Rekordhandelsvolumina am Ölmarkt
14.04.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Die Vorgaben für den Ölmarkt waren eigentlich preisbelastend: Das American Petroleum Institut (API) hatte gestern seine Schätzungen für die Lagerbestandsentwicklung in den USA in der Woche zum 9. April vorgelegt. Demnach sind die Vorräte für Rohöl und Ölprodukte kräftig gestiegen (siehe Tabelle). Dies lässt auch höhere "offizielle" Daten des US-Energieministeriums erwarten.
Skeptisch stimmen die API-Daten vor allem hinsichtlich des erwarteten Abbaus der Benzinvorräte. Auch der gestern publizierte Monatsbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) war eher belastend. Denn während die Nachfrageschätzung für das laufende Jahr in Höhe von 86,6 Mio. Barrel pro Tag unverändert blieb, wurden die Perspektiven für die Angebotsausweitung außerhalb der OPEC optimistischer eingeschätzt. Dadurch fällt der Bedarf an OPEC-Öl im laufenden Jahr mit 29 Mio. Barrel pro Tag geringer aus als bislang geschätzt (-200 Tsd. Barrel pro Tag). Die mangelnde Quotendisziplin der OPEC11-Länder, die im März nach IEA weiter auf 55% gesunken ist, bleibt somit ein Problem. Nicht zuletzt haben die Chinesen heute Nacht die Tankstellenpreise für Benzin und Diesel um 4,6% angehoben. Damit sind die Preise in China, die in den letzten Jahren dem internationalen Markt angepasst wurden, mit 1,08 USD je Liter Superbenzin gut 30% höher als in den USA. Das dämpft das Wachstum der Benzinnachfrage, auch wenn die rasant steigenden Zulassungszahlen richtungsbestimmend sind.
Doch trotz all dieser negativen Nachrichten gab Öl am Nachmittag nur kurzzeitig unter 84 USD je Barrel nach. Der schwächere Dollar stützte im weiteren Handelsverlauf und lässt Rohöl bei den Finanzanlegern attraktiv aussehen. Dass Rohöl bzw. Rohstoffe im allgemeinen wieder stark im Fokus der Finanzanleger stehen, zeigen die gestigen rekordhohen Handelsvolumina für WTI an der NYMEX mit 1,42 Mio. Kontrakten bzw. 1,42 Mrd. Barrel. Überhaupt ist es einmalig, dass die Volumina drei Tage in Folge 1 Mio. Kontrakte übersteigen. Damit entspricht das Handelsvolumen nur einer Rohölsorte dem 15-fachen des weltweiten Tagesverbrauchs. Das starke Interesse der Finanzanleger ist unseres Erachtens der entscheidende Grund, dass der Rohölpreis sich zu stark von den fundamentalen Daten gelöst hat.
Edelmetalle
Die Edelmetallpreise zeigen sich dank eines schwächeren US-Dollar relativ fest. Gold hält sich weiter über der Marke von 1.150 USD je Feinunze und damit über der Handelsspanne der letzten Monate.
Die beste Preisentwicklung weist einmal mehr Palladium auf, das bei über 546 USD je Feinunze den höchsten Stand seit fast zwei Jahren markiert. Das von uns bereits zu Jahresbeginn favorisierte Edelmetall hat damit seit Jahresanfang um 34% zugelegt. Palladium profitiert dabei von einer Erholung der Autoindustrie in den USA und anhaltend starken Autoverkaufszahlen in China. Die Autoindustrie, in der Palladium in der Produktion von Katalysatoren für Diesel-Motoren zum Einsatz kommt, stand im letzten Jahr für ungefähr die Hälfte des gesamten Palladiumverbrauchs. Daneben unterstützt maßgeblich die anhaltend hohe Investorennachfrage den Preis.
Industriemetalle
Im Zuge eines schwächeren US-Dollar und freundlicher Aktienmärkte vor allem im asiatischen Raum, die für einen steigenden Risikoappetit der Marktteilnehmer sprechen, können die Metallpreise in der Breite teilweise deutlich zulegen. Unterstützung kommt auch von starken Währungen in Asien, wo heute Morgen beispielsweise Singapur seine Währung aufgewertet hat.
Während Kupfer wieder an der psychologisch wichtigen Marke von 8.000 USD je Tonne kratzt, markiert Aluminium mit 2.450 USD je Tonne den höchsten Stand seit September 2008. Nickel und Zinn erreichen neue Jahreshochs. Die Verluste der vorangegangenen Tage wurden somit komplett aufgeholt. Die hohe Liquidität an den Finanzmärkten fließt unter anderem weiter an die Metallmärkte. Das Interesse der Investoren ist nach wie vor ungebrochen. Dies zeigt sich nicht nur an den hohen Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger bei Kupfer an der COMEX, die wieder nahezu auf Rekordhoch liegen, sondern spiegelt sich auch in der Anzahl der ausstehenden Futures-Kontrakte (open interest) an der LME wider. Diese haben bei Kupfer zuletzt mit 285 Tsd. Kontrakten ein Allzeithoch erreicht.
