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Rohstoffpreise trotzen negativen Rahmenbedingungen

23.04.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis verlor gestern zwischenzeitlich zwei US-Dollar, konnte diese Verluste im Handelsverlauf aber wieder wettmachen und handelt am Morgen wenig verändert bei 83,5 USD je Barrel. Somit kann der Ölpreis den belastenden Faktoren der vergangenen Tage wie dem festen US-Dollar und steigenden US-Lagerbeständen weitgehend trotzen. Wir führen die relative Stärke des Ölpreises auf das anhaltende Interesse der Finanzanleger zurück, erachten es aber als unwahrscheinlich, dass sich der Ölpreis auf Dauer von den negativen Rahmenbedingungen wird abkoppeln können.

Die OPEC liefert in den vier Wochen zum 8. Mai zwar 23,25 Mio. Barrel Rohöl pro Tag und damit erstmals seit sechs Wochen wieder weniger als in den vier Wochen zuvor. Das Beratungsunternehmen Oil Movement macht dafür aber die Wartungsarbeiten in den asiatischen Raffinerien verantwortlich. Ein Berater des saudi-arabischen Ölministers rechnet damit, dass die Ölnachfrage in den Schwellenländern in etwa zehn Jahren ihre Spitze erreicht und dass der Scheitelpunkt bei der Ölnachfrage früher kommt als beim Ölangebot. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, hat der Ölpreis auch langfristig nur begrenztes Aufwärtspotenzial.

Der US-Erdgaspreis ist gestern um gut 4% auf 4,14 USD je mmBtu gestiegen. Wir führen dies auf Eindeckungen von Shortpositionen zurück, nachdem die US-Erdgaslagerbestände in der vergangenen Woche etwas weniger gestiegen sind als erwartet. Mit 73 Mrd. Kubikfuß fiel der Lageraufbau aber doppelt so hoch aus als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Erdgasvorräte liegen derzeit 5% über dem Vorjahresniveau und 16% über dem 5-Jahresdurchschnitt. Für Euphorie besteht somit wenig Anlass.


Edelmetalle

Die Preise für Platin und Palladium stiegen gestern zwischenzeitlich auf 1.754 bzw. 572 USD je Feinunze, die höchsten Stände seit Juli 2008 bzw. März 2008. Das auf Edelmetalle spezialisierte Research-Unternehmen GFMS hat gestern seinen jährlichen Bericht zum Platin- und Palladiummarkt veröffentlicht. Demnach wies der Platinmarkt im Jahr 2009 einen im Vergleich zum Vorjahr deutlich höheren Angebotsüberschuss von 849 Tsd. Tonnen auf. Ausschlaggebend dafür war eine signifikant schwächere Nachfrage vor allem aus der Automobilindustrie. Eine stärkere Schmucknachfrage konnte dies nicht auffangen.

Zum Preisanstieg von Platin im letzten Jahr hat maßgeblich die hohe Investmentnachfrage beigetragen. Dieser Trend sollte sich auch im laufenden Jahr fortsetzen. Zudem erwartet GFMS eine Erholung der Nachfrage aus der Automobilindustrie, so dass sich zum einen der Angebotsüberschuss etwas reduzieren und zum anderen der Preis auf dem hohen Niveau halten sollte. Der Palladiummarkt befand sich im letzten Jahr hingegen in einem moderaten Angebotsdefizit von 12 Tsd. Unzen. GFMS erwartet, dass sich das Defizit in diesem Jahr aufgrund einer deutlichen Erholung der Automobilindustrie sowie der anhaltend hohen Investmentnachfrage ausweiten wird. Der Palladiumpreis dürfte daher ebenfalls gut unterstützt bleiben und weiterhin auf hohem Niveau handeln.

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Industriemetalle

Gemäß Einschätzung des chinesischen Research-Unternehmens Antaike dürfte China in diesem Jahr bei Aluminium aufgrund einer Überproduktion zum Netto-Exporteur werden und mindestens 300 Tsd. Tonnen netto ausführen. Antaike erwartet, dass die chinesische Aluminiumproduktion auf 17 Mio. Tonnen steigen wird, während die Nachfrage "nur" 15,9 Mio. Tonnen betragen könnte. Damit beläuft sich der Angebotsüberschuss allein in China auf über 1 Mio. Tonnen.

Die chinesische Aluminiumproduktion hat im letzten Monat einen neuen Rekordwert verzeichnet. Die Ausweitung des globalen Überschusses dürfte zu steigenden Lagerbeständen führen. Im letzten Jahr übertraf das globale Angebot die weltweite Nachfrage um gut 940 Tsd. Tonnen. Aufgrund einer deutlich höheren chinesischen Produktion geht Antaike auch bei Nickel von einem weltweiten Überschuss von 21 Tsd. Tonnen in diesem Jahr aus. Damit würde am Nickelmarkt das Angebot die Nachfrage das vierte Jahr in Folge übersteigen. Beide Märkte bleiben somit sehr gut versorgt. Die hohen Preise können fundamental nicht gerechtfertigt werden.

Brasilianischen Zeitungsberichten zufolge hat sich der weltweit größte Eisenerzproduzent, Vale, mit allen Kunden auf eine Anhebung der Eisenerzpreise um 100% und auf Quartalskontrakte geeinigt. Dies schließt auch die chinesischen Stahlhersteller ein. Angesichts der hohen Kassa-Preise plant Vale für das nächste Quartal bereits weitere Preiserhöhungen.


Agrarrohstoffe

Die Preise für Mais, Weizen und Sojabohnen konnten gestern Zuwächse verzeichnen. Sojabohnen stiegen dabei erstmals seit drei Monaten über die Marke von 10 USD. Während Sojabohnen von der robusten Nachfrage aus China profitieren, dürfte bei Mais und Weizen das reichliche Angebot einem weiteren Preisanstieg entgegenstehen. So prognostiziert das Researchunternehmen Informa für dieses Jahr eine US-Rekordernte bei Mais von etwas mehr als 13,13 Mrd. Scheffel (334 Mio. Tonnen). Die Lagerbestände sollen zum Ende des Erntejahres mit 2,1 Mrd. Scheffel das höchste Niveau seit 20 Jahren erreichen. Auch außerhalb der USA steigt das Maisangebot.

Die Getreidebörse von Buenos Aires rechnet im laufenden Erntejahr mit einem Rekorderntevolumen in Argentinien von 21,4 Mio. Tonnen. Argentinien ist nach den USA der zweitgrößte Maisexporteur weltweit. Bei Weizen rechnet Informa zwar mit einem Ernterückgang um 8% auf ungefähr 2 Mio. Scheffel, was vor allem auf eine geringere Anbaufläche zurückzuführen sein dürfte. Die US-Weizenlagerbestände zum Ende des Erntejahres sollen sich allerdings auf 1 Mrd. Scheffel belaufen und somit den Bedarf eines halben Jahres abdecken. Bei Sojabohnen soll mit einem erwarteten Erntevolumen von 3,34 Mrd. Scheffel das Rekordniveau des Vorjahres fast wieder erreicht werden. Das US-Landwirtschaftsministerium veröffentlicht erste Ernteprognosen für das neue Erntejahr Anfang des kommenden Monats.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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