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Eulen aus Athen erweisen sich als "schwarzer Schwan"

28.04.2010  |  Eugen Weinberg
In den letzten Wochen haben wir mehrfach darauf hingewiesen, dass die Rohstoffmärkte für eine massive Korrektur nach unten anfällig sind. Denn trotz der Angebotsüberschüsse sind die Rohstoffpreise immer weiter gestiegen und haben dabei die Risiken ausgeblendet. Offensichtlich hat die gestrige Abstufung von Portugal und Griechenland durch S&P das Fass zum Überlaufen und die Rohstoffpreise massiv unter Druck gebracht. Die Risikoaversion scheint wieder zuzunehmen, wobei Gold und Dollar erneut gleichzeitig zulegen und die Aktienmärkte massiv abschmieren.

Dies ist nicht das erste Mal, dass die Rohstoffe eine starke Korrektur hinnehmen müssen. Am Ende hat sich jedoch die enorme, seitens der Zentralbanken zur Verfügung gestellte Liquidität als wichtigste Stütze erwiesen und nach einer kurzen Verschnaufpause hat sich der seit über einem Jahr anhaltende Aufwärtstrend der Rohstoffpreise fortgesetzt. Wir erwarten nichtsdestotrotz sein baldiges Ende.


Energie

Der WTI-Ölpreis hat in nur 2 Tagen fast 4 USD auf nun 82 USD je Barrel verloren. Zu den für alle Rohstoffe negativen Makrofaktoren, wie z.B. den stärkeren US-Dollar, einer steigenden Risikoaversion und den fallenden Aktienmärkten trugen die schwachen Fundamentaldaten zum Preisrückgang bei. Gestern hat das API die Lagerbestandsstatistik für die USA veröffentlicht, wonach die Vorräte für Rohöl in der Vorwoche um über 5,3 Mio. Barrel gestiegen sind. Die Lagerbestände in Cushing, dem Liefer- und Handelsort für WTI-Rohöl, sind um über 400 Tsd. Barrel gestiegen, was für eine weitere Ausweitung der Preisdifferenz zwischen Brentöl und WTI spricht.

Nicht nur in den USA steigen die Lagerbestände. Laut AISLive werden derzeit 15 der insgesamt 28 Supertanker der iranischen Tankergesellschaft, die bis zu 30 Mio. Barrel transportieren können, zur Lagerung von Rohöl benutzt. Wir sehen darin einen weiteren Beweis für eine nach wie vor relativ verhaltene Nachfrageerholung weltweit und rechnen mit einem weiteren Rückgang der Ölpreise.

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Edelmetalle

Gold kann sich dem Abverkauf der Rohstoffe entziehen und sogar um 1,5% auf ein neues Jahreshoch von 1.170 USD je Feinunze steigen. Damit spielt Gold seine Stärke als sicherer Hafen aus. Ausgedrückt in Euro, Schweizer Franken und Pfund erreicht der Goldpreis neue Allzeithochs. Solange die Unsicherheit an den Finanzmärkten fortbesteht, dürfte Gold gut unterstützt bleiben. Der SPDR Gold Trust verzeichnete gestern erneut Zuflüsse und hat seinen Bestand auf ein abermaliges Rekordniveau von knapp 1.147 Tonnen erhöht.

Im Fahrwasser von Gold können sich auch die anderen Edelmetalle relativ gut behaupten und ihre hohen Preisniveaus weitgehend verteidigen. Zudem locken sie nach wie vor Investoren an. Die zu Jahresbeginn in den USA aufgelegten Platin- und Palladium-ETFs berichten von neuen Zuflüssen von 10 Tsd. bzw. 25 Tsd. Unzen.


Industriemetalle

Die Metallpreise werden weiterhin von den Makrodaten getrieben, die nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands und Portugals stark negativ ausfallen. Der Index der Londoner Metallbörse, LMEX, fällt gestern um mehr als 4,5% und verzeichnet damit den stärksten Rückgang seit Anfang Februar. Im Vergleich zu den anderen Rohstoffklassen fällt die Korrektur bei den Metallen überproportional aus. Dies ist nicht verwunderlich, da die Metallpreise in den Monaten zuvor deutlich stärker als die meisten anderen Rohstoffe gestiegen waren. Den höchsten Rückgang verzeichnete Aluminium mit über 7%, aber auch Kupfer und Nickel gaben jeweils mehr als 4% ab.

Die Korrektur setzt sich heute Morgen fort. Befürchtungen, dass die Schuldenkrise die wirtschaftliche Erholung in Europa gefährdet, beherrschen weiter das Geschehen an den Metallmärkten. Hinzu kommen Sorgen der Marktteilnehmer, dass sich das Wirtschaftswachstum in China abschwächt, nachdem die chinesische Regierung eine Reihe von Maßnahmen implementiert hat, um die überhitzte lokale Konjunktur abzukühlen. Der Aktienindex der Börse Shanghai ist gegenüber Jahresbeginn bereits 11,5% im Minus. Auch wenn sich die Lage an den Metallmärkten zunächst beruhigen sollte, erwarten wir mittelfristig eine Fortsetzung der Korrektur.


Agrarrohstoffe

Der Rohzuckerpreis nähert sich der Marke von 15 US-Cent je Pfund: Gestern gab der Preis um 3,6% auf 15,12 US-Cents je Pfund nach. Er liegt damit auf einem Niveau, das zuletzt im Juni 2009 gesehen wurde, als der Rohzuckerpreis gerade zu seinem Höhenflug angesetzt hatte. Die positiven Wetteraussichten im weltgrößten Erzeugerland Brasilien belasten den Preis. Die Industrievereinigung UNICA hatte gemeldet, dass bereits im März viele Zuckermühlen ihre Arbeit aufgenommen haben, wobei die Zuckersaison offiziell erst im April beginnt. Ein Teil der Vorjahresernte war regenbedingt auf den Feldern geblieben und wird nun verarbeitet. Aber auch die Verarbeitung von Zuckerrohr aus der neuen Ernte stieg bisher um 52% gegenüber dem Vorjahr.

Der Kakaopreis konnte gestern seinen Aufwärtstrend nicht fortsetzen, sondern gab erstmals seit über einer Woche leicht nach und schloss bei 3.195 USD je Tonne. Die Notierung in London dagegen stieg auf ein neues Hoch seit Beginn der Aufzeichnungen in 1989. Hintergrund für den Anstieg der letzten Tage ist die anziehende Nachfrage, die sich in den Zahlen der Verarbeiter für das erste Quartal manifestiert hatte. Gleichzeitig meldete das wichtigste Erzeugerland Elfenbeinküste einen Rückgang der Haupternte um 2,8% gegenüber Vorjahr, was sich allerdings bereits seit Wochen angekündigt hatte. Sollten sich jedoch die günstigeren Aussichten für die Zwischenernte bewahrheiten, sollte dies den Markt beruhigen.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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