Auch bei Nickel, Zink und Blei ist die Anzahl der ausstehenden Kontrakte in den letzten Wochen deutlich gestiegen. Das hohe Investoreninteresse, gepaart mit dem anhaltenden Konjunkturoptimismus, dürfte die Preise zunächst weiter unterstützen. Je länger die Investoren allerdings das Heft bei den Industriemetallen in der Hand halten, desto größer werden auch das Risiko von Preisrückschlägen und das Korrekturpotenzial. Das Augenmerk der Marktteilnehmer dürfte sich nun auf die in der kommenden Nacht zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturdaten in China (z.B. BIP, Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze) richten. Positive Daten dürften den Metallpreisen weiter Auftrieb verleihen.
Agrarrohstoffe
In den letzten Tagen konnte sich der Preis für Rohzucker auf knapp 17 US-Cents je Pfund erholen. Wir gehen davon aus, dass es sich um eine Bodenbildung handelt, von der aus moderates Potenzial für Preissteigerungen besteht. Der Preis war aufgrund verbesserter Aussichten für die kommende Ernte weit nach unten weggelaufen, was durch das Auflösen spekulativer Long-Positionen verstärkt wurde. Dabei besteht noch immer physische Knappheit am Markt. Meldungen über bevorstehende größere Importe Pakistans und Russlands zeigen, dass sich die während des Fallens der Preise gezeigte Zurückhaltung der Importeure nun löst. Diese hatten gepokert und gehofft, noch billiger einkaufen zu können.
Nochmals deutlicher als bei Rohzucker, nämlich um über 10% innerhalb einer Woche, waren zuletzt die Notierungen für raffinierten Zucker in London gestiegen. Der Preis für Sojabohnen profitiert derzeit von der Aussicht auf Rekordimporte Chinas im Mai, die das staatliche chinesische CNGOIC auf 5,5 Mio. Tonnen schätzt. In den letzten Monaten lagen die Importe im Bereich von rund 4 Mio. Tonnen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Die Vorgaben für den Ölmarkt waren eigentlich preisbelastend: Das American Petroleum Institut (API) hatte gestern seine Schätzungen für die Lagerbestandsentwicklung in den USA in der Woche zum 9. April vorgelegt. Demnach sind die Vorräte für Rohöl und Ölprodukte kräftig gestiegen (siehe Tabelle). Dies lässt auch höhere "offizielle" Daten des US-Energieministeriums erwarten.
Skeptisch stimmen die API-Daten vor allem hinsichtlich des erwarteten Abbaus der Benzinvorräte. Auch der gestern publizierte Monatsbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) war eher belastend. Denn während die Nachfrageschätzung für das laufende Jahr in Höhe von 86,6 Mio. Barrel pro Tag unverändert blieb, wurden die Perspektiven für die Angebotsausweitung außerhalb der OPEC optimistischer eingeschätzt. Dadurch fällt der Bedarf an OPEC-Öl im laufenden Jahr mit 29 Mio. Barrel pro Tag geringer aus als bislang geschätzt (-200 Tsd. Barrel pro Tag). Die mangelnde Quotendisziplin der OPEC11-Länder, die im März nach IEA weiter auf 55% gesunken ist, bleibt somit ein Problem. Nicht zuletzt haben die Chinesen heute Nacht die Tankstellenpreise für Benzin und Diesel um 4,6% angehoben. Damit sind die Preise in China, die in den letzten Jahren dem internationalen Markt angepasst wurden, mit 1,08 USD je Liter Superbenzin gut 30% höher als in den USA. Das dämpft das Wachstum der Benzinnachfrage, auch wenn die rasant steigenden Zulassungszahlen richtungsbestimmend sind.
Doch trotz all dieser negativen Nachrichten gab Öl am Nachmittag nur kurzzeitig unter 84 USD je Barrel nach. Der schwächere Dollar stützte im weiteren Handelsverlauf und lässt Rohöl bei den Finanzanlegern attraktiv aussehen. Dass Rohöl bzw. Rohstoffe im allgemeinen wieder stark im Fokus der Finanzanleger stehen, zeigen die gestigen rekordhohen Handelsvolumina für WTI an der NYMEX mit 1,42 Mio. Kontrakten bzw. 1,42 Mrd. Barrel. Überhaupt ist es einmalig, dass die Volumina drei Tage in Folge 1 Mio. Kontrakte übersteigen. Damit entspricht das Handelsvolumen nur einer Rohölsorte dem 15-fachen des weltweiten Tagesverbrauchs. Das starke Interesse der Finanzanleger ist unseres Erachtens der entscheidende Grund, dass der Rohölpreis sich zu stark von den fundamentalen Daten gelöst hat.
