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Gold als Fels in der Brandung

06.05.2010  |  Eugen Weinberg
Die letzten beiden Tage haben einmal mehr gezeigt, wie stark die Rohstoffpreise im Bann der Finanzmärkte stehen. Dies erkennt auch man daran, dass jene Rohstoffe besonders stark unter Druck gerieten, welche in den Wochen zuvor deutlich gestiegen waren (Grafik). Rohstoffe, welche sich an der Aufwärtsbewegung nicht beteiligt hatten, konnten sich dem Abwärtssog dagegen weitgehend entziehen.

Energie

Der WTI-Rohölpreis ist erneut stark unter Druck geraten und erstmals seit Ende März unter die Marke von 80 USD je Barrel gefallen. Brent verlor zwar ebenfalls kräftig, handelt aber mit 82,5 USD je Barrel noch deutlich darüber. Innerhalb von zwei Tagen hat der Ölpreis somit sieben USD verloren. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass der Preisanstieg zuvor durch Finanzanleger getrieben wurde und nicht auf eine physische Verknappung am Ölmarkt zurückzuführen war. Die US-Rohöllagerbestände stiegen in der vergangenen Woche um weitere 2,8 Mio. Barrel. Maßgeblich hierfür waren höhere Importe.

Bei den Ölprodukten kam es aufgrund einer gestiegenen Kapazitätsauslastung ebenfalls zu einem Lageraufbau. Auch die Rohöllagerbestände in Cushing stiegen erneut um 1,7 Mio. Barrel und übertrafen mit 36,2 Mio. Barrel das bisherige Rekordniveau von Anfang des Jahres. Dieser Umstand dürfte dazu beitragen, dass die Preisdifferenz zwischen den beiden nächstfälligen WTI-Kontrakten und zwischen Brent und WTI zunächst hoch bleibt. Aufgrund dieser Verzerrung ist der Brentpreis derzeit repräsentativer für die Entwicklung am Ölmarkt.


Edelmetalle

Gold spielt in Krisenzeiten seine Karte als "sicherer Hafen" aus und kann sich trotz des durch den US-Dollar verursachten starken Gegenwinds gut behaupten. Mit der gewalttätigen Eskalation der Proteste in Griechenland gerät der Euro weiter unter Druck und dürfte es auch bleiben, sollten die Proteste zunehmen. Mit Spannung dürfte erwartet werden, wie sich EZB-Präsident Trichet nach der heutigen Ratssitzung zur Schuldenkrise in der Eurozone äußern wird. Während Gold in US-Dollar um die Marke von 1.175 USD je Feinunze handelt, erreicht das Edelmetall in Euro ausgedrückt bei knapp 920 EUR je Feinunze abermals ein neues Allzeithoch.

Dass bei den Anlegern Gold weiter stark gefragt bleibt, zeigen die anhaltenden Zuflüsse in Gold-ETFs. Der Bestand des weltweit größten börsennotierten Goldfonds, SPDR Gold Trust, stieg gestern wiederholt um 7 Tonnen auf ein erneutes Rekordhoch von 1.166 Tonnen. Gold dürfte aufgrund der aktuellen Unsicherheit an den Finanzmärkten von den Marktteilnehmern nach wie vor favorisiert bleiben und sollte daher nicht nur in Euro ausgedrückt weiter zulegen können.

Während Gold relativ stabil bleibt, können sich Silber, Platin und Palladium aufgrund ihres industriellen Charakters dem Abwärtssog der Metalle nicht entziehen. Allerdings melden der weltweit größte Silber-ETF, iShares Silver Trust, und der Palladium-ETF in den USA gestern neue Zuflüsse. Der Platin-ETF verzeichnete hingegen leichte Abflüsse, was auf Umschichtungen in die anderen Edelmetalle zurückzuführen sein dürfte.


Industriemetalle

Nach zwei Tagen mit teilweise dramatischen Preisverlusten in Folge können sich die Industriemetalle auch heute Morgen nicht wesentlich stabilisieren. Die nach wie vor steigende Risikoaversion, die mit schwachen globalen Aktienmärkten einhergeht, und der feste US-Dollar, führen zu anhaltendem Abgabedruck an den Metallmärkten. Besonders stark traf es Nickel, das in der Spitze 16% verlor und zwischenzeitlich den niedrigsten Stand seit Ende Februar markierte. Innerhalb von nur zwei Tagen hat Nickel die gesamten Gewinne seit Mitte März wieder abgegeben. Auch die anderen Metallpreise markierten im gestrigen Handelsverlauf mehrmonatige Tiefstände. Zwar dürften sich die Metallpreise zunächst stabilisieren, allerdings sollte der Druck auf die Preise bestehen bleiben, solange die Unsicherheit an den Märkten und die Stärke des Dollars anhalten.

Bei Nickel hat sich die Situation auch fundamental eingetrübt. Der brasilianische Rohstoffkonzern Vale hat Gespräche mit den Arbeitergewerkschaften aufgenommen, um den mittlerweile 9 Monate andauernden Streik in den kanadischen Minen Sudbury und Voisey’s Bay zu beenden. Diese stehen für rund 10% der weltweiten Nickelproduktion. Darüber hinaus plant Vale, noch in diesem Jahr das neue große Nickel-Projekt Goro in Neu-Kaledonien in Betrieb zu nehmen, wodurch sich das globale Angebot weiter ausweiten dürfte.


Agrarrohstoffe

Der Preis für europäischen Weizen an der Liffe konnte sich im letzten Monat erholen und notiert mit knapp 130 Euro je Tonne wieder in etwa auf dem Niveau zu Jahresbeginn. Dabei profitierte er auch vom schwächeren Euro, welcher die preisliche Wettbewerbsfähigkeit und damit die Nachfrage nach europäischen Weizen erhöht. Hinzu kommen logistische Probleme in Frankreich in der Folge von Streiks bei Bahnen und Frachtschiffen. Zuletzt gab der Preis aber wieder etwas nach. Denn für große Preissprünge wird angesichts der komfortablen Angebotssituation derzeit kein Anlass gesehen.

Vielmehr vertreten auch die über die EU verteilten Mitarbeiter des USDA Auslandsservice in ihrem neuen Bericht die Ansicht, dass die Weizenproduktion der EU in diesem Jahr um 6 Mio. Tonnen auf 144,5 Mio. Tonnen steigen soll, nur 6 Mio. Tonnen unter der Rekordmenge von 2008. Anlass zu dieser Erwartung geben die guten Aussaat- und Überwinterungsbedingungen, auch wenn trotz Flächenausdehnung in Großbritannien, Frankreich und Deutschland die Weizenfläche der EU insgesamt um 2% reduziert wurde.

Zuletzt allerdings fehlte es in den beiden letztgenannten Ländern an Regen. Da europäischer Weizen durch den schwächeren Euro wettbewerbsfähiger geworden ist, erwartet das USDA für 2010/11 eine Exportmenge von 21 Mio. Tonnen, 1 Mio Tonnen mehr als in 2009/10, aber 4 Mio. Tonnen weniger als der Rekordwert von 2008/09. Wir sind für den Preis für europäischen Weizen moderat positiv gestimmt und erwarten einen Preisanstieg auf 140 EUR je Tonne bis zum Jahresende.

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DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

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DTerminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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