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Ölpreis fällt auf 3-Monatstief

07.05.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise bleiben im Abwärtssog der Finanzmärkte. Der WTI-Preis fiel im Tief bis auf 74,5 USD je Barrel, den niedrigsten Stand seit Mitte Februar. Brent fiel auf ein 7-Wochentief von 77,5 USD. Die Preise können sich inzwischen zwar etwas erholen, notieren aber immer noch 10 Dollar niedriger als zu Wochenbeginn. Die Schuldenkrise in der Eurozone ist für viele Anleger offensichtlich der Anlass, das Preisniveau bei Rohöl kritisch zu hinterfragen.

Fundamental ließen sich Preise deutlich oberhalb von 80 USD schon lange nicht mehr rechtfertigen. Das Ausmaß des Preisverfalls zeigt dabei, wie stark das Preisniveau zuvor durch spekulative Anleger nach oben getrieben worden war. In den heute nach Handelsschluss zur Veröffentlichung anstehenden CFTC-Daten dürfte sich der Stimmungsumschwung höchstens in Ansätzen niederschlagen, weil sie lediglich den Zeitraum bis Dienstag beinhalten. Nachrichten zur Fundamentallage am Ölmarkt sind erst nächste Woche zu erwarten, wenn die namhaften Agenturen ihre Monatsberichte vorlegen werden. Unseres Erachtens werden die Ölpreise in den kommenden Wochen im Bann der Finanzmärkte bleiben.

Gas der Sorte Henry Hub kann sich angesichts der allgemeinen Abwärtsspirale der Rohstoffpreise gut behaupten. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass die gestern veröffentlichten Lagerbestandsdaten mit einem Anstieg von 83 Mrd Kubikfuß leicht über den Erwartungen lagen. Offensichtlich erachtet der Markt das Korrekturpotenzial von Erdgas als ausgereizt und ein Niveau von knapp 4 USD je MMBtu als fundamental unterstützt.


Edelmetalle

Der Goldpreis überwand mühelos die psychologisch wichtige Marke von 1.200 USD und stieg in der Spitze um 3% auf über 1.210 USD je Feinunze. Damit befindet sich der Goldpreis nur noch rund 16 USD unter dem Anfang Dezember markierten Allzeithoch. In Euro ausgedrückt erreichte Gold ein Rekordniveau von mehr als 955 EUR je Feinunze. Im späten Handelsverlauf kam es gestern zu fast panikartigen Reaktionen an den Finanzmärkten. Die amerikanischen Aktienmärkte brachen zwischenzeitlich regelrecht ein.

Der Euro verlor erneut gegenüber dem US-Dollar deutlich an Wert. Die EZB ließ den Leitzins erwartungsgemäß unverändert, versäumte es jedoch, die Märkte z.B. mit einer Wiederaufnahme der 6- oder 12-Monatstender oder gar dem direkten Kauf von Staatsanleihen am Sekundärmarkt zu beruhigen. Im Zuge der nochmals enorm gestiegenen Risikoaversion - der VIX-Index stieg auf das höchste Niveau seit einem Jahr - setzten die Anleger ihre Flucht in Sicherheit fort.

Der weltweit größte börsennotierte Goldfonds, SPDR Gold Trust, verzeichnete allein gestern Zuflüsse von fast 20 Tonnen und hat damit einen neuen Rekordwert von 1.186 Tonnen erreicht. Dies stellt gleichzeitig den höchsten Zufluss auf Tagesbasis seit Mitte Februar 2009 dar. Der SPDR Gold Trust besitzt mittlerweile die weltweit sechstgrößten Goldreserven. Gold dürfte als "sicherer Hafen" weiterhin stark gefragt bleiben und auch in USD Rekordniveaus erzielen. In Euro kommt die Marke von 1.000 EUR je Feinunze in Reichweite.

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Industriemetalle

Die von der australischen Regierung für Mitte 2012 geplante Einführung einer s.g. "Supersteuer" in Höhe von 40% auf die Gewinne von Minenunternehmen hat an den Finanzmärkten bislang hohe Wellen geschlagen. Die Regierung möchte offensichtlich am jüngsten Boom der Rohstoffpreise teilhaben und einen Teil der Unternehmensgewinne abschöpfen. Bislang war Australien für seine Verlässlichkeit und stabile Steuerpolitik bekannt. Vor allem unter den Minenunternehmen war der Aufschrei verständlicherweise groß, da die geplante Steuer hohe Auswirkungen auf deren zukünftige Gewinne hat.

Australischen Zeitungsberichten zufolge hat bereits Rio Tinto, das drittgrößte Minenunternehmen der Welt, angekündigt, einige seiner geplanten Projekte in Australien vor diesem Hintergrund neu zu bewerten und eventuell auf Eis zu legen. Die australische Regierung führt nun zunächst Konsultationen mit den verschiedenen Interessengruppen durch, bevor über die Ausgestaltung der geplanten Steuer final entschieden wird. Anschließend muss der Gesetzentwurf dem Parlament vorgelegt werden. Da Mitte nächsten Jahres Parlamentswahlen anstehen, könnte es für die amtierende Regierung angesichts der Proteste schwierig werden, diese Steuer in ihrem aktuell geplanten Umfang durchzusetzen. Eine Einführung der "Supersteuer", egal in welchem Umfang, dürfte sich langfristig in steigenden Produktionskosten und in Folge dessen höheren Rohstoffpreisen niederschlagen.


Agrarrohstoffe

Weizen und Mais konnten sich in den vergangenen Tagen angesichts der massiven Preisverluste bei den meisten Rohstoffen relativ gut behaupten. Mais verliert im Wochenvergleich nur geringfügig, Weizen kann sogar leicht zulegen. Dies erklärt sich mit dem geringeren Einfluss der Finanzanleger im Getreidesektor. Was in der Flut nicht mit gestiegen ist, kann in der anschließenden Ebbe auch nicht fallen.

Die Stimmungseintrübung an den Finanzmärkten hat den Versuch einer Bodenbildung bei Zucker zunichte gemacht. Gestern verzeichnete der Preis für Rohzucker einen Rückgang um 5% und schloss bei 13,67 US-Cents je Pfund, dem niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr. Neben dem negativen Einfluss der Finanzmärkte steht der Markt unter dem Eindruck der möglicherweise rekordhoch ausfallenden Ernte in Brasilien und guten Aussichten für die kommende indische Ernte. Dadurch dürfte das Angebotsdefizit in diesem Erntejahr nochmals niedriger ausfallen.

Die ISO hatte ihre Schätzung für das globale Marktdefizit Anfang April bereits um 1,4 Mio. auf 8 Mio. Tonnen nach unten revidiert. Sollten sich diese Erwartungen nicht erfüllen, insbesondere falls die Witterungsbedingungen nicht so positiv ausfallen, könnten die Preise noch einmal in Richtung 20 US-Cents steigen. Bis dahin besteht für den Zuckerpreis allerdings wenig Erholungspotenzial.

Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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