Edelmetalle
Die Edelmetallpreise zeigen sich dank eines schwächeren US-Dollar relativ fest. Gold hält sich weiter über der Marke von 1.150 USD je Feinunze und damit über der Handelsspanne der letzten Monate.
Die beste Preisentwicklung weist einmal mehr Palladium auf, das bei über 546 USD je Feinunze den höchsten Stand seit fast zwei Jahren markiert. Das von uns bereits zu Jahresbeginn favorisierte Edelmetall hat damit seit Jahresanfang um 34% zugelegt. Palladium profitiert dabei von einer Erholung der Autoindustrie in den USA und anhaltend starken Autoverkaufszahlen in China. Die Autoindustrie, in der Palladium in der Produktion von Katalysatoren für Diesel-Motoren zum Einsatz kommt, stand im letzten Jahr für ungefähr die Hälfte des gesamten Palladiumverbrauchs. Daneben unterstützt maßgeblich die anhaltend hohe Investorennachfrage den Preis.
Industriemetalle
Im Zuge eines schwächeren US-Dollar und freundlicher Aktienmärkte vor allem im asiatischen Raum, die für einen steigenden Risikoappetit der Marktteilnehmer sprechen, können die Metallpreise in der Breite teilweise deutlich zulegen. Unterstützung kommt auch von starken Währungen in Asien, wo heute Morgen beispielsweise Singapur seine Währung aufgewertet hat.
Während Kupfer wieder an der psychologisch wichtigen Marke von 8.000 USD je Tonne kratzt, markiert Aluminium mit 2.450 USD je Tonne den höchsten Stand seit September 2008. Nickel und Zinn erreichen neue Jahreshochs. Die Verluste der vorangegangenen Tage wurden somit komplett aufgeholt. Die hohe Liquidität an den Finanzmärkten fließt unter anderem weiter an die Metallmärkte. Das Interesse der Investoren ist nach wie vor ungebrochen. Dies zeigt sich nicht nur an den hohen Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger bei Kupfer an der COMEX, die wieder nahezu auf Rekordhoch liegen, sondern spiegelt sich auch in der Anzahl der ausstehenden Futures-Kontrakte (open interest) an der LME wider. Diese haben bei Kupfer zuletzt mit 285 Tsd. Kontrakten ein Allzeithoch erreicht.
Auch bei Nickel, Zink und Blei ist die Anzahl der ausstehenden Kontrakte in den letzten Wochen deutlich gestiegen. Das hohe Investoreninteresse, gepaart mit dem anhaltenden Konjunkturoptimismus, dürfte die Preise zunächst weiter unterstützen. Je länger die Investoren allerdings das Heft bei den Industriemetallen in der Hand halten, desto größer werden auch das Risiko von Preisrückschlägen und das Korrekturpotenzial. Das Augenmerk der Marktteilnehmer dürfte sich nun auf die in der kommenden Nacht zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturdaten in China (z.B. BIP, Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze) richten. Positive Daten dürften den Metallpreisen weiter Auftrieb verleihen.
Agrarrohstoffe
In den letzten Tagen konnte sich der Preis für Rohzucker auf knapp 17 US-Cents je Pfund erholen. Wir gehen davon aus, dass es sich um eine Bodenbildung handelt, von der aus moderates Potenzial für Preissteigerungen besteht. Der Preis war aufgrund verbesserter Aussichten für die kommende Ernte weit nach unten weggelaufen, was durch das Auflösen spekulativer Long-Positionen verstärkt wurde. Dabei besteht noch immer physische Knappheit am Markt. Meldungen über bevorstehende größere Importe Pakistans und Russlands zeigen, dass sich die während des Fallens der Preise gezeigte Zurückhaltung der Importeure nun löst. Diese hatten gepokert und gehofft, noch billiger einkaufen zu können.
Nochmals deutlicher als bei Rohzucker, nämlich um über 10% innerhalb einer Woche, waren zuletzt die Notierungen für raffinierten Zucker in London gestiegen. Der Preis für Sojabohnen profitiert derzeit von der Aussicht auf Rekordimporte Chinas im Mai, die das staatliche chinesische CNGOIC auf 5,5 Mio. Tonnen schätzt. In den letzten Monaten lagen die Importe im Bereich von rund 4 Mio. Tonnen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.