wochen erwarten wir bei den Metallen eine deutliche Preiskorrektur.
Agrarrohstoffe
Das USDA hat seine Schätzung für die US-Maisproduktion im Jahr 2009 um 20 Mio. auf 13,13 Mrd. Scheffel nach unten revidiert. Damit hatten die Verzögerungen der US-Maisernte im vergangenen Herbst nur einen geringen Einfluss. Die US-Maisernte liegt damit aber noch immer deutlich über dem bisherigen Rekordvolumen von 13,04 Mrd. Scheffel aus dem Jahr 2007. Trotz der etwas niedrigeren Produktionsschätzung wurde die Prognose für die zum Ende des Erntejahres erwarteten US-Maisvorräte um 80 Mio. auf 1,799 Mrd . Scheffel nach oben revidiert, weil die US-Exporte niedriger ausfallen sollen als bislang erwartet. Offensichtlich verlieren die USA aufgrund des festeren US-Dollar Marktanteile an andere Anbieter. Schlechte Nachrichten gab es auch für den Weizenpreis.
Die US-Weizenvorräte sollen sich zum Ende des laufenden Erntejahres auf 1 Mrd. Scheffel belaufen und damit noch einmal höher liegen als bislang prognostiziert. Grund hierfür ist ein geringer als erwartet ausfallender Weizenverbrauch in den USA, welcher nicht durch höhere Exporte ausgeglichen werden kann. Die Weizenlagerbestände liegen damit auf dem höchsten Stand seit über 20 Jahren. Dagegen wurde die Prognose für die US-Sojabohnenlagerbestände zum Ende des Erntejahres um 20 Mio. auf 190 Mio. Scheffel zurückgenommen. Im Gegensatz zu Mais und Weizen profitieren US-Sojabohnen von einer robusten Exportnachfrage. Aufgrund der bevorstehenden Rekordernten in Lateinamerika könnten die USDA-Exportannahmen aber zu optimistisch sein.
DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der gestrige Handelsverlauf bei Rohöl hat einmal mehr den Einfluss der Finanzmärkte vor Augen geführt. Als erste Reaktion auf die Lagerdaten des US-Energieministeriums stieg der WTI-Ölpreis auf ein 2-Monatshoch von 83 USD je Barrel, fiel dann aber nach dem misslungenen Ausbruchsversuch aber binnen weniger Minuten wieder auf 81 USD zurück. Technische Faktoren sind derzeit offensichtlich wichtiger als die Fundamentaldaten.
Die US-Rohöllagerbestände sind die sechste Woche in Folge gestiegen. Mit 1,4 Mio. Barrel blieb der Lageraufbau gemäß DOE allerdings deutlich hinter dem des API vom Vortag zurück. Zudem fielen die Produktvorräte überraschend deutlich. Die Details zu den Lagerdaten waren allerdings weniger positiv. So ging die Raffinerieauslastung erstmals seit Wochen wieder deutlich zurück. Dass die Rohöllagerbestände daraufhin nicht stärker gestiegen sind, lag vor allem daran, dass die Rohölimporte ebenfalls deutlich zurückgegangen sind. Offensichtlich nähert sich die Anlandbringung von zuvor auf Tankschiffen zwischengelagerten Ölvorräten ihrem Ende.
Die OPEC hat die Prognose für die weltweite Ölnachfrage in diesem Jahr leicht nach oben revidiert, bleibt mit einem erwarteten Anstieg um 880 Tsd. Barrel pro Tag aber deutlich pessimistischer als das US-Energieministerium mit einem prognostizierten Nachfrageanstieg um 1,5 Mio. Barrel pro Tag. Zudem liegt der von der OPEC für 2010 erwartete Bedarf an OPEC-Öl trotz einer Aufwärtsrevision um 190 Tsd. Barrel pro Tag noch immer um 500 Tsd. Barrel pro Tag unter dem derzeitigen Produktionsniveau. Im zweiten Quartal soll diese Diskrepanz sogar auf 1,5 Mio. Barrel pro Tag steigen. Der Markt bleibt mit Rohöl also reichlich versorgt. Dies unterstreicht einmal mehr, dass das derzeitige Ölpreisniveau fundamental nicht gerechtfertigt ist, sondern vor allem auf Finanzanleger zurückzuführen ist.
