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Die Ruhe nach dem Sturm

20.04.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis eröffnet heute Morgen ein knappes Prozent fester bei 82 USD je Barrel. Gestern wurden im Tief 80,5 USD verzeichnet, was einem 3-Wochentief entspricht. Die Faktoren, welche die Ölpreise am Freitag und gestern belasteten, haben inzwischen etwas an Bedeutung verloren. So schlossen die US-Aktienmärkte gestern nach guten Quartalszahlen im Plus, was die Sorgen hinsichtlich Goldman Sachs etwas in den Hintergrund rücken ließ. Der daraus resultierende Rückgang der Risikoaversion unterstützt die Rohstoffpreise generell.

Die teilweise Lockerung des Flugverbots über Europa dürfte ebenfalls einen unterstützenden psychologischen Effekt haben. Mittlerweile gibt es erste Schätzungen zu den Auswirkungen des seit Freitag über weiten Teilen Europas bestehenden Flugverbotes. Bislang sollen dadurch mindestens eine Millionen Barrel pro Tag weniger Flugbenzin verbraucht worden sein. Dies entspricht 20% der weltweiten Nachfrage nach dem Kraftstoff. Petromatrix zufolge sollen die europäischen Lagerbestände an Flugbenzin in den vergangenen Tagen um ca. fünf Mio. Barrel gestiegen sein.

Bereits vor der weitgehenden Lahmlegung des europäischen Flugverkehrs lagen die Lagerbestände für Flugbenzin in Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen (ARA) nur knapp unter dem Rekordniveau. Die teilweise Lockerung des Flugverbots kann als Begründung für den Preisanstieg nur bedingt herhalten, zumal sich bereits eine neue Aschewolke über Island anzukündigen scheint. Unseres Erachtens überwiegen beim Ölpreis weiterhin die Abwärtsrisiken. Die heute nach Handelsschluss vom American Petroleum Institute veröffentlichten Lagerdaten dürften verdeutlichen, dass Rohöl und Ölprodukte weiterhin reichlich verfügbar sind.


Edelmetalle

Die Edelmetallpreise haben ihre kurzfristige Talfahrt nach der Klage der amerikanischen Börsenaufsicht SEC gegen Goldman Sachs gestoppt und sich stabilisiert. Gold notiert leicht fester bei 1.140 USD je Feinunze. Das aktuell niedrigere Niveau könnte wieder Käufer an den Goldmarkt locken. Hinzu kommt, dass die finanziellen Probleme Griechenlands weiter schwelen und es immer klarer erscheint, dass das Land demnächst um EU- und IWF-Hilfen bitten muss. Daher dürfte Gold als sicherer Hafen attraktiv bleiben. Die Investoren halten Gold jedenfalls weiter die Treue, was sich beispielsweise im Bestand des weltweit größten börsennotierten Goldfonds, SPDR Gold Trust, widerspiegelt. Dieser liegt mit 1.141 Tonnen nach wie vor auf Rekordniveau.

Palladium kann im Zuge eines anhaltend hohen Investoreninteresses bereits wieder deutlich zulegen. Der zu Jahresbeginn in den USA aufgelegte Palladium-ETF hat gestern erneut Zuflüsse von 30 Tsd. Unzen verzeichnet und damit seinen Bestand auf 670 Tsd. Unzen weiter ausgebaut. Der Fonds steht mittlerweile für über 10% der globalen Jahresnachfrage und ist bereits größer als sein europäisches Pendant.


Industriemetalle

Die Ängste der Marktteilnehmer, die nach der Klage der amerikanischen Börsenaufsicht SEC gegen Goldman Sachs aufkamen, haben sich offenbar schnell wieder gelegt. Die Metallpreise notieren in der Breite heute Morgen fester und können einen Teil ihrer Verluste der Vortage aufholen.

Blei weist dabei die beste Preisentwicklung auf. Das Metall profitiert offensichtlich von einer Lockerung der Anforderungen an Elektrofahrräder in China (s.g. E-Bikes), wonach diese schneller und schwerer werden dürfen. Größere und schnellere E-Bikes benötigen größere Batterien, was die Nachfrage nach Blei unterstützt. Dies stellt zugleich einen Umschwung in der bisherigen Politik der chinesischen Behörden dar, da noch Anfang dieses Jahres striktere Regeln für E-Bikes eingeführt werden sollten. Der E-Bike-Markt steht in China für mehr als 20% des landesweiten Bleiverbrauchs. China hat nach Angaben des chinesischen Fahrradverbandes im letzten Jahr 23,7 Mio. Elektrofahrräder produziert. Es wird erwartet, dass die Produktion auch in den nächsten 3-5 Jahren bei über 20 Mio. Einheiten p.a. liegen wird.

Wie erwartet hat der größte börsennotierte chinesische Stahlhersteller, Baoshan Iron & Steel Co., seine Preise für Mai-Lieferungen erhöht, um die höheren Kosten für Eisenerz und Kohle weiterzugeben. Der Kassa-Eisenerzpreis ist mittlerweile auf fast 180 USD je Tonne gestiegen. Die chinesischen Stahlunternehmen haben bislang noch keine neuen Verträge mit den Eisenerzproduzenten abgeschlossen.

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Agrarrohstoffe

Der Preis für Rohzucker konnte gestern den Verlust vom Vortag mehr als wettmachen und schloss um 6% höher bei 16,91 US-Cents je Pfund. Auslöser war die Erwartung, dass Importeure bei dem niedrigen Preisniveau nun verstärkt am Markt aktiv werden, nachdem scheinbar eine Bodenbildung beim Preis stattgefunden hat, die eine weitere Kaufzurückhaltung nicht mehr rechtfertigt. Angesichts der physischen Knappheit - die Internationale Zuckerorganisation rechnet mit einem Defizit am Markt in Höhe von 8 Millionen Tonnen im bis September laufenden Zuckerjahr - kann die Rückkehr der Importeure dem Preis auch in der nächsten Zeit Impulse geben.

Die Nachricht, dass die Erntemengen in Indien seit dem Beginn des Zuckerjahres im Oktober bis zum März um 22% gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind, hat gestern den Markt nicht belastet. Offensichtlich sind derartige Meldungen bereits hinreichend eingepreist. Allerdings dürften sie einem deutlichen Preisanstieg entgegenstehen.

Die Aussaat von Mais in den USA ist in der vergangenen Woche zügig vorangekommen und verläuft bisher deutlich schneller als im Durchschnitt der letzten 5 Jahre, als zu diesem Zeitpunkt erst 9% der Aussaat stattgefunden hatte. In diesem Jahr beträgt der Satz bereits 19%.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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