Edelmetalle
Der Goldpreis gab gestern 20 US-Dollar nach und notiert heute Morgen nur noch knapp über der psychologisch wichtigen Marke von 1.100 USD je Feinunze. Griechenland hat gestern verlautbaren lassen, dass das Land in seinen Bemühungen zur Eindämmung des Budgetdefizits vor dem Plan liegt, wodurch Gold als sicherer Hafen an Attraktivität etwas eingebüßt hat. Der SPDR Gold Trust verzeichnete zum ersten Mal seit 2 ½ Wochen wieder leichte Abflüsse von 0,6 Tonnen. Allerdings dürfte das physische Kaufinteresse auf dem aktuellen Preisniveau wieder zunehmen, was dem Goldpreis ebenso Unterstützung geben sollte wie der Anstieg der Inflationsrate in China auf ein 16-Monatshoch. Ein Preisrückgang deutlich unter 1.100 USD ist daher unwahrscheinlich.
Im Einklang mit Gold geben auch die anderen Edelmetalle einen Teil ihrer Kursgewinne der vergangenen Tage wieder ab. Palladium, welches zuletzt besonders stark gestiegen war, fällt heute Morgen um 3% auf 450 USD je Feinunze.
Industriemetalle
Die Metallpreise geben heute Morgen in der Breite nach. Der Fokus der Marktteilnehmer liegt dabei auf den Konjunkturdaten aus China für Februar, die gemischt ausgefallen sind. Während zum Beispiel der Einzelhandelsumsatz und die Investitionen in Sachanlagen stärker als erwartet gestiegen sind, blieb die Industrieproduktion hinter den Erwartungen zurück. Die Vergabe neuer Kredite hat sich zwar im Vergleich zu Januar halbiert, bleibt aber mit 700 Mrd. Yuan weiterhin sehr hoch. Einhergehend mit einer höheren Inflation führt dies zu Befürchtungen, dass die chinesische Regierung weitere Maßnahmen zur Abkühlung der Konjunktur implementieren und diese auch schneller umsetzen könnte. Neben dem negativen psychologischen Effekt dürfte sich dies auch direkt auf die Rohstoffnachfrage auswirken und für nachgebende Preise sorgen.
Negativ aufgenommen wurden ebenso die Zahlen zur Stahlproduktion in China, dem größten Stahlproduzenten weltweit. Diese ist im Februar im Vergleich zum Vormonat um 10% auf 55,6 Mio. Tonnen gesunken. Gleichzeitig gingen die Exporte deutlich zurück. Dies sollte sich negativ auf die Zinknachfrage auswirken. Zink wird überwiegend in der Produktion von galvanisiertem Stahl verwendet. Mit annähernd -2% weist Zink heute die schlechteste Preisentwicklung unter den Metallen auf. Gerade nach den deutlichen Kursanstiegen in den vergangenen vier Wochen erwarten wir bei den Metallen eine deutliche Preiskorrektur.
Agrarrohstoffe
Das USDA hat seine Schätzung für die US-Maisproduktion im Jahr 2009 um 20 Mio. auf 13,13 Mrd. Scheffel nach unten revidiert. Damit hatten die Verzögerungen der US-Maisernte im vergangenen Herbst nur einen geringen Einfluss. Die US-Maisernte liegt damit aber noch immer deutlich über dem bisherigen Rekordvolumen von 13,04 Mrd. Scheffel aus dem Jahr 2007. Trotz der etwas niedrigeren Produktionsschätzung wurde die Prognose für die zum Ende des Erntejahres erwarteten US-Maisvorräte um 80 Mio. auf 1,799 Mrd . Scheffel nach oben revidiert, weil die US-Exporte niedriger ausfallen sollen als bislang erwartet. Offensichtlich verlieren die USA aufgrund des festeren US-Dollar Marktanteile an andere Anbieter. Schlechte Nachrichten gab es auch für den Weizenpreis.
Die US-Weizenvorräte sollen sich zum Ende des laufenden Erntejahres auf 1 Mrd. Scheffel belaufen und damit noch einmal höher liegen als bislang prognostiziert. Grund hierfür ist ein geringer als erwartet ausfallender Weizenverbrauch in den USA, welcher nicht durch höhere Exporte ausgeglichen werden kann. Die Weizenlagerbestände liegen damit auf dem höchsten Stand seit über 20 Jahren. Dagegen wurde die Prognose für die US-Sojabohnenlagerbestände zum Ende des Erntejahres um 20 Mio. auf 190 Mio. Scheffel zurückgenommen. Im Gegensatz zu Mais und Weizen profitieren US-Sojabohnen von einer robusten Exportnachfrage. Aufgrund der bevorstehenden Rekordernten in Lateinamerika könnten die USDA-Exportannahmen aber zu optimistisch sein.
